Kapitel 16

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„Sie sind pink.", sprach Izar erschrocken. „Ich wusste es die ganze Zeit. Die Spinnen, sie sind pink." Er wartete, denn er wusste, dass sein Begleiter an dieser Beobachtung überaus interessiert war. Sein Begleiter, der Alberne neben seinem Bett. Izar brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass er da war.

„Ist dem so?"

„So.", kicherte Izar. „Sie tanzen... mit einem Basilisken... Wirklich ... wie seltsam ist das denn?"

„Unerhört, würde ich meinen. Sehr seltsam.", gab die Stimme trocken zu.

Eine kalte Hand fuhr durch seine schweißnassen Locken und strich sie ihm aus dem Gesicht. Izar blinzelte bei der Vision mit den Spinnen und drehte sich zu seinem Bettgefährten um. Ein Lächeln zog sich über sein Gesicht, gespannt darauf, wie sein Begleiter als nächstes aussehen würde. Jedes Mal, wenn er seinen Freund ansah, wirkte der Mann anders. Es gab Zeiten, in denen er bemalte Lippen und leuchtend pinke Augen hatte. Oder Reißzähne und Hörner... und dann gab es noch die Augenblicke, in denen er als normaler Mensch erschien.

„Dumbledore.", lallte Izar und starrte den Mann mit dem langen Bart neben ihm an. „Sie haben Ihre Brille nicht–" Izar streckte die Hand nach dem Gesicht seines Gefährten aus und fragte sich, wann Dumbledore angefangen hatte, Schwarz zu tragen.

Seine Finger wurden von Händen abgefangen, die seltsamerweise wie Froschfüße aussahen. „Ich bin nicht Dumbledore.", intonierte sein Begleiter irritiert.

Izar kicherte, hielt inne und keuchte dann. „Nein." Seine Augen beobachteten, wie Dumbledore grinste, bevor er sich einen Krötenkopf wachsen ließ. „Sie sind eine verdammte Kröte!"

„Wie bitte?", fragte sein Begleiter gefährlich nach.

Izar beäugte die langen schwarzen Haare, die aus dem Kopf der Kröte sprossen und studierte sie neugierig. „Seit wann haben Kröten Fell? Ich habe noch nie von solch einem Exemplar gelesen..."

Die Augen der Kröte richteten sich verärgert nach oben. „Wer hätte gedacht, dass du eine so hyperaktive Fantasie besitzt, Liebling?" Die Kröte beugte sich über ihn, nahm Izars Gesicht sanft zwischen seine Flossen und platzierte kalte Lippen auf seine Stirn. Nur, dass es sich nicht so ekelhaft anfühlte, wie Izar gedacht hätte. Sie fühlten sich wie echte Lippen an, kalt, aber real. „Geh schlafen, Izar."

Izar spürte, wie seine Augenlider sich herabsenkten und er fing die glühend roten Augen auf, ehe ihm die Lichter ausgingen.

„Tom.", flüsterte Izar heiser, dösend. „Lass nicht zu, dass die Kröten mich töten."

„Niemals."

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Alles, woran Izar sich erinnern konnte, waren bunte Visionen, Hitze und Kälte. Er fühlte sich bei keinem der Drei wohl, verfolgt von tanzenden Tieren und sprechenden Kröten. Er hatte Träume, in denen er und Voldemort Roben im Partnerlook bekamen; Roben, die verdächtig nach denen aussehen, die Dumbledore bei der Eichungszeremonie getragen hatte. Mit winkenden Monden und dem ganzen Schnickschnack.

Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete Izar die Augen, froh, wieder in der Realität angekommen zu sein. Es gab keine Basilisken, die mit Acromantulas herumwirbelten und – was noch wichtiger war – keine winkenden Monde.

Izar atmete tief durch die Nase ein und ließ die Luft durch den Mund wieder aus. Er blinzelte noch einmal, studierte seine Umgebung. Es war furchtbar dunkel und schmuddelig. Ein scharfer Kontrast zur Krankenstation von Hogwarts. Die bronzenen Bettpfosten waren heruntergekommen; rostig und eingedeckt mit Ruß. Schwere Vorhänge waren vor die Fenster gezogen worden und blockierten jegliches Sonnenlicht, das durchdringen wollte.

Izar setzte sich gemächlich auf und drehte seinen Kopf ein wenig. Waschbecken und Lappen waren neben dem Bett angebracht. Er erinnerte sich daran, wie seine Stirn mit Wasser benetzt wurde. Er erinnerte sich an beruhigende Hände, die ihn beschwichtigten und die Nähe, die Voldemort zu ihm gehalten hatte. Ohne es verhindern zu können, erröteten seine Ohrläppchen. Der Dunkle Lord hatte sich also um ihn gekümmert. Aber warum hier?

Er betete einfach, zu welchem Gott auch immer, dass er nichts allzu Belastendes gesagt oder getan hatte.

Izars nackte Füße berührten den Holzboden, als er sich wackeligen Schrittes aus dem Bett erhob. Ein einfacher schwarzer Mantel kleidete seine Gestalt und er wunderte sich über die schiere Größe. Der Mantel bauschte sich bis zum Boden und die Ärmel reichten ein paar Zentimeter über seine Hände hinaus. Es musste der des Dunklen Lords sein.

Kohlegrüne Augen schauten interessiert auf seine Finger, bemerkten, dass der Ring, den der Dunkle Lord ihm überreicht hatte, nicht länger an seinem Platz war. Seltsam...

Izar runzelte die Stirn und schritt langsam aus der Tür zu seinem Zimmer. Er benutzte die Wand als Stütze, während er den Korridor hinunterschlurfte. Der Korridor war genauso heruntergekommen wie das Zimmer, in dem er aufgewacht war. Es wäre unmöglich, etwas zu erkennen, wenn die Kerzen nicht wären. Er beäugte das Ölgemälde über seinem Kopf und nahm das Aussehen des Abgebildeten in sich auf. Ein dunkler Schopf und aristokratische Züge begegneten seinem Blick. Das arrogante Grinsen kam ihm seltsam bekannt vor...

„Mein Vater.", flüsterte eine Stimme aus den Schatten.

Izar versteifte sich plötzlich und kalter Schweiß perlte von seiner Stirn. Seine Augen suchten nach der Gestalt, von der er wusste, dass sie in der Nähe war, aber er konnte nur einen schwachen Umriss des Dunklen Lords erkennen. Nicht einmal die Magie des Mannes war spürbar... Izar wurde nervös und er versuchte fieberhaft, sich zu erinnern, was geschehen war.

Er räusperte sich, wohl wissend, dass die Augen des Mannes ihn deutlich sehen konnten. „Euer Vater?", fragte Izar rau. Er drehte sich um und sah wieder zu dem Gemälde auf, zu ängstlich, um zuzugeben, dass Voldemort dem Mann verblüffend ähnlichsah. Wenn er es laut aussprechen würde, würde der Dunkle Lord Izar wahrscheinlich zurück ins Bett fluchen. „Der Muggelvater, den Ihr tötetet, als Ihr sechzehn wart?"

Ein düsteres Glucksen entkam der verhüllten Gestalt. „Genau der.", räumte der Mann ein. „Gutes Gedächtnis."

Izar starrte zu Riddle Senior hinauf und versuchte, den Mut aufzubringen, einfach zu fragen. Sicherlich würde der Mann ihm nicht den Kopf abbeißen. „Was ist geschehen, Mylord?", seufzte Izar leise und wandte sich von dem grinsenden Portrait ab, zu dem Mann um, der zweifellos ein ähnliches Grinsen aufwies, wie sein verstorbener Vater. „Beim Turnier? Warum bin ich ... im Haus Eures verstorbenen Vaters?"

Und warum versteckt Ihr Euch?

„Eine gute Frage, Izar. Eine, die du dir sicher selbst beantworten kannst. Denk nach. Severus war der Einzige, von deinem Schulleiter und mir einmal abgesehen, der herausgefunden hat, was die Substanz war, die dich beeinflusst hat, aber ich bin sicher, dass du es genauso schnell entdecken wirst, mein kleines Wunderkind."

Izar grinste leicht bei dem Kosenamen „mein kleines Wunderkind", zwang sich jedoch, seine Gedanken auf die richtige Spur zu lenken. „Ich erinnere mich, wie ich die Acromantulas loswurde..."

„Ziemlich brillant, wie ich anmerken darf?", unterbrach Voldemort leise, lobend.

Izars Brust erwärmte sich bei dem Kompliment. „Vielen Dank, Sir." Sein Dunkles Mal kribbelte angenehm und Izar räusperte sich noch einmal. „Ich bückte mich, um meinen Beutel mit den Phiolen aufzuheben... und dann erinnere ich mich an eine magische Quelle, die sich mir von hinten näherte."

„Wegen deiner Empfindsamkeit Magie gegenüber.", fügte Voldemort an. „Sag mir, Kind, würdest du dich an die Magiesignatur erinnern, der du begegnet bist, wenn du ihr erneut gegenüberstündest?"

„Nein." Izar schüttelte den Kopf, sich in seiner Aussage sicher. „Die Magie, die ich spüre, variierte in Intensität, nicht in ihrer Signatur, fürchte ich. Dumbledore und Ihr seid die Mächtigsten unter ihnen und das beeinflusst mich mehr, als die Magiequellen anderer. Ich kann auch die Stimmungen von jemanden anhand seiner Magie bestimmen. Wenn Ihr wütend seid, spüre ich, wie Eure Magie Eure Emotionen widerspiegelt."

„Unglaublich.", bemerkte der Mann. „Aber es ist schade, dass du deinen Angreifer nicht identifizieren kannst." Voldemorts Stimme klang eisig. „Bitte, fahre fort."

Izar zuckte leicht mit den Schultern, während seine Gedanken zurück zum Turnier katapultiert wurden. „Ich drehte mich um und mir wurde Staub ins Gesicht geworfen, lavendelfarbener Staub." Er runzelte die Stirn und versuchte, sich zu erinnern. „Er glühte, das weiß ich noch. Ich atmete ihn ein, weil ich dem Angreifer hinter mir einen Fluch auf den Hals hetzen wollte. Und danach... Dunkelheit." Izar hielt inne, ehe er begierig zu Voldemort aufblickte. „Der Wächter hat das doch sicherlich..."

„Dein Wächter wurde manipuliert und anschließend zerstört. Praktischerweise erlosch das Licht des Wächters von Lukas Steinar kurz vor deinem eigenen. Wir haben nichts Nennenswertes sehen können."

„Der Staub.", fuhr Izar fort, die Gedanken rasend. „Ich habe schon einmal darüber gelesen." Die Nebeneffekte waren Halluzinationen und Fieber. Der Staub selbst war violett und leuchtete, eine seltene magische Farbe unter Pflanzen. Mit Ausnahme von...

„Teufelsgift!", rief Izar aus und seine Augen weiteten sich. „Das würde die Halluzinationen erklären und warum ich hierhergebracht wurde, in eine Umgebung für Muggel." Er zögerte. „Wenn ich Euch nicht gesagt hätte, dass ich magieempfindsam bin, dann wäre ich..."

„Tot."

Bei dem scharfen Ton des Mannes stelltes sich seine Nackenhaare auf. „Und Euer Magiemangel? Die muggelfreundliche Atmosphäre erklärt das Fehlen meines Rings. Nur Ihr wärt in der Lage, ihn abzunehmen."

„Und er wird wieder aufgesetzt, sobald du genesen bist." Voldemort ließ keinen Raum für Diskussionen. „Was meinen magischen Kern anbelangt, so kennst du wahrscheinlich die verschiedensten Zaubersprüche, mit denen man seine Magie entfernen kann. Ich habe sie in Flaschen gefüllt und mit mehreren Schutzzaubern versehen, hier im Haus. Muggel zu werden war die einzige Möglichkeit, die ich hatte, um mich dir nähern zu können."

Izar schwieg. Er wusste, wie wichtig dem Mann seine Magie war und er war wirklich dankbar, dass Voldemort ihn unter seine Fittiche genommen hatte. Aber Izar war auch neugierig. Es interessierte ihn brennend, Voldemorts Beweggründe zu erfahren. Sicherlich hatte Izar Voldemort nicht so sehr beeindruckt mit seinen magischen Fähigkeiten. Immerhin hatte Voldemort Izar im Sommer auf der Ministeriumsgala zum ersten Mal gesehen. Der Mann hatte nicht gewusst, dass Izar zu den Unsäglichen gehörte oder als Wunderkind galt.

Was genau hatte den Mann dann zu ihm gezogen?

Der Mann behauptete, es sei die Art gewesen, wie Izar sich hielt. Und auch, dass etwas anderes eine Rolle spielte, etwas, dass er ihm nicht sagen würde.

Was war es?

„Ich hoffe, es macht dir nichts aus, wenn ich meine Magie absorbiere.", sprach Voldemort, unterbrach Izars Gedankengang. „Es scheint dir besser zu gehen. Der Staub ist aus deinem Organismus verschwunden. Wenn du merkst, dass du erneut zu halluzinieren beginnst, zögere nicht, mich zu informieren und ich werde meine Magie so schnell wie es mir möglich ist, wieder entfernen. In der Zwischenzeit verlange ich, dass du dich zurück ins Bett begibst. Du musst schlafen."

Izars aufmerksame Augen beobachteten, wie Voldemort sich im Schatten hielt und darauf achtete, sein Gesicht nicht zu entblößen. Es war unheimlich. Könnte der Mann etwas anderes unter seinem Glamour versteckt haben? Etwas, von dem Izar noch nicht wusste? Es wäre ironisch, einem Glamour unter einem Glamour zu tragen, aber auch beunruhigend.

Izar nickte, drehte sich um und schlurfte zurück in sein Zimmer. Bevor er eintrat, hielt er inne, dem Dunklen Lord weiterhin den Rücken zugekehrt. „Danke.", flüsterte Izar. „Dass Ihr Euch um mich kümmertet, statt mich in das Waisenhaus zu bringen."

„Nichts zu danken.", murmelte Voldemort verständnisvoll. Der Dunkle Lord war der Einzige, der Izars Bedenken nachvollziehen konnte. Die Stimme des Mannes entfernte sich langsam, während er den Korridor hinunterging. „Jedenfalls war es recht amüsant, deinem Geplapper zuzuhören. Es hat mich sehr gut unterhalten."

Izars Augen weiteten sich, ehe er ins Schlafzimmer und in sein Bett eilte. Sicherlich hatte er nicht allzu viel gesagt?

Noch immer mit rasenden Gedanken, holte Izar der Schlaf ein, trotz seiner Verweigerung, sich dem Schlummer hinzugeben.

Bevor er einschlief, spürte er, wie ein Ausbruch von Magie das Haus durchflutete. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, getröstet von der Magie des Dunklen Lords.

Merkwürdig... Je intensiver er darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm bewusst, dass er sich einer anderen magischen Signatur gewiss war. Der von Voldemort.

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„Schau nicht so düster.", tadelte Voldemort leise über ihrem Abendessen an diesem Nachmittag. Izar saß dem Mann gegenüber und starrte auf seinen Teller, der mit Essen gefüllt war. Izar richtete sich in seinem Sitz auf und versuchte, die angesäuerten Emotionen in den Griff zu bekommen. Er hatte diesen Nachmittag im Bett über unzählige Themen nachgegrübelt. Voldemort hatte Izar den ganzen Tag über zur Bettruhe verdonnert. Was konnte der Ravenclaw sonst tun, als zu denken? Es war nicht sonderlich vorteilhaft für ihn, stillzuhalten und über gewisse Dinge nachzudenken, vor allem, weil er stets begann, an Situationen zu denken, die er besser vermeiden wollte; wie den Ring, der nun wieder seinen Finger schmückte, Regulus, die Aufgabe, das Dunkle Mal und die Geheimnisse des Dunklen Lords.

