Kapitel 25

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,,Ich muss gestehen ich war damals erstaunt das du über sie geredet hast...", holt mein Vater uns alle zurück.
,,Du hattest all die Jahre nicht mehr wirklich über sie geredet und das du dann das gemacht hast, da war ich verwundert...", fügt er seinen Gedanken weiter.
,,Und ich war verwundert das du nach all den Jahren mal wieder Would I Lie To You gesungen hattest", kontere ich um nicht erklären zu müssen was in mir vor ging, weshalb ich das tat.
,,Das war Emys Werk und ich bin bis heute froh drum", lächelt er in ihre Richtung.
Ich erfuhr an diesem Tag weshalb es dieser Song war, dieser Song gewidmet an ihre Großmutter, die große Liebe meines Vaters, die Frau die ich meine Mutter bezeichne, dieser Song für diese eine Person, ist ihr Lieblingssong.
,,Aber dein Vater hat Recht... wir waren schon Jahre zusammen und hab nie etwas über sie erfahren bis zu diesem Tag...", wendet sich nun Nicklas dazwischen.
,,Ich hatte das Gefühl es schuldig zu sein, ich bezeichne diese Frau als meine Mutter und meine eigene Familie wusste nicht wer diese Frau war, weil sie leider zu früh gehen musste...", erkläre ich etwas schämend.
Der Mann mit dem selben Ring wie ich an meinem Finger macht seine Hand auf meinen Kopf und küsst mich sanft auf dem Haaransatz.
,,Es war schön etwas über diese Frau zu hören die wir leider nie kennenlernen konnten, aber du warst es nie schuldig", sagt er leise in meinen Haaransatz hinein.
,,Ich trage ihren Namen an zweiter Stelle mit Stolz aber du warst nicht schuldig zu erzählen wer sie war", erwidert nun auch meine Tochter und umarmt meine hüfte.
Ich lege meine Hand auf ihren Rücken und blicke zu meinem Vater.
,,Wir müssen jetzt zum Fußball training", erwidert Nicklas leise und schaut mich an.
Neben der Musik ist Fußball ebenfalls ihr zweites Leben.
,,Ich bleib noch hier", lässt mich ein komisches Gefühl nicht los, das ich nicht gehen sollte.
Nicklas nickt und gibt mir einen Kuss, verabschiedet sich von seinem Schwiegervater und flüstert ihm etwas ins Ohr, woraufhin er lächelt.
,,Wir sehen uns später", nehme ich das braunharrige Mädchen, welches mir sehr ähnlich aussieht, richtig in den Arm zur Verabschiedung.
,,Tschüss Opa... Ich hab dich lieb und du bist der beste Opa den man sich vorstellen kann, dazu mein großes Vorbild", nimmt sie ihn bei diesen Worten in den Arm und er lächelt.
,,Immer seinen Traum nach jagen egal wie schwer es manchmal sein kann", gibt er ihr einen Ratschlag, auf den sie mit einem lächelnden Nicken antwortet, bevor sie wirkend hinter der Tür verschwindet.
Er lächelt immer noch.
,,Sie ist so groß geworden, und so wunderschön, dir wie aus dem Gesicht geschnitten als du in ihrem Alter warst", erwidert er mit seinem Lächeln.
,,Ich hab sie das letzte mal gesehen als...", bleibt er mit seinen Worten stehen und sein Lächeln verblasst.
,,du die Diagnose bekommen hast...", beende ich mit zittriger Stimme seinen Satz.
Der Tag der Diagnose war für ihn fast genauso schlimm wie Mums tot. Was genau in ihm vorging weiß nur er, aber als er mir von seiner Diagnose erzählt hatte zerbrach das zweite mal eine Welt für mich.
„Dieser Tag war für alle...", pausiert er wieder seinen Satz.
„Nicht leicht...", beende ich wieder seinen angefangen Satz.
Obwohl die Diagnose ein Jahr her ist, fühlt es sich an als sei es erst gestern gewesen. Jeder Gedanke, der mir durch den Kopf ging sitzt immer noch.
„Deine Reaktion anzusehen war schlimmer als die Diagnose selbst...", erwidert mein Vater einen Satz mal wieder komplett.
Ja meine Reaktion... ich fühle mich immer noch so hilflos wie vor einem Jahr. Ich fühle mich nicht nur hilflos ich bin es auch, es kann nichts mehr getan werden als zu warten bis es vorbei ist. Auf der einen Seite hoffe ich für meinen Vater das es bald vorbei ist, weil ich sehe wie er leidet. Auf der anderen Seite bin ich egoistisch und will meinen Vater nicht verlieren, weshalb es nicht so bald sein soll.
„Es waren auch die schlimmsten Worte die du jemals mir gegenüber ausgesprochen hast...", erwidere ich und kämpfe mit den Tränen.
Dieser Tag sitzt, er sitzt in mir tief verankert.
„Es waren auch die schlimmsten Worte die ich nach dem tot deiner Mutter gehört hatte...", nimmt er mir dieses Gefühl was ich nicht erklären kann.
„Ich bin bald bei ihr...", flüstert er, ich höre es trotzdem als hätte er es laut ausgesprochen.
Wieder dieses Gefühl von dem es ist gut nicht gegangen zu sein, das es falsch gewesen währe. Auf die Aussage meines Vater gebe ich kein Kommentar, mein Gefühl sagt mir er wollte nicht das ich diese Worte höre.
„Nichts war schlimmer als die Worte „stellt sie ab" zu sagen...", höre ich wieder das schuldbewusste in seiner Stimme.
Ich habe diese Worte zwar nicht gehört aber ich weiß genau das es die schlimmsten Worte waren die er jemals sagte. Für ihn war nicht mal die Diagnose so schlimm wie der tot meiner Mutter. Die Diagnose besetzt nur den zweiten Platz.

Adoptierte Wellenbrink Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt