Kapitel 35

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Lucifer war mehr als verstimmt gewesen, als Cypher ihm von den Neuigkeiten unterrichtet hatte. Dennoch hatte er ihn freigestellt, wenn jedoch auch nur unter Vorbehalt. Sollte er ihn brauchen würde er Cypher sofort zurückrufen. Grund für die Zustimmung war das Wissen, dass er von Aaron erhalten hatte. Diese menschliche Organisation war besorgniserregend. Nicht, weil sie Kinder in Killermaschinen verwandelte, sondern weil sie Aaron – einen Mischling – ausgewählt hatten. Es bestand die Möglichkeit, dass sie von seiner zweiten Hälfte gewusst hatten, dass es kein Zufall war. Wenn dem so war, dann war dies ein Problem, das alle Dämonen und Engel betreffen würde, denn die Menschheit durfte nicht von ihrer Existenz erfahren.

Menschen, die an Kindern experimentieren, um sie für ihre Zwecke zu nutzen. Solche Monster hatten in Lucifers Augen keine Existenzberechtigung. Niemals hatte er Hand an Kinder gelegt, denn sie waren ihre Zukunft, ein Schatz, den es zu beschützen galt.

Aaron und Cypher bereiteten alles für die Reise vor. Sie recherchierten bezüglich der Orte, die Sharin ihnen genannt hatte, und ließen Tracker diese auskundschaften. Nach wenigen Tagen hatten sie ein Bild von der Gegend, doch es war nichts gefunden worden. Leider war kein Mishin Ivankov an den besagten Adressen gemeldet, also mussten sie vor Ort recherchieren.

Gemeinsam reisten sie dann am frühen Morgen in die Menschenwelt. Ein Tracker hatte ihnen eine Koordinate ausgehändigt, mit der sie direkt nach Monroe kamen und sich den Umweg sparen konnten. Mit dem Taxi fuhren sie in den Westen der Stadt in das Wohngebiet nahe beim Lake Tye Park.

Sie bezahlten den Taxifahrer und liefen durch die Straßen. Sharins Beschreibung war nicht detailliert genug gewesen, um zu wissen, welche der vielen Straßen es war. Es ließ darauf schließen, dass sie selbst nie dort gewesen war.

Aaron zog seine Mütze, die er über seinen Haaren trug, etwas tiefer. Das hier erscheint wie eine normale Stadt. Sie hatte um die zwanzigtausend Einwohner, nichts Besonderes. „Was suchst du, Aaron?", fragte sein Dämon. Aaron lief durch die Straßen, als würde er auf ein Ziel zusteuern. Sie wollten sich in der Nähe mit einem Tracker treffen, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen, doch Aaron lief von dem Treffpunkt weg.

„Ich weiß es nicht", sagte Aaron. Er war unruhig. Etwas an diesem Ort rieb ihn auf. Es war ein Gefühl, das er nicht zuordnen konnte. Was ist es? Er lief weiter. Die Häuser zogen an ihm vorbei und die Umgebung änderte sich. Es waren nun keine Einfamilienhäuser mehr, sondern Mehrfamilienhäuser, dann Blocks. Es war, als würde diese Straße reich und arm trennen. Auf der rechten Seite waren große, schöne Häuser, auf der anderen waren Hochhäuser. Die Straße war auch breiter, als die anderen.

Aaron blieb stehen, schaute ruhig nach vorne. „Ich war bereits hier." Sein Gefährte schaute ihn überrascht an. „Ich kann es nicht erklären, doch ich erkenne diesen Ort wieder. Ich habe ihn schon gesehen."

Das konnte kein Zufall sein. Das Gefühl, dass er etwas wiedererkannte, was er vor langer Zeit gesehen hatte, dieses Déjà Vu-Gefühl. Doch wo war er gewesen? Wohin hatten ihn seine Schritte getragen? Seine Füße setzten sich in Bewegung. Dieser Spielplatz.

Die rote Schaukel schwang leicht im Wind. Die Wolken bedeckten den Himmel, kein Sonnenstrahl kam durch die dichte Decke.

Sein Blick fiel auf die rote Schaukel inmitten des Spielplatzes. Langsam lief er zu dessen Eingang. Er hatte diese Schaukel gesehen, doch nicht aus dieser Perspektive. Er hatte sie von oben gesehen. „Von wo?" Er drehte sich im Kreis, suchte nach einem Ort, von dem er aus diese gesehen haben könnte. Als er stehen blieb, kniff er die Augen zusammen. „Cypher, dort oben", sagte er ruhig und zeigte auf die Balkone eines Hochhauses. „Ich habe diese Schaukel von dort oben gesehen."

Der Dämon blickte zu diesem. Das kann kein Zufall sein. „Dann lass uns das überprüfen. Vielleicht finden wir etwas." Aaron nickte und sie liefen zum Eingang des besagten Hochhauses, dessen Fassade in einem verwitterten Grau schien. Sie war sicher früher weiß gewesen, doch seit Jahren hatte niemand erwogen, die Fassade zu erneuern. Auch die Balkone waren teilweise angerostet und in unschönem Zustand.

Cypher - ein schicksalhafter Blick (BAND 4) ✅️Where stories live. Discover now