Kapitel 24

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Cypher betrat Lucifers Arbeitszimmer und Lucifer schaute auf. Er hatte seinen Stellvertreter gerufen, um über die neue Kommandantin und Aaron zu sprechen. Bevor dieser auch nur ein Wort sagen konnte, spürte Lucifer es. Seine Sinne schlugen an. Mit einer Handbewegung des Höllenfürsten öffnete sich das Oberteil, das die Furie trug, und das Zeichen, das über seinem Herzen stand, wurde sichtbar.

„Du hast dich gebunden."

Cypher blickte seinen Fürsten an. „Ja, Kuro. Mein Herz und ich haben gestern den Bund geschlossen."

Ich wusste es. Es war, als habe Lucifer eine Resonanz gespürt. Lag es daran, dass Aaron sein Kindred war? Wie weit reichte diese Verbindung? Das galt es nun zu ergründen, er würde nicht länger warten. Die Gnadenzeit für den Engel war um. „Bring Aaron zu mir."

Für eine Moment versteifte sich sein Stellvertreter, doch er entspannte sich recht schnell. Lucifer würde dem Engel nichts tun, sonst würde er Cypher verlieren. Da die Verbindung jedoch frisch war, reagierte der Dämon trotz allem empfindlich. Er wollte Aaron schützen, das verstand jeder. „Ich werde ihn morgen zu dir bringen, Kuro", sagte Cypher.

Er hat sich verändert. Die dunkle Aura, die ihn umgeben hatte, war verschwunden. Zudem hatte er einen Zug erhalten, den Lucifer mit Zuneigung betiteln würde. War seine Viper weich geworden? Eine stumpfe Klinge war nutzlos. Nein, das glaubte er nicht. Zwar hatte er eine Schwäche erhalten, doch Cypher würde nicht seine Schärfe verlieren.

Lucifer stand auf und trat zu Cypher. „Was hast du ihm erzählt?" Er wollte nicht den Fehler machen, den wiedergeborenen Engel an seinem Gefährten zweifeln lassen. Cypher musste stabil sein, gerade in diesen Zeiten.

„Er weiß, dass er wiedergeboren wurde, eine Familie in der Menschenwelt hat und dein Kindred ist. Er weiß nichts von seiner Vergangenheit, nicht was er war, was er getan hat und wie er gestorben ist. Auch nicht unsere... Zeit im Inferno." Es war deutlich sichtbar, dass Cypher Schuldgefühle trug. Er hatte seinen Gefährten bestraft, wenn auch nicht mit Gewalt.

„Du wusstest es nicht. Zudem hast du ihm niemals Gewalt angetan. Lasse diese Schuld nicht deine Zukunft trüben", sagte Lucifer zu seiner Überraschung. „Wie dem auch sei, ich muss Aaron trainieren." Er würde ergründen müssen, zu was er den ehemaligen Menschen gemacht hatte. Da er sein erstes Kindred war und er auch niemand direkt kannte, der eines erschaffen hatte, mussten sie es gemeinsam ergründen.

Cypher nickte nur. Was auch immer Aaron geworden war, er musste lernen, seine Fähigkeiten zu kontrollieren. Die Prophezeiung der Verdammnis schwebte über ihnen und Telos war auf dem Vormarsch. Aaron musste lernen, sich zu verteidigen.

Der gefallene Engel verschränkte die Arme. „Gut, nun zu Klattia. Berichte mir über sie."

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Nach dem Gespräch machte Cypher noch einige Besuche. Er überprüfte die Lage im Inferno, die nach wie vor stabil war. Seine Füße trugen ihn durch den Kessel – Felsen, an die Seelen gekettet waren. Der Himmel war wie immer wolkenlos, der Geruch von Blut lag in der Luft. Auf dem Weg sah er Iken, der eine Bestrafung vornahm, doch das war nicht sein Ziel. Nein, es war ein anderes. Es hatte gedauert, doch endlich war sie hier. Auch wenn er etwas hatte suchen müssen, denn das Inferno war groß, beherbergte unzählige Seelen.

Er hielt an einem Felsen am Rand des Kessels, der Ort mit dem besten Blick auf die Wand. Ein Blick auf die Freiheit, die die Seele niemals erlangen würde. Grausam, doch das war nicht einmal ansatzweise genug, um sie zu bestrafen. „Hallo, Sharin", begrüßte er die Seele, die nackt an den Felsen gekettet war.

Hasserfüllte Augen starrten ihn an. Sie rieben ihn nicht auf. Die einzigen Augen, die ihn aufrieben, gehörten der Person, die er in seinem Bett vor Lust zum Schreien brachte. Er trat zu der Frau, die sein Herz ermordet hatte. Seine Hand griff in ihre blonden Haare, riss den Kopf zur Seite. „Ich hatte dir prophezeit, dass wir uns wiedersehen, und hier bin ich."

Cypher - ein schicksalhafter Blick (BAND 4) ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt