Kapitel 6

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Cypher genoss für eine Weile die Wärme und den wohlriechenden Duft des Menschen in seinen Armen. Er hatte völlig die Kontrolle verloren. Er hatte Aaron bestrafen wollen, doch er hatte es unterbrochen, hatte nachgegeben. Wieso?

Es war der Ausdruck in dessen Gesicht gewesen. Er hatte ihn sehen wollen. Er hatte die tiefe Ekstase in diesem wunderschönen Gesicht sehen wollen, wie sich die Augen verdunkelten, wie er vielleicht doch seinen Namen schrie. Er hatte ihn nicht geschrien. Der Bissabdruck auf seiner Schulter pochte, sein Blut hing an den sündhaften Lippen des Schlafenden.

Ich habe noch nie so köstliches Blut getrunken. In all den Jahren hatte Cypher unzählige Liebschaften gehabt, doch keine hatte ihn so erfüllt wie diese körperliche Vereinigung. Sein innerer Dämon schnurrte und das machte ihn stutzig. Er ist zufrieden?

Innere Dämonen von Furien waren wild und launisch, schwer zu bändigen, weshalb diese oft die Beherrschung verloren. Es gab nicht umsonst den Ausdruck, Wild wie eine Furie kämpfen. Doch in diesem Moment war dieser ruhig und zufrieden. Der Mensch hatte ihn besänftigt. Wie?

Augenblicklich kam ihm ein Gedanke. Dieses Arrangement ist in dem Moment beendet, in dem er meinen Namen sagt, schreit oder bettelt. Wollte er das? Er war sich unsicher. Ich will ihn noch etwas genießen. Sanft streichelte er die weichen Haare.

Er trug Aaron in den Waschraum und säuberte ihn, tauschte die Bettwäsche und legte sich mit ihm wieder hinein. Du kannst ihn nicht behalten, wenn er nachgibt, erklang eine Stimme in seinem Kopf. Dann werde ich verhindern, dass er nachgibt. Wenn er nicht schreien oder betteln kann, wird er mir nicht entkommen. Ein Lächeln überzog das Gesicht des Dämons, doch es schwand.

Wie lange würde er das verhindern können? Wie konnte er diesen Menschen an sich binden, zumindest für so lange, bis er sein Interesse verlor. Er war durcheinander. Woher kamen diese Gedanken? Wieso machte er sich darüber Gedanken? Aaron war eine einfache Seele, ein Gefangener, der seine Strafe hier verbüßen musste.

Ein Gespräch mit Iken kam ihm in den Sinn.

Iken hatte um ein Gespräch gebeten, nun standen sie in dem Besprechungszimmer, Cypher schaute den Dämon ungeduldig an, denn er hatte nicht viel Zeit. „Was gibt es, Iken?", fragte er diesen.

„Kuro. Heute ist etwas Seltsames geschehen." Dann berichtete er von der Seele, die aufgestiegen war, und dem Gespräch.

„Willst du damit sagen, dass Aaron weiß, wie er der Hölle entkommen kann, aber es schlichtweg nicht tut?", fragte er den Hyänendämon verwirrt.

„Ja, Kuro. Der Mensch bleibt freiwillig hier, wenn man das so sagen kann. Aus einem mir nicht bekannten Grund ist dieser der Meinung, dass er diese Strafe verdient und verhindert so seinen Aufstieg."

Das hatte alles geändert. Aaron konnte jederzeit verschwinden, sollte er entscheiden, dass er sich vergibt. Die Frage war nur, was hatte er getan, dass er nicht in der Lage ist, sich selbst zu vergeben oder es schlichtweg nicht will?

„Kuro, er sagte, Es ist besser, dass ich hier bin, dann können sie mich nicht mehr dazu zwingen, anderen wehzutun."

Wer hatte ihn gezwungen und wozu? Aaron musste in seinem Leben etwas getan haben, was so abscheulich war, dass er selbst diese Strafe für angemessen hielt. Wer sind Sie? Wer hat dich zu was gezwungen? Sollte er ihn fragen?

Hölle, er war durcheinander. Er kannte diesen Menschen seit nicht einmal zwei Wochen. Wieso hatte er auf ihn einen solchen Einfluss? Es war nicht gelogen gewesen. Er hatte in den vergangenen Tagen ständig an ihn gedacht. Ich darf mich nicht ablenken lassen. Die Zeit war ungünstig, denn die Hölle war im Umbruch. Lucifer war schlechter gelaunt als jemals zuvor. In den letzten Tagen sollte er für ihn nach einem Spiegel suchen und das hatte er getan. Er hatte zahlreiche Märkte und Läden abgeklappert, um diesen zu finden, doch nichts. Er würde seine Suche fortsetzen müssen, denn er wollte seinen Fürsten nicht enttäuschen.

Cypher - ein schicksalhafter Blick (BAND 4) ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt