Kapitel 13

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Ich spüre wie mir Tränen über die Wange laufen wegen dieser Erinnerung. Dieser Tag und der Tag der Beerdigung waren die schlimmsten in meinem Leben. Mit meinem Vater redete ich bis zur Beerdigung kein Wort mehr und ging ihm so gut es klappte aus dem Weg. Ich kann gar nicht zählen wie oft er das Gespräch mit mir suchte, ich aber ihm immer auswich und mich in meinem Zimmer verkrochen hatte.
„Weißt du was schlimmer war als deine Mutter gehen zu lassen...?", reißt er mich wieder einmal aus der Vergangenheit.
Ich schaue ihn bloß abwartend an, ich kann mir denken was er sagt, frage aber trotzdem nicht nach.
„Das ich nicht nur sie verloren hab sondern auch dich...", höre ich wieder seinen schuldbewussten Ton.
„Ich war auch stur... stat dran zu denken das du deine Frau verloren hast, sah ich nur meinen Schmerz...", gebe ich zu und höre in meiner Stimme den selben schuldbewussten Ton wie auch mein Vater hat.
„Du hast das richtige getan und ich würde heute genauso handeln...", erwiderte ich ehrlich und nehme seine Hand was ihm ein leichtes Lächeln ins Gesicht zaubert.
Ich denke zurück an den Tag der Beerdigung. Es war Mitte September, ein sonniger warmer Tag. Mein Vater im schwarzen Anzug und ich im schwarzen Kleid mit schwarzen Converse Chucks. Meine Harre hatte ich gewellt und schreckte mir in meinen Seiten Scheitel eine Haarklammer das mir die Haarsträhnen nicht die ganze Zeit ins Gesicht fallen. In der Kapelle ging ich rein bevor es überhaupt los ging nur um zum Sag zu gehen. Ich stand davor und hob langsam meine Hand um sie auf den Sag zu legen. Ich sah wie meine Hand anfing zu zittern und bemerkte wie eine andere Hand meine nahm. Bevor ich feststellen konnte das es mein Vater war merkte ich eine warme Hand auf meinem Rücken. Er so wie auch ich sagte kein Wort wir standen einfach da ich in seinem Arm, und unsere Hände auf dem Sag. Die ganze Beerdigung über sprach keiner von uns beiden ein Wort und trotzdem waren wir beide andauernd zusammen. Als der Sag nach unten gelassen wurde hab ich mich sogar umgedreht und in seine Brust geweint. Ich weiß bis heute nicht woran es lag das ich ihn eine Woche lang ignoriert hatte und bei der Beerdigung es so aussah als währe nie was gewesen. Ob es der Schock war, die Nähe die mir gefehlt hatte, ich weiß es nicht aber ich bin bis heute froh das es so war. Wir beide mussten uns den ganzen Tag Beileidswünsche anhören und ich konnte nach einer Zeit nicht mehr weshalb ich mich verzogen hatte. Ich ging aus dem Restaurant und setzte mich auf eine Bank die draußen stand. Ich stützte meine Ellenbogen auf meinen Knien auf und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Dieser Moment war der erste nach einer Woche wo ich wieder mit meinem Vater geredet hatte. Er kam zu mir ging vor mir in die Hocke und schenkte mir ein trauriges Lächeln.
Bis heute hallen mir meine Worte ihm Kopf: >>Ich konnte mich nicht verabschieden<<.
Wegen der ganzen Situation bin ich weggelaufen bevor meine Mutter überhaupt gegangen war, ich hätte mich verabschieden können und ich tat es nicht.
„Gab es einen Moment im Leben wo du Mum unfassbar vermisst hattest?", stelle ich die dümmste frage meines Lebens.
„In deiner Pubertät", schmunzelt er.
„Hey... so schlimm war ich nicht", muss ich jetzt auch wieder schmunzeln.
„Schlimm nicht aber... du hattest gerade deine Mutter verloren und hast etwas herausgefunden was nicht geplant war, das war zu viel für dich und da merkte man die Pubertät ziemlich, ziemlich sehr", behält er das schmunzeln.
„Okay mit diesen Argumenten muss ich dir recht geben", streiche ich mir eine Träne aus dem Auge, mit einem schmunzeln.
„Ich hab's dir aber auch nicht übel genommen", zieht sich ein Mundwinkel nach oben zu seinem grinsen.
„Es währe eine Lüge wenn ich behaupten würde es war leicht... aber ich verstand es...", bleibt dieser einer Mundwinkel oben.
Ich tu es ihm gleich, vor dreißig Jahren hab ich mir dieses Grinsen abgeschaut und ich trage es heute immer noch.
„Welcher Tag war der schlimmste für dich, mit mir in der Pubertät?", frage ich ihn neugierig.
Ich sehe an seinem Blick das er nachdenkt und vermutlich in die Vergangenheit taucht um meine Frage beantworten zu können.
„Hmm... gute Frage... es gab einige schwere Tage mit dir...", sagt er Gedenken abwesend und scheint nach der Antwort immer noch zu suchen.
Gerade als ich Luft nehmen will um ihm zu sagen, das wir uns darauf einigen ich war doch schwerer als gedacht in der Pubertät macht er den Mund auf, weil er anscheinend die Antwort in der Vergangenheit gefunden hat.
„Es war der Tag... ja der Tag nach der Beerdigung... du hattest in deinem Schmerz eine Grenze überschritten und ich sagte etwas das ich bis heute bereue und wünschte ich könnte es zurück nehmen", antwortet er und scheint immer noch zwischen Realität und Vergangenheit festzusitzen.
Seine Antwort macht mich nachdenklich, der Tag nach der Beerdigung ging an mir vorbei wie als währe er nie da gewesen und doch mache ich mich auf den Weg in meine Vergangenheit.

Adoptierte Wellenbrink Where stories live. Discover now