Kapitel 30

723 96 15
                                    

Zwei Tage später war Aaron auf dem Weg zu Lucifer. Mit einem bestimmten Schlüssel öffnete man ihm das Portal, sodass er direkt in dem Raum landete, in dem er und Lucifer sein „Wesen" und ihre Verbindung ergründeten.

Der Höllenfürst war zu seiner Überraschung schon da, schrieb etwas in ein Notizbuch. Ein nachdenklicher Ausdruck stand in dessen Gesicht. So sieht er fast nicht mehr furchteinflößend aus. Ihm war aufgefallen, das Lucifer ein sehr widersprüchliches Wesen war. Im einen Moment war er ernst und gelassen, ging systematisch vor. Im anderen Moment ließ er seinen Emotionen freien Lauf, vor allem wenn er über etwas verärgert war. Doch nicht willkürlich, er wusste, wann er es tun konnte. Als ob er es leid ist, sich zurückzuhalten. Man nannte ihn launenhaft, doch wenn man es objektiv betrachtete war er nicht launenhafter als andere. Der Unterschied war, er zeigte seinen Unmut sofort.

Gegenüber Aaron war er nicht unfreundlich oder furchteinflößend gewesen. Zwischen ihnen war eine ruhige Verbindung und er fühlte sich auch wohl in Lucifers Nähe. Vielleicht weil mein Körper ein Teil des seinen war. Das schien jedoch auch für Lucifer zu gelten.

„Hallo, Aaron", begrüßte er ihn. Ein prüfender Blick wanderte über seine Silhouette. „Setz dich."

„Ich begrüße Euch", erwiderte Aaron und setzte sich. Was würde Lucifer heute tun?

Der gefallene Engel hob seine Hand, sodass die Handfläche nach oben zeigte. „Hast du das trainiert, was ich dir gezeigt habe?", fragte er ruhig.

Aaron nickte. Dabei war er jedoch mehr oder weniger erfolgreich gewesen.

„Gut, zeig es mir." Lucifer beobachtete sein Kindred, wie dieser die Hand über seine hielt, die Handfläche nach unten. Dann konzentrierte dieser sich und er konnte das Prickeln spüren. Dünne Fäden waberten aus der Handfläche. Wie Haare unter Wasser schwebten sie in alle Richtungen. Als sie jedoch eine gewisse Länge überschritten hatten, begannen sie sich alle nach unten zu bewegen, als wollten sie zu Lucifers Hand gelangen.

Er hat wirklich Fortschritte gemacht. Es waren nur fünf kleine Fäden, kaum nennbar, doch für den kurzen Zeitraum war das eine Leistung. Als sie seine Handfläche berührten, spürte er, wie sie sich mit seinem Magiekreislauf verbanden und er absorbierte sie.

Aaron keuchte, konzentrierte sich. Es war unglaublich kräftezehrend für solch ein mickriges Ergebnis. Ihm war bewusst, dass er einen weiten Weg vor sich hatte.

„In Ordnung, das reicht." Dankbar zog sich Aaron zurück, doch Lucifer ergriff seine Hand, legte seine Handfläche auf Aarons. Sie begann zu leuchten und die Magie wanderte in seinen Körper, das spürte Aaron. Von Lucifer diese direkt zu erhalten, war wie ein plötzlicher Wachmacher, ein Aufputschmittel.

„Nimm sie an und lenkte sie erneut in deine Hand. Heute werden wir sie formen", sagte der Höllenfürst. Dann zog er seine Hand zurück. „Es gibt verschiedene Formen, die man für den Angriff nutzen kann. Die einfachste ist die chaotische."

Aaron hielt sein rechtes Handgelenk, versuchte die Magie in die Hand zu führen, während er sah, wie in Lucifers rechter Hand ein Energieball entstand. Die Magie rauschte und Aaron wusste, dass dieser verletzten konnte – schwer verletzen.

Vorsichtig lenkte er die Magie aus seiner Hand und versuchte ihr ebenfalls die chaotische Form zu geben. Ein Rauschen wanderte über seine Haut und er formte den Energieball nach dem Abbild vor seinen Augen. Dies ging leichter, als er gedacht hatte.

„Sehr gut. Konzentriere dich und behalte die runde Form, sonst ist er instabil", wies ihn sein Lehrmeister an.

Er erschuf weitere Bälle, bis er ein gutes Gefühl hatte. Lucifer war zufrieden. „Übe mit einem Ball das Zielen, damit du sie effektiv als Waffe einsetzen kannst." So würde er nicht mehr wehrlos sein.

Cypher - ein schicksalhafter Blick (BAND 4) ✅️Where stories live. Discover now