Kapitel 5

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„Ich hab nie vergessen wie uns das okay gegeben wurde das du bei uns nun ein zuhause gefunden hast", bricht mein Vater das schweben in Erinnerungen ab.
„Wusstest du das ich unfassbar nervös war deiner Familie vor die Augen zu treten?", schmunzle ich.
„Was wirklich? Wieso den?", huscht ihm ein schwaches Lachen über die Lippen.
„Ich hatte Angst das sie in mir das kaputte Mädchen sehen würden welches ich war", fang ich an mit meiner Erklärung.
„Mum und du habt euer Herz auf der Zunge getragen weil ihr mir vertraut habt, deine Familie kannte ich nur aus Geschichten weil sich ein Telefonat nie ergeben hatte, ich hatte in euren Augen nicht das Mitleid gesehen was ich erwartet hatte, ich sah Respekt", fahre ich fort.
„Ich konnte da nicht einschätzen wie deine Eltern mich einstufen würden, als ein Teil der Familie oder als eine Streunerin", überspiele ich meine damalige Sorge mit Humor.
„Mein Wille war nie Mitleid in Augen von jemand zu sehen der meine Geschichte kennt, und ich hatte einfach Angst gehabt das deine Familie ihn haben wird und das arme aufgenomme Mädchen sehen, aber nicht erkennen würden das ich nun ein Teil der Familie bin, dass mein Leben erst ab diesem Moment begonnen hatte und alles davor nur Vergangenheit war, die für mich nach und nach nur noch ein böser Traum war", erkläre ich meine Gedanken der sieben jährigen Helena.
„Schlussendlich waren deine Sogen ja umsonst", grinst er nun schlussfolgernd.
„Schlussendlich ja, ich hatte mich mit der Geschichte in ihr Herz gefressen und wurde sofort als Teil der Familie gesehen", Lächele ich auf sein grinsen.
„Ich war erstaunt wie schnell du dich meinen Eltern und vorallem Clarissa anvertraut hattest", entgegnet er etwas in Gedanken vertieft.
„Ich ehrlich gesagt auch, da hatte es bei euch sichtlich länger gedauert", pausiere ich kurz meine Aussage.
„Aber ich denke es lag daran, euch kannte ich nicht und als ich mich schon fühlte wie ein Teil eurer Familie war die weitere Familie nicht all zu schwer als Familie zu sehen", beende ich meine Aussage.
„Es war Clarissa die du als erstes als ein Familien Mitglied gesehen hast", sehe ich sein freches Grinsen das er immer noch hat.
„Stimmt doch nicht", ziehe ich meine alte Schnute.
„Doch... du hattest sie als Tante Clarissa bezeichnet an unserm Abreise Tag", beweist er meine Lüge.
Er hatte ja recht als ich Nico oder Aileen das erste mal mit Mum oder Dad angesprochen hatte war später, Nicos Eltern nannte ich noch später erst Oma und Opa aber Clarissa war von der ersten Sekunde an Tante Clarissa. Um nicht darauf antworten zu müssen, grinse ich mit einem Lächeln.
„Ihr wart trotzdem die ersten die ich als Familie kennengelernt habe", verteidige ich mich.
„Das wusste ich sogar schon damals", sagt er mir und schaut in meine Augen.
Da ich ihn wieder verwirrt anschaue da ich nicht weiß was er meint, fährt er fort.
„Du hattest dich uns spät geöffnet und als Eltern genannt aber alleine als du meine Schwester als Tante bezeichnet hast wusste ich, wir sind für dich nicht mehr fremde die dich aufgenommen haben sondern deine Eltern", erklärt er mit einem schwachen Lächeln.
„Wie kann es sein das du mich so gut kanntest obwohl ich nicht mal annähernd deine Gene habe?", bin ich verwundert das er genau das was mir damals auf der Seele brennte erkannt und gewusst hatte.
„Gene hin oder her ich kannte dich zwar erst vier Monate aber diese vier Monate hab ich dich großgezogen, du warst nunmal von Sekunde eins meine Tochter bloß ohne meine oder Aileens Gene", grinst er.
Ich senke mit einem Lächeln meinen Kopf und nehme vorsichtig seine Hand.
„Wenn ich ehrlich bin... du warst zwar sieben und hattest Gene nicht annähernd von uns aber selbst die vier Monate in denen wir dich großgezogen haben... es fühlte sich an als hätte ich dich von Geburt aus gekannt und in den Armen gehalten, für mich waren es nicht nur vier Monate in diesem Moment, es war für mich als währe es nie anders gewesen", erzählt er mir und ich hebe wieder meinen Kopf um in sein Lächeln zu sehen.
„Was... was habt ihr in mir gesehen...?", stelle ich nach dreißig Jahren die Frage aller Fragen, in meinem Leben.
„Du hast sicherlich es nie verstanden und wirst es auch nicht verstehen, aber du warst für uns kein gewöhnliches Kind, wir schenkten dir kein Mitleid weil du es nicht wolltest nein... sondern weil du es nicht brauchtest, ja deine Lebensgeschichte war keine Pinke Welt aber du warst für uns eine Kämpferin der man mit Respekt gegenüber treten muss und das hatten wir von Anfang an bewundert auch als wir dich besser kennengelernt hatten, deine Geschichte ergriff zwar unser Herz aber wir wollten dir ein Leben schenken in dem du deutlich weniger kämpfen musst, das sahen wir in dir, kein kaputtes Mädchen in einer nassen, dunklen Gasse in Berlin, wir sahen ein Mädchen das mit sieben Jahren stärker war als es eigentlich sein sollte", beantwortet er mir die Frage und er hat recht, denn ich verstehe es immer noch nicht.
„Meine Eltern und Clarissa sahen das übrigens auch in dir", grinst er wieder und ich fahre wieder zurück mit dem Vergangenheitszug.

Adoptierte Wellenbrink Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt