48. Kapitel

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"Nichts", sagte ich und stand auf. "Ich sag Erik ab. Steh auf, wir fahren zusammen zurück"...

Während der Fahrt hatten wir kein einziges Wort miteinander geredet. Sie hatte endlich verstanden, das sie nicht mehr fragen sollte. Wir stiegen aus und liefen in Richtung Haus. Heute war ein Tag im Jahr, den ich hasste. Ich hasste ihn einfach! Nicht einmal Chloe konnte mich heute ablenken.

"Wohin gehst du?", fragte sie und blieb stehen.

"In den Garten", sagte ich. Vor genau sieben Jahren hatte ich an diesem Tag, eine wichtige Person in meinem Leben verloren. Es war meine Schuld gewesen und das konnte ich auch nie wieder gut machen. Ich stellte mich auf die kleine Brücke und schaute runter zu den Fischen. Das war der einzige Tag im Jahr, an dem ich mich allein fühlte... Es war wie der schwarze Tag in meinem Kalender. 'Wie erbärmlich...', dachte ich genervt.

In der Ferne sah ich plötzlich Chloe, wie sie die Tür öffnete und in den Garten kam. Sie stolperte über die letzte Stufe und viel mitsamt Mika ins Gras. "Scheisse!", fluchte sie und stand langsam wieder auf. Ich schüttelte den Kopf und fing an zu lachen. Sie betrachtete kurz die grünen Flecken auf ihrer Hose und kam dann wieder auf mich zu.

"Wenn du lachst, hast du das gerade gesehen", sagte sie etwas peinlich berührt. "Sogar Mika wurde das zu viel..."

Ich schmunzelte. "War kaum zu übersehen".

Sie stellte sich neben mich und schaute ebenfalls runter. "Also... Willst du vielleicht jetzt darüber reden?" Sie konnte nicht locker lassen.

Ich fasste mir durchs Haar und atmete tief ein und aus. Darüber hatte ich noch nie mit jemanden geredet, nichtmal mit Erik. Aber sie war ja meine zukünftige... "Lässt du mich dann endlich in Ruhe?" Sie nickte knapp und schaute mich gespannt an. "An diesem Tag, habe ich meinen besten Freund verloren... Er war wie ein Bruder für mich..."

"Was ist denn passiert?", fragte sie leise. "Wir waren auf einer Party... Henry, Ian, Icon und ich. Wir haben uns volllaufen lassen, alle, außer er, Icon. Er trank keinen Alkohol, hatte aber auch keinen Führerschein. Icon wollte unbedingt ein Taxi holen, doch ich habe ihn überredet, so getan als ob ich noch nüchtern wäre. Wir sind von der Straße abgekommen und... Er ist dank mir gestorben".

"War das davor, oder nachdem du verrückt wurdest?", fragte sie vollkommen ernst.

Ich holte eine Zigarette aus meine Jackentasche und schaute sie mit gehobener Augenbraue genervt an. "...Davor!"

Sie schaute runter. "Oh... Das tut mir leid. Willst du..."

Ich lachte. "Honey, hör auf mich jetzt wie ein Kind zu behandeln und tu einfach das was du immer machst".

"Was mache ich denn immer?", fragte sie empört und verschränkte ihre Arme. 'Genau das', dachte ich. Aber ich liebte es wenn sie ihre klauen auspackte. "Na gut, wenn du allein sein willst, dann gehe ich eben!"

Ich setzte mein Mitleids Gesicht auf. "Warte! Ich will nicht das du gehst...", sagte ich leise.

Sie kämpfte mit sich selbst, doch gab am Ende wie erwartet nach. "Okay! Ich bleibe".

'Bingo'. Ich zündete meine Zigarette an und nahm einen tiefen zug. "Danke".

Sie schaute mich verwirrt von der Seite an. "Du rauchst doch eigentlich gar nicht. Wieso machst du das jetzt? Woher hast du die überhaupt?"

"Magie! Ist eine kleine Ablenkung, entspann dich", sagte ich gespielt nachdenklich und zog erneut dran.
Ich merkte förmlich, wie sie dahin schmolz! Die Mitleids Nummer zog einfach bei jeder Frau. Chloe war echt süß wenn sie besorgt war. Sogar um mich.

"Ich glaube ich weiß etwas, was uns beide ablenkt!", sagte sie plötzlich grinsend und nahm meine Hand.

Ich schaute sie skeptisch an. "Was?"...

Nervös setzte ich mich auf den Beifahrer Sitz und Schnallte mich langsam an. "Hast du überhaupt einen Führerschein?"

"Ha ha! Hör auf dir in die Hose zu machen. Das macht Spaß, glaub mir!", sagte sie und startete den Motor, eines zweihunderttausend Dollar Sportwagens.

"Dir mehr als mir...", sagte ich angespannt. "Inwiefern soll mich das jetzt aufmuntern?"

"Es lenkt ab! Vor allem so ein Auto. Die verstauben doch alle bei dir!", sagte sie und gab Gas. Ich krallte mich an den Sitz. Zum Glück waren wir auf meinem privaten Flugplatz. Hier war genug Fläche, um nicht drauf zu gehen...

Nach einer einstündigen Höllen Fahrt, hielt Chloe endlich an. Sie kicherte. "Du siehst ein bisschen blass aus, alles gut, oder gibst du jetzt schon auf? Das ich driften kann hattest du wohl nicht erwartet".

Ich lachte. Die Männerehre musste hier unbedingt verteidigt werden. Es war nicht schlecht gewesen, für eine Frau. "Das war amateurhaft", sagte ich und stieg aus. "Ich zeig dir mal wie das geht, Honey".

Wir wechselten die Seite. Genervt schnallte ich mich an. 'Pff! Amateurhaft! Du bist amateurhaft!', dachte ich genervt. "Also, Mister Grossmaul! Dann zeig mal ob du es besser kan..."

Er fuhr direkt los. Der Druck presste mich sofort in den Sitz und meine Herz schlug schneller. Das Auto drehte sich im Kreis... Länger, sehr viel länger als bei mir! Ich konnte mich nicht entscheiden ob ich lachen, oder schreien sollte. Also tat ich einfach beides.

Nach zwanzig Minuten rief ich, kurz vor einem Herzinfarkt: "Halt! Halt!"

Er bremste abrupt ab, sodass die Reifen quietschten und der Gurt sich automatisch zusammenzog, damit ich nicht durch die Windschutzscheibe flog. "Musst du kotzen?", fragte er und entriegelte schonmal die Türen.

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, aber ich glaube das reicht langsam".

Er lachte. "Aber das war doch erst der Anfang!"

Meine Augen weiteten sich. Jetzt hatte ich Todesangst! "Nein! Bitte, James! Ich kann nicht mehr. Ich kriege noch einen Herzinfaaaaa...!"...

Nach zwei stunden, hatte er sich endlich ausgetobt. Ich schwankte mit wackligen Beinen zum Haus zurück. Naja, wenn es ihm geholfen hatte... Mein schlechtes Gewissen war immerhin weg. Er lief an mir vorbei und klatschte mir plötzlich auf den Hintern. "Nicht schlapp machen, Honey".

Mir schoss die Röte ins Gesicht. Hatte er mir gerade ernsthaft an den Hintern gefasst?! "Musste das sein?!", fragte ich ihn böse.

"Was?", fragte er und drehte sich zu mir. Als er mich sah, fing er an zu grinsen. "Tut mir leid, Männerreflex".

Ich hob drohend meinen Zeigefinger. "Männerreflex? Na gut, das ist nur für heute okay, weil ich Mitleid mit dir habe! Nächstes mal breche ich dir die Hand!"

Er packte meinen Finger und zog mich zu sich. "Dann sollte ich den heutigen Tag wohl ausnutzen"...

W-B Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt