5. Kapitel

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...Ich saß am Esstisch, die Finger vor meinem Gesicht verschränkt und den Blick auf die Tür gerichtet. Nervös wackelte ich mit meinem Bein und versuchte die erdrückende Stille zu ertragen. Es waren schon zwei Tage vergangen, zwei Tage, in denen ich kein Auge zugekriegt hatte. Meine Anspannung stieg und langsam wurde ich ungeduldig. Mein Blick fiel auf die große Standuhr, direkt auf den Sekundenzeiger. 'Es ist gleich zwölf, wo bleibt Erik?"

Als der Zeiger auf die zwölf schlug, fing die große Standuhr an zu spielen und genau in diesem Moment, öffnete sich die Tür. Meine Augen weiteten sich und mein Herz schlug schneller. Ich sprang auf und schaute ihn gespannt an. "Und?", fragte ich nervös. Jetzt war der Moment in dem ich erfahren würde wer sie ist, oder sie niemals wieder sehen würde.

Er kam mit Händen hinter dem Rücken auf mich zu und reichte mir das, auf was ich schon so lange gewartet hatte! "Danke Erik!", grinste ich, denn Blick nur auf die Akte gerichtet und setzte mich wieder. "Nimm dir doch für den Rest des Tages frei..." Meine volle Aufmerksamkeit, hatte gerade dieser gelbe Ordner.

"Was haben sie vor?", fragt er skeptisch. Natürlich fragte er das, weil er nicht verstand was ich tat. Aber das war nun mal mein Leben und meine Bestimmung! Ich war geboren worden, um Meisterwerke zu erschaffen!

Grinsend öffnete ich sofort die Akte und lass mir alles durch. "Lass mich doch einfach gucken! Ich will nur wissen wer sie ist".

"Nur wissen wer sie ist?", wiederholte er meine Worte und schaute mich fragend an. "Sir, sie haben schon eine..."

"Auf Wiedersehen Erik!", knurrte ich und schaute böse hoch. Wortlos schaute er mich an, ehe er sich kurz verbeugte und das Zimmer ohne ein Wort Zusagen, verließ. "Dann sei halt sauer", sagte ich genervt und widmete mich wieder der Akte zu. Immer dieses hin und her mit ihm!

Die Unwichtige Sachen in ihrem Leben, übersprang ich sofort, doch bei einem Absatz, blieb ich hängen. Mit meinem Finger fuhr ich die Zeile nachdenklich nach. 'Hm... Familie. Das ist ein großes Problem, das muss ich vorher irgendwie klären. Ein plötzlicher tot? Nein, das ist zu dramatisch und zu aufwändig. Ein spontaner Urlaub vielleicht?'

Ich blätterte weiter, zu ihrem Berufsleben und lass es mir ganz genau durch. "Du arbeitest also in einer Bäckerei.... Das ist ja schon fast traurig was du da verdienst", lachte ich leise. Und jetzt kam das beste. "Keinen Lebenspartner!", sagte ich und schlug grinsend die Akte zu. 'Das wird einfach werden! Zu einfach, das es schon fast langweilig ist, aber vielleicht ist sie hier interessanter', dachte ich und stand auf. Pfeifend überflog ich mit meinem Finger die Autoschlüssel. 'Was nehme ich? Sportlich und beeindruckend, oder doch lieber etwas Praktisches und großes?... Ach, der Jeep eignet sich am besten, sollte sie sich doch wehren!' "Ich komme meine Schöne!"...

Heute war mal nicht so viel los, der Laden war überwiegen leer und wir verkauften sehr schlecht, aber die Ruhe tat verdammt gut. Ich hatte Kopfschmerzen und war todmüde. Die letzten Tage hatte ich nur schlecht geschlafen. Immer wieder war ich schweißgebadet aufgewacht, ohne einen wirklichen Grund. Ob ich einen Alptraum hatte? Keine Ahnung. Ich konnte mich auf jeden Fall nicht daran erinnern.

Gereizt stand ich hinter der Theke und bediente eine nervige Stammkundin. Ich konnte sie so gut leiden, wie sie mich. Wir redeten nicht viel miteinander, obwohl ich mir Mühe gab, freundlich zu klingen. Doch von ihr bekam ich immer nur dieses 'Grumpy Cat', Gesicht.

Ich versuchte mir meine heutige Laune nicht anmerken zu lassen, aber es war schon fast unmöglich. Mit Michelle hatte ich mich inzwischen wieder vertragen, aber eher gezwungenermaßen. Sie hatte mich am Telefon durchgehend angerufen und hatte sich tausend mal auf dem Anrufbeantworter und per SMS entschuldigt. Dazu arbeiteten wir noch zusammen und hier gab es keine Flucht vor ihr, also war mir nichts anderes übrig geblieben.

W-B Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt