Kapitel 31

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Heute war es soweit – er würde seine Eltern treffen. In seinem Innern spürte er ein seltsames Gefühl, vielleicht Vorfreude. Cypher hatte ihm erzählt, dass er als Kleinkind fern von seinen Eltern aufgewachsen war. Nun verstand er auch, weshalb er seine Eltern mit dem Dämon gesucht hatte. Sie haben also nichts von meinem Leben mitbekommen. Das erleichterte ihn etwas, denn nun konnte er sie ohne Vorbehalte kennenlernen.

Als er mit Cypher in die Menschenwelt reiste, war er nervös. Mehr als nervös. Für einen Moment spürte er ein Stechen im Kopf. Das Gefühl, das alles zu kennen, machte sich in ihm breit. Nicht verwunderlich, denn ich habe sie kurz vor meiner Wiedergeburt getroffen. So standen sie erneut vor dieser Türe, doch dieses Mal wurde sie sofort geöffnet und er wurde von einer Frau umarmt, die dunkelbraune Haare besaß, welche sie zu einem Zopf zusammen gebunden hatte. Aaron konnte lediglich den Scheitel sehen, doch ein Gefühl von Euphorie breitete sich in seiner Brust aus.

„Aaron, endlich", hörte er ihre helle Stimme.

Sein Herz wurde schwer, als sie aufschaute. In ihren Augen standen tiefe Gefühle, auch wenn sie so trüb wie die von Lucifer waren.

„Wir haben so lange gewartet."

„Hallo, Mum", krächzte er, denn sein Hals fühlte sich plötzlich trocken an.

„Du überforderst ihn erneut, Schatz", erklang die belustigte Stimme des Mannes, den er als seinen Vater erkannte. Woher, wusste er nicht, doch er glaubte, dass es dessen granatrote Augen waren. Auch in diesen standen Liebe und Zuneigung. „Wir haben dich vermisst, mein Sohn."

Die Worte ließen einen Damm in ihm brechen und zahlreiche Gefühle stürmten auf ihn ein. Es waren andere als die, die er für seinen Gefährten verspürte. Für einen Moment biss er auf die Lippe. Er erwiderte die Umarmung und schloss die Augen, genoss sie.

Cypher stand hinter ihm, war beruhigt, dass er sich offensichtlich angenommen fühlte. „Wollen wir nicht hineingehen?", schlug er vor.

Aarons Mutter löste sich, umschlang aber den Arm ihres Sohnes, als wolle sie verhindern, dass er einfach verschwand, sollte sie den Kontakt unterbrechen. Gemeinsam liefen sie in das Wohnzimmer und auch hier hatte Aaron das Gefühl, willkommen zu sein. Er spürte, dass er hier sein durfte, dass er schon hier gewesen war.

Seine Mutter setzte sich rechts neben ihn, hielt seine Hand, Cypher links von ihm. Sein Vater nahm ihm gegenüber Platz.

„Cypher hat uns mitgeteilt, dass du wiedergeboren wurdest", begann er. „Wir wissen, was das bedeutet, doch es ändert nichts, Aaron. Wir lieben dich als unseren Sohn und sind deine Familie."

Für einen Moment blickte Aaron nach unten, stumm. Dann hob er das Gesicht und die Haltung die er hatte, erinnerte Cypher sofort an den Mann, der er vor seiner Wiedergeburt gewesen war. Eine gerade Haltung, ein ungebrochener Wille. „Ich habe meine Erinnerungen verloren. Dennoch spüre ich, dass ich für euch etwas empfinde. Ich spüre, dass ihr meine Familie seid und ich will es auch. Deshalb möchte ich euch erneut kennenlernen."

Die Worte hatten ihm viel abverlangt, doch er konnte sehen, dass seine Eltern ihn annahmen, ihn liebten. „Natürlich, mein Sohn. Dieses Mal haben wir alle Zeit der Welt, uns kennenzulernen."

Aaron nickte, umfasste Cyphers Hand. „Mein Name ist Aaron und das hier ist mein Herz Cypher. Ich lebe bei ihm in der Hölle und bin ein Engel. Meine Hobbies sind das Lesen und Sport, doch aktuell muss ich die Regeln und Etikette der Hölle erlernen." In seiner Stimme lag viel Liebe.

Matthew spürte, dass die Dunkelheit, die seinen Sohn das letzte Mal umgeben hatte, verschwunden war. Es ist unglaublich. Sein Aussehen hatte sich leicht verändert – die Augen, die Strähnen in den Haaren – dennoch war es sein Sohn. Auch Mariel spürte es. Als sie die Nachricht von Cypher erhalten hatten, hatten sie den Göttern gedankt. Seitdem hatten sie geduldig auf eine Nachricht des Dämons gewartet und vor wenigen Tagen war sie endlich gekommen.

Cypher - ein schicksalhafter Blick (BAND 4) ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt