Nana findet immer die richtigen Worte

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„Wer war denn das gestern Abend?", fragte Nana neugierig, während sie meiner kleinen Schwester und mir die Teller vor die Nase gestellte.

Natürlich war mir klar, von wem sie redete. Mein Herz nahm dies als Anlass wie verrückt zu klopften. „Wen meinst du?"

„Die Person gestern Abend. Ihr standet auf dem Bürgersteig und habt eure Hände gehalten. Und euch... geküsst." Meine Großmutter versuchte gar nicht ihre Neugier und Begeisterung zu verbergen. Ich hatte eben vorher noch nie jemanden gehabt, dem ich so nahe war.

Ich schob meinen Finger unter den Kragen meines Shirts und zog leicht daran. Wurde nur mir so warm? War die Luft irgendwie dünn? „N-niemand..."

„Das war eindeutig Eduard! Oma, er war schon mal in der Eishalle, als ich mit Benny da war. Er ist total lustig!" Lily köpfte mit einem breiten Grinsen ihren Kartoffeldino, der auf ihrem Teller lag.

„Eduard? Ein Junge?" Nana setzte sich zu uns an den Tisch und begann ebenfalls die Dinos auf ihrem Teller zu verspeisen, während meine reglos im Ketchup lagen als würden sie verbluten. Ich fühlte mich wie einer meiner Dinos.

„Ja, er ist so alt wie Benny, glaub ich. Und er hat einen Hund! Er hat mir ein Foto gezeigt." Meine kleine Schwester sprach von Eduard als müsste sie ihn unserer Großmutter zum Besten verkaufen. Sie dachte gar nicht darüber nach, dass es nicht für jeden selbstverständlich war, dass ein Junge einen anderen Jungen küsste.

In meinem Hals bildete sich ein Kloß, den ich vergeblich versuchte hinunterzuschlucken. Er schnürte mir die Luft ab. Ich rückte zurück und wollte von meinem Stuhl aufstehen, als sich die warme Hand meiner Nana auf meinen Arm legte.  „Komm her, Bennet." Sie zog mich in eine liebevolle Umarmung. Da sie noch immer auf ihrem Stuhl saß, kniete ich mich einfach daneben. Am liebsten hätte ich geweint, doch meine Augen blieben trocken. Das Atmen fiel mir schwer. Es tat weh im Hals. In der Brust. „Wovor hast du Angst, mein Schatz?" Sie strich die helle Strähne aus meiner Stirn. Eigentlich waren meine Haare dunkelbraun, doch vorn hatte ich eine weiße Strähne. Genau wie meine Mutter. In der Schule wurde ich damals gehänselt. Ich sähe aus wie ein Stinktier. Jedes Mal, wenn ich sie mir färben wollte, haben Nana und meine Mutter mich davon abgehalten.

Leicht zuckte ich mit den Schultern, holte tief Luft.

„Dachtest du, es würde mich stören? Ich wäre böse, weil du einen Jungen küsst? Und magst? Ich denke ja, dass du diesen Eduard sehr gern hast."

Ich nickte leicht. Ja, vielleicht hatte ich sowas gedacht. Und ja, ich mochte diesen Eduard. Sehr sogar.

„Bennet, sieh mich an." Die ältere Frau nahm meine Gesicht in ihre faltigen Hände und schenkte mir ihr bestes Oma-Lächeln. „Mein Schatz, das wäre wohl der letzte Grund, dich nicht mehr zu lieben. Du bist etwas ganz wertvolles. Du bist wichtig. Wie jedes Kind auf dieser Welt. Und die Tatsache, dass du ein Junge bist, der einen Jungen mag, macht dich nicht weniger wertvoll, nicht weniger wichtig und vor Allem nicht weniger geliebt. Okay?"

Ich schmiegte mich an die warme Hand an meiner Wange und umschloss ihre Finger mit den meinen. Es tat wirklich gut, sie so etwas sagen zu hören. „Danke, Nana...", flüsterte ich.

Sie gab mir einen Kuss aufs Haar. „Na komm, iss deine Dinos."

Schmunzelnd rappelte ich mich auf und setzte mich wieder auf meinen Stuhl. „Ich... mag Eduard wirklich... sehr...", sagte ich leise und presste verlegen meine Lippen aufeinander.

„Das ist wirklich schön." Die Frau lächelte mich liebevoll an.

„Nana...? Würdest du mir den Gefallen tun und es niemandem erzählen? Auch nicht Opa. Bitte...?"

„Natürlich, Bennet."

Ich nahm ihre Hand und küsste ihre Finger. „Du bist die Beste." Dann beugte ich mich allerdings zu Lily rüber. „Und du behältst das auch für dich, okay?"

Die Fünfjährige schloss ihre Lippen mit einem unsichtbaren Schlüssel ab und warf ihn grinsend weg.

Was würde ich nur ohne meine Familie tun?

Losers [boyxboy]Where stories live. Discover now