Es war ein verdammtes Chaos.

Mit einem kleinen Seufzer blinzelte Izar zu dem Propheten hinüber, der in der Mitte des Tisches lag. „Ich bin Letzter, nicht wahr?" Seine Augen hoben sich ein Stück weit von der Zeitung, um einen prüfenden Blick auf den Dunklen Lord zu werfen. „Wie viele Punkte liege ich im Rückstand?"

Voldemort warf ihm einen langen, suchenden Blick zu. Der Mann wusste, dass Izars Geist nicht mit den Belangen des Turniers beschäftigt war. Nichtsdestotrotz antwortete er brüsk. „Jeder Champion erhielt zehn Punkte für jeden gefundenen Gegenstand. Für jede Minute, die der Champion mit der Aufgabe verbrachte, zogen die Richter jeweils einen Punkt ab. Cyprien Beaumont liegt mit fünfundachtzig Punkten an der Spitze, Lukas Steinar erhielt achtzig Punkte und du siebzig.", las Voldemort von dem vor ihm liegenden Papier ab.

Izar zog eine Grimasse. „Und wie haben sie meine Punktzahl ermittelt, wenn ich nicht fertig geworden bin?"

„Du hattest zum Zeitpunkt des Angriffes neun Gegenstände in deinem Besitz, was dir neunzig Punkte eingebracht hätte. Allerdings mussten sie, wie bei den beiden anderen Champions auch, die verstrichene Zeit abziehen. Sie schätzten, dass du zwanzig Minuten gebraucht hättest, wenn du dich nicht auf die Suche nach der Runespoor begeben hättest. Sie waren großzügig. Der Durmstrang-Junge hat auch zwanzig Minuten gebraucht, um seine Aufgabe zu lösen."

Izar gab ein Schnauben von sich. „Und die nächste Aufgabe hat mit Duellieren zu tun? Großartig.", witzelte Izar sardonisch. Wie sollte er das Turnier gewinnen, wenn er nicht einmal in der Lage war, sich ordentlich zu duellieren?

„Dein Selbstvertrauen ist äußerst bemerkenswert.", stellte Voldemort fest. Sein Ton war ebenso trocken wie der von Izar. „Nach dem zu urteilen, was ich mitbekommen habe, kommst du sehr gut mit Professor Black zurecht."

Karmesinrote Augen verhöhnten Izar. Der Ravenclaw war sich des Rings an seinem Finger bewusster denn je.

„Das hat er Euch gesagt?", fragte Izar erstaunt. Er hätte nicht gedacht, dass Sirius Black bereitwillig mit Tom Riddle sprechen würde; selbst, wenn es nur der Politiker wäre. Sein Onkel war manchmal ein wenig naiv, aber Izar war sich sicher, dass er Riddle gegenüber genauso misstrauisch war, wie Dumbledore. Immerhin stand Sirius dem Schulleiter nahe. Sicherlich teilten die beiden ihre tiefsten, dunkelsten Geheimnisse miteinander... Es war lachhaft.

„Nein.", gluckste Voldemort leichthin, wobei das Geräusch nicht gerade beruhigend klang. „Ich habe deinen Unterricht bei ihm beobachtet.", sagte er, als wäre dies vollkommen normal.

Izar schluckte und sah auf seinen Teller hinunter, um sein Entsetzen zu verbergen. „Habt Ihr?", fragte Izar ruhig, ohne ein Zeichen seiner Bestürzung preiszugeben. Er würde sich nicht erkundigen, wie der Mann den Unterricht beobachtete, wenn Izar sich seiner Anwesenheit nie bewusst gewesen war.

„Natürlich.", murmelte der Mann.

Natürlich.

Richtig.

Izar studierte den Mann unter gesenkten Wimpern. Der Angriff geschah gestern, nachmittags. Den ganzen gestrigen Tag und die letzte Nacht hindurch hatte Izar mit Visionen und Halluzinationen zu kämpfen gehabt. Den heutigen Tag hatte er unter den wachsamen Augen Voldemorts im Bett verbracht. Der Mann wollte, dass Izar sich an seine Magie gewöhnte, während er auf Anzeichen eines Rückfalls achtete.

Nichts war passiert.

Heute erschien Voldemort in seiner Dunklen-Lord-Persona. Izar hatte angenommen, das wahre Aussehen des Mannes zu kennen, doch letzte Nacht hatte gewisse Fragen aufgeworfen. Schwarzes Haar, blasse Haut, leuchtend karmesinrote Augen und ein schlanker Körper... war das nicht seine wahre Erscheinung? Der Mann war unsterblich, festgefroren im jungen Alter von... Dreißig? Was gab es dort zu verbergen?

Der Mann blickte von seinem Teller auf, bemerkte Izars Beobachtung.

Izar richtete sich auf und räusperte sich. „Ihr seid eine Berühmtheit.", kommentierte der Ravenclaw träge, während er auf den Propheten hinunterstarrte. Er war sich des spöttischen Lächelns bewusst, das Voldemorts Lippen bei seinem plötzlichen Themenwechsel kreuzte. Von der anderen Seite des Tisches aus, betrachtete Izar das Foto von Tom Riddle, dem Politiker, der direkt vor dem Beginn von seiner ersten Aufgabe charmant in die Menge lächelte. Izar war neben dem Mann abgebildet, strahlte das Unwohlsein für alle sichtbar aus, dass er an dem Tag empfunden hatte. Er verzog das Gesicht, fragte sich, wo zum Teufel Riddle gelernt hatte, so brillant zu lächeln. „Sie denken, Ihr wärt ein Heiliger, weil Ihr mich aufgenommen und wieder gesund gepflegt habt."

Izar sah vom Propheten zum Dunklen Lord, während der Mann an seinem Tee nippte. Rote Augen blitzten aufgeweckt, beäugten ihn über den Tisch hinweg.

„Es geht sie nichts an, dass ich dich entführt habe, um dich deiner Unschuld zu berauben." Der Dunkle Lord bot ihm ein bösartiges Grinsen, bevor sein Blick auf Izars Teller fiel. „Iss."

Izars Brust zog ich bei der Bemerkung des Mannes zusammen, nicht naiv genug, um die Wahrheit in den Worten des Mannes zu übersehen. Da war etwas versteckt in der offensichtlichen Bemerkung, wie ein verführerisches Versprechen. Izar ging wieder dazu über, auf seinen Teller zu starren, fragte sich, warum sein Bauch sich zu identisch großen Teilen heiß und kalt anfühlte. Er konnte den Gedanken an ein solches Versprechen doch nicht etwa... erregend finden, oder? Wie sehr er sich auch schämen mochte, so konnte er die bloße Erregung bei der Vorstellung, dass der Dunkle Lord ihn intim berührte, nicht leugnen.

Sex stand für Izar nie im Vordergrund – nicht, wie für den Rest seiner Klassenkameraden. Er hatte nie die Zeit gefunden, sich zu fragen, wie es wohl wäre, auf diese Weise Spaß zu haben. Es hatte ihn nie interessiert. Aber irgendwie... bekam er ein flaues Gefühl in der Magengegend, wenn er daran dachte, dem Dunklen Lord so nahe zu kommen, um seine Lippen auf dessen Hals zu legen; oder wie die geschickten Finger des Mannes sich auf seiner Haut anfühlen würden. Es löste eine krankhaft wirkende Art des Nervenkitzels aus.

Aber Izar war ebenso angewidert. Der Mann tat das höchstwahrscheinlich auch mit anderen Anhängern. Er spielte mit ihrem Verstand und ihren Gefühlen, entfachte in seinen Todessern eine Sehnsucht, die ihn in ihren Augen nur noch begehrenswerter machte. Sie ahnten nicht, dass sie die intime Berührung niemals bekommen würden, nach der sie sich so verzehrten. Das war das Spiel des Dunklen Lords. Er war böswillig genug, um seine Anhänger dazu zu bringen, sich nach Aufmerksamkeit zu sehnen. Im Gegenzug würden sie ihm vorbehaltslos treu sein, während er sie für selbstverständlich hielt.

Izar musste sich vor Augen führen, dass er sehr wohl in der Gunst des Dunklen Lords stand, aber ebenso beachten, dass er erst fünfzehn war. Der Dunkle Lord würde sich sicherlich nicht auf sexueller Ebene für ihn interessieren. Für ihn war es nur ein Spiel. Nicht nur, weil Voldemort von einer Vielzahl seiner Anhänger verachtet würde, wenn er sich mit einem selbstdeklarierten „Schlammblut" einließ, das derweil noch zur Schule ging, sondern weil Izar es ebenso wenig zulassen würde, dass der Mann irgendwelche Annäherungsversuche startete.

Ja, er gestand sich beschämt ein, dass es ihn begeistern würde. Aber er war zu sehr auf Logik fixiert, um eine sexuelle Beziehung mit einem verdammten Dunklen Lord zu akzeptieren.

Izar war leidenschaftlich unabhängig. Das Dunkle Mal und der vermaledeite Ring an seinen Finger schränkten ihn bereits ein, deuteten auf seine Versklavung durch den Dunklen Lord. Allein der Gedanke, dem Mann mehr Spielraum zu geben, über seine Freiheit in Sachen Sex, brachte Izar um den Verstand.

Das würde er nicht zulassen. Da war er sich sicher.

„Was hast du auf dem Herzen?", spottete Voldemort, noch immer an seinem Tee nippend und musterte Izars Gesichtsausdruck über den Rand seiner Tasse hinweg.

„Nichts.", antwortete Izar teilnahmslos, der Ausdruck vollkommen verschlossen. Er war wütend auf sich selbst, weil er den Psychospielchen des Dunklen Lords kein Einhalt geboten hatte und – was noch viel gravierender war – auf sie hereingefallen war. „Ich habe mich nur über Euren politischen Vorteil gewundert, nun, wo Ihr mich aufgenommen habt. Ein einfaches Kind; der arme, unglückliche Waisenjunge, der aus Versehen im Turnier gelandet ist... und Untersekretär Riddle kommt zur Rettung, indem er dem Jungen am Leben erhält, wobei er seine Magie absetzt und Verwundbarkeit offenbart." Izar stach in seine Kartoffel. „Meine Güte... Ihr müsst der feuchte Traum vieler Frauen sein."

Ein schmales Lächeln kräuselte Voldemorts Lippen und der Mann sah auf einmal absolut entzückt aus. „Feuchte Traum, Izar? Mein armes Kind, du musst von der Nähe des Schulleiters traumatisiert worden sein. Schon bald, fürchte ich, wirst du an Zitronendrops lutschen und Muggel in wohlgesittete Gespräche verwickeln."

Izar war angewidert von dem Bild, welches dieses Szenario hinaufbeschwor.

„Aber du hast recht, zu einem gewissen Grad.", stimmte Voldemort zu. „Ich muss für die Öffentlichkeit ansprechend aussehen. Ich habe viele Jahre gebraucht, um dahin zu gelangen, wo ich heute stehe. Der Schein muss gewahrt werden."

Izar nickte knapp. Es ging um Auftritte. Und Besitztümer.

„Das heißt aber nicht, dass ich dich nur wegen des Images aufgenommen habe. Du brauchtest jemanden, der deine Sicherheit ernst nimmt. Derartige Sorge würdest du kaum unter dreckigen Muggeln antreffen." Voldemorts Züge verzogen sich angeekelt, während seine Augen auf etwas völlig anderes konzentriert waren.

„Was glaubt Ihr, wer dahintersteckt?", fragte Izar unschuldig. „Das Teufelsgift ist in Asien heimisch. Die asiatische Pflanze ist wohl kaum von selbst appariert, um hinter mir herzulaufen und den Staub auf meinem Gesicht zu verstreuen."

Voldemort gab einen tiefen Brummton von sich, den Blick auf das Papier gerichtet. „Ich würde nicht wissen, wer dich angegriffen hat."

Izar blinzelte und verlor seinen Appetit. Der Mann wusste etwas, vielleicht sogar alles und würde es nicht mit ihm teilen. „Ist das so?", intonierte er träge, motiviert. „Und wann genau habt Ihr vor, Euch der Öffentlichkeit zu präsentieren, Mylord? Sicherlich habt Ihr für dieses Turnier etwas geplant, etwas Auffälliges und zweifellos Verheerendes."

Voldemorts karmesinrote Augen schossen zu Izar. Eine kühlte Gelassenheit überzog seine Züge. „Hüte deine Zunge." Der Mann mochte ruhig erscheinen, doch seine Augen waren weit davon entfernt. Sie durchdrangen Izar, bis in sein Innerstes.

Sein Kiefer krampfte zusammen, ehe er leise fortfuhr. „Ich denke, ich habe ein Recht darauf, Eure Pläne zu kennen, Mylord, schließlich betreffen sie mich. Jemand will sich an Euch rächen, nicht wahr? Der Angriff war nicht persönlich gemeint; sie wollten durch mich nur an Euch herankommen. Irgendwie wissen sie, dass Ihr meinen Namen in den Kelch geworfen habt. Und das lässt sie denken, dass sie Euch erreichen, wenn sie mich verletzen." Voldemort starrte Izar weiterhin ausdruckslos an.

Es wurden keine Worte diesbezüglich gewechselt und Izar wusste bereits, dass er die Grenze überschritten hatte. Er ließ sich gegen seinen Stuhl zurücksinken, die Lippen versiegelt. Er war sich seiner Situation bewusst; dass er zu weit gegangen war und darunter leiden würde. Das Dunkle Mal auf seinem linken Unterarm brannte wie die purpurnen Augen, die ihn löcherten.

„Wie ich dir schon einmal mitteilte.", begann Voldemort leise, seine Wut wundersamerweise kontrolliert. „Brauche ich dir gar nichts zu sagen. Ich bin dein Meister – du bist mein Gefolgsmann. Pläne, die ich mache, müssen nicht von dir abgesegnet werden. Hast du verstanden?"

„Jawohl, Mylord.", antwortete Izars leise und senkte unterwürfig den Blick.

Der Stuhl des Dunklen Lords knarzte versteift, als der Mann sich erhob. Mit langsamen, kalkulierten Schritten näherte Voldemort sich ihm. Der Ravenclaw war starr und zuckte zusammen, als ein kühler Finger über seine Wange strich. Voldemort schnalzte missbilligend ob seiner Reaktion, bevor er rasch seinen Kiefer packte. Der vertraute Schock bei der Berührung raste über Izars Haut, aber er war ihm zu bekannt, um äußerlich noch eine Reaktion zu zeigen.

Er wurde so gedreht, dass er Voldemorts Blick zwangsläufig begegnen musste. Izar starrte in die purpurnen Augen und stellte fest, dass die Pupillen des Mannes gespalten waren. Seltsam. Er glaubte sich zu erinnern, dass er bereits von den Ursachen solcher gespaltenen Pupillen gelesen hatte. Es stimmte, dass exzessive Dunkle Magie dazu tendierte, die Augen rot zu färben, aber es wäre ihm neu, dass die Künste sich an den Pupillen äußerten. Was genau war es, was er darüber gelesen hatte? Er hatte es vergessen. Zu der Zeit, als er es gelesen hatte, war es ihm trivial vorgekommen.

Death of Today | ÜbersetzungWhere stories live. Discover now