Kapitel 27

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Aaron war heilfroh, dass Lucifers Experiment – so bezeichnete er die Anweisung des Höllenfürsten – beendet war. Die Unruhe, die ihn ergriffen hatte, war verschwunden. Ich hoffe, dass ich in Zukunft keine solchen Dinge mehr tun muss. Es war jedoch nicht absehbar, also musste er sich an den Gedanken gewöhnen.

Geduld. Dieses Wort war sein Mantra. An sich war er geduldig, arbeitete strukturiert seinem Ziel entgegen. Weitsicht, wie er etwas erreichte, war eine Fähigkeit, die ihm vor kurzem bewusst geworden war. Sich über das Hier und Jetzt zu beschweren, machte keinen Sinn. Wenn er Frieden wollte, musste er diesen auch ermöglichen.

Als er aus dem Portal trat, sah er, wie eine Angestellte mit einer Vase durch den Eingangsbereich lief. Es dauerte keine Sekunde und er reagierte. Aaron machte zwei Schritte nach vorne. Seine Hand schlang sich um die Dämonin, die mit einem überraschten Laut stürzte, gleichzeitig packte er die Vase, bevor sie auf dem Boden zerschellte.

Herzschläge vergingen. Sie schaute ihn an, dann richtete sie sich auf und bedankte sich unzählige Male. „Ihr habt eine schnelle Reaktion. Ich hätte niemals die Vase fangen können", hörte er ihre Stimme, doch Aarons Gedanken rasten.

Wie? Wie hatte er so schnell reagieren können? Woher hatte er gewusst, dass sie fallen würde? Sein Blick fiel auf den Boden, die Unebenheit im Teppich. Er nickte nur und sie ging. Dann wanderten seine Augen seine Umgebung entlang. Er war wachsam, doch weshalb? Das Gefühl ebbte ab.

Josei, der etwas entfernt stand, hatte das Ganze mitangesehen. Aarons Blick, die Bewegung und auch die Haltung. Keine unnötige Bewegung, schnell und effizient. Auch der Blick, der sofort die Umgebung inspizierte und bewertete. Als erwarte er einen Angriff. Der Dämon würde es bemerken. Vielleicht war es nur ein Zufall gewesen.

Nach diesem aufreibenden Ereignis entschied sich Aaron, sich körperlich auszupowern. Er bat eine der Wachen ihm Übungen zu zeigen und führte sie aus. Auch die Übungen für die Flügel führte er wie angewiesen durch. Der Schweiß tropfte nach unten, doch er fühlte sich besser, als würde er Druck ablassen.

Während er seinen Körper ans Limit trieb, konnte er den Kopf ausschalten. Er bemerkte nicht, welche Bewegungen dieser machte, ließ ihn einfach wandern. Es fühlte sich natürlich an, als wüsste er, was er tun musste. Das Bad danach genoss er umso mehr, seine schmerzenden Muskeln begrüßten es ebenfalls.

Dieses Ritual wurde zu seinem täglichen Begleiter, Ausgleich. Wofür?

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Aaron hatte ein enges schwarzes Trainingsshirt an und eine sportliche Hose. Er wollte sich gerade auf den Weg in den Hinterhof machen, in dem er seine Übungen durchführte. Seine Flügel wurden stärker, er konnte es spüren. Langsam war er in der Lage, sie bewusst in jegliche Richtung zu bewegen. An diesem Erfolg wollte er festhalten. Fliegen. Allein der Gedanke erzeugte Vorfreude.

Als er eine fremde Aura wahrnahm, hielt er inne. Bevor er den Gang verlassen konnte, betraten zwei fremde Personen ihn. Eine erkannte Aaron sofort. Es war die Dämonin, in die er in Lucifers Anwesen gelaufen war. Für einen Moment hielt er inne. Wieso war er in sie gelaufen? Er war sich sicher, dass sie nicht im Weg gestanden hatte. Der Gedanke war ihm einfach gekommen.

Seine Miene wurde neutral und er bewegte sich natürlich in die Richtung, in die er gelaufen war. Die Richtung zu ändern oder anzuhalten würde Aufsehen erregen. Erneut überraschte ihn der Gedanke, doch sein Körper bewegte sich, als wüsste er, was zu tun war. Niemand würde Verdacht schöpfen, dass er hier nicht hergehörte, dass er diesen beiden aus dem Weg gehen wollte. Sein Bauchgefühl warnte ihn.

Eine Hand schlang sich um seinen Bizeps und er hielt an. Überraschung wanderte auf sein Gesicht. Fliederfarbene Augen schauten ihn an. „Was für ein Zufall, so sehen wir uns wieder."

Cypher - ein schicksalhafter Blick (BAND 4) ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt