Mein Freund

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„Pizza ist da!", rief Dexter, als er mit dem Stapel Kartons in sein Zimmer kam, woraufhin alle anfingen freudig zu grölen und sich ihre Pizza zu suchen.

Ich warf mich zurück in den Sitzsack, als ich den Karton mit meiner Pizza gefunden hatte und angelte mir noch ein Dosenbier. Es war länger her, dass ich mit meinen Jungs abgehangen hatte. Irgendwie war es mal wieder ganz cool. Auch wenn ich die Zeit mit Eduard, Lucy und den anderen wirklich sehr genoss.

Mit einem Zischen öffnete ich meine Dose und nahm einen großen Schluck. Gefolgt von einem ordentlichen Rülpser, woraufhin einer der anderen mir lachend gegen die Brust boxte.

Manchmal tat ihre Gesellschaft gut. Ich war eben schon immer mit ihnen befreundet. Sie redeten über Sport und Mädchen und machten Unsinn. Es fühlte sich so normal an. Ich fühlte mich normal. Natürlich liebte ich die Zeit als mein anderes Ich bei meinen anderen Freunden. Die Gespräche mit ihnen. Das Gefühl, Teil von etwas Besonderem zu sein. Aber genauso liebte ich es manchmal zwischen den normalen Jungs unterzugehen. Teil der Masse zu sein, die eben mit dem Strom schwamm, statt dagegen an zu kämpfen.

Wer war ich wirklich? Dieser Zwiespalt hatte bereits unzählige schlaflose Nächte verursacht.

Ich aß meine Pizza, checkte nebenbei mein Handy. Eduard hatte mir geschrieben. Lächelnd antwortete ich auf seine Nachricht. Ich freute mich über jede kleinste seiner Textnachrichten. Egal ob diese nur einen Emoji beinhalteten oder einen halben Roman, der so häufig überhaupt keinen Sinn ergab.

„Oh deine Freundin?", wurde ich grinsend gefragt.

Ich schob mein Telefon zurück in meine Hosentasche, sah ihn ernst an. „Mein Freund." Kurz waren alle still. Dann fing ich an zu lachen, was auch die anderen zum Lachen brachte. Natürlich dachten sie, es wäre ein Scherz.

„Kurz hattest du uns, Bennyboy!"

Ich schnaubte. „Als ob..." Mein Herz hatte wohl kurz aufgehört zu schlagen. Da war sie gewesen. Diese Angst, verstoßen zu werden.

„Das wär ja echt daneben."
„Ja, voll widerlich!"
„Als ob du ne Schwuchtel wärst."
Großes Gelächter. Natürlich.

Ich lachte mit ihnen. Und es fühlte sich an, als würde jemand meine Innereien packen und zusammenquetschen. Es tat weh und ich fühlte mich unwohl. Schließlich schlossen mich ihre Beleidigungen mit ein. Ich war eben eine dieser Schwuchteln, die sie wohl so abscheulich fanden. Sie wussten nicht, dass sie mich damit angriffen. Ich sagte ihnen nicht, dass ich einen Jungen liebte und bei Titten keinen hoch bekam.

Aber das Schlimmste war nicht, dass sie ja auch über mich lachten. Nein, das Schlimmste war, dass sie über meine Freunde lachten. Über Simon, von dem ich nicht wusste, ob die Behauptungen der Anderen, er wäre schwul, überhaupt zutrafen. Über einen Jungen, der ein guter Freund von Eddie und Simon war. Und über Eduard. Meinen Freund. Die Person, die ich eben so sehr mochte, dass es mich verrückt machte. Denn er küsste einen Jungen, obwohl er selbst einer war. Wenn sie also über homosexuelle Typen herzogen, zogen sie über ihn her. Diese Tatsache tat am meisten weh.

Und ich versuchte nicht einmal ihn zu verteidigen.

Losers [boyxboy]Where stories live. Discover now