Es wissen also zwei

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In letzter Zeit hatte ich mich oft mit Eddie und seinen Freunden getroffen und ich verstand mich mit allen wirklich gut. Es fiel mir so leicht mit ihnen zu reden, herumzualbern oder einfach nur beisammen zu sitzen und nichts zu tun.

Ich hockte auf dem Wannenrand und beobachtete Simon dabei, wie er seine zuvor noch grünen Haare blondierte, um sie danach pastellrosa zu färben. Kein pink. Das wäre zu aggressiv. Was auch immer an pink aggressiv sein sollte.

„Kannst du mir da hinten mal helfen? Ich kann da nicht hingucken", meinte der beste Freund meines Schwarms.

Ich erhob mich und zog mir diese komischen Handschuhe an, um ihm mit seinen Haaren zu helfen.

„Oh Gott, mir fällt jetzt erst auf, wie groß zu bist!", lachte er, als ich so hinter ihm vorm Spiegel stand.

„Du bist einfach unglaublich klein." Ich streckte ihm die Zunge raus.

„Magst du keine kleinen Menschen?"

„Würde ich kleine Menschen verabscheuen, wäre ich sicher nicht mit Lucia befreundet. Sie ist ein Gnom."

Simon fummelte an seinem verdreckten Schlabbershirt herum. Das Oberteil war wohl immer sein Opfer, wenn er sich seine Haare in den verrücktesten Farben färbte. So sah es jedenfalls aus. „Ed ist kein Gnom." Er versuchte wohl es ganz beiläufig klingen zu lassen.

Meine Ohren fingen an zu glühen. „Stimmt..." Ich biss mir auf die Unterlippe und konzentrierte mich auf seinen Hinterkopf. Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, ob ich das überhaupt richtig machte. Ich klatschte das Zeug einfach nur in seine Haare und verteilte es irgendwie.

„Magst du Jungs...? Also... mögen mögen?" Die ganze Zeit sah er mich durch den Spiegel an.

Kurz zögerte ich, ehe ich mit den Schultern zuckte. Es war nicht einmal gelogen. Ich hatte mir nie wirklich Gedanken darüber gemacht, ob ich im Allgemeinen an Jungs interessiert war oder ob sich meine Zuneigung dem männlichen Geschlecht gegenüber nur auf Eduard bezog.

„Aber du magst Ed?"

Ich traute mich nicht, in den Spiegel zu sehen. Mein Gesicht musste knallrot sein. „Wer behauptet das?", meinte Stimme war vor Nervosität etwas zu hoch für meine Verhältnisse.

„Niemand. Also ich gerade. Aber sonst niemand. Glaub ich."

„A-aber... wie kommst du darauf?" Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Es fühlte sich an als hätte er mich auf frischer Tat ertappt.

„Ich bin nicht blind, Eisbär. Ich sehe doch, wie du meinen besten Freund anschaust." Er drehte sich zu mir um und lehnte sich ans Waschbecken. Seine Arme verschränkten sich vor seiner Brust.

Seufzend ließ ich mich zurück auf den Rand der Badewanne sinken. „Ist das so offensichtlich?"

Simon zuckte mit den Schultern. „Mir ist es eben aufgefallen. Also ist jetzt nicht so als würde ich dich die ganze Zeit stalken, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du nur ihn so ansiehst wie du ihn eben ansiehst."

Ich sah auf meine Knie. Konnte ich ihm vertrauen? Oder würde er es Eddie erzählen? Schließlich waren sie beste Freunde. Und was wäre, wenn er es an andere Leute weiterträgt und die ganze Schule wüsste davon? Oh Gott...!

„Ey, verzweifelst du gerade?" Er hockte sich vor mich auf die Fliesen und umfasste mein Gesicht. „Ich verspreche dir, dass ich es niemandem sagen werde. Weder Eduard noch irgendwem anderes. Dieses Gespräch bleibt ganz unter uns, okay? Und wenn du nicht darüber reden willst, ist es völlig in Ordnung. Ich bin nur neugierig und es ist mir eben aufgefallen. Aber du sollst dich zu nichts gezwungen fühlen. Und bevor die Frage überhaupt aufkommt: Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass du vielleicht schwul bist. Oder nicht schwul. Bi oder pan oder Eduard-sexuell. Was weiß ich denn, was es so gibt."

Ich musste lachen. „Hör auf zu reden." Ich schob ihn von mir weg. „Lass uns mit deinen Haaren weitermachen. Sonst siehst du aus wie ein Wischmopp!"

Das Thema war gegessen. Dennoch brannte es mir auf der Zunge, über meine Gefühle zu reden. Bei Lutz hatte es so gut getan darüber zu reden. Am liebsten würde ich es in die Welt hinaus brüllen.

„Aaahhh! Das siehst so gut aus!" Der Andere kam ins Zimmer gehüpft und präsentierte mir seine rosa Haarpracht. Er warf sich zu mir auf sein Bett, woraufhin ich ihm wild durch die Fluffigkeit wuschelte.

„Deine Haare verbildlichen dieses Gefühl, das ich habe, wenn ich an Eddie denke..."

Simon sah zu mir auf und zeigte mir sein Grübchen. „Das klingt doch sehr schön. Denn ich finde meine Haare schön."

Ich warf seufzend meinen Kopf in den Nacken. „Mann, das ist verdammt schön. Ich liebe dieses Gefühl. Die Zuckerwatte hier drin wird immer fluffiger und klebriger, je länger ich an ihn denke oder mit ihm rede." Ich legte meine Faust auf meine Brust. „Und der Gedanke, dass die Zuckerwatte da drin irgendwann verschwinden könnte, macht mir echt Angst. Fuck, ich bin so verliebt in ihn..." Wieso konnte ich mit Simon darüber reden, obwohl ich ihn kaum kannte, während ich bei Dexter nicht einmal zugeben konnte, dass ich überhaupt Gefühle hatte. Dabei war Dex doch mein bester Freund seit ich denken konnte.

Ich packte Simon am Kragen seinen T-Shirts. „Wehe du erzählst das auch nur deinem Plüschteddy, dann hack ich dir deinen Schwanz ab!"

Er hob grinsend seine Hände. „Keine Sorte, Eisbärchen."

Losers [boyxboy]Où les histoires vivent. Découvrez maintenant