Kapitel 11

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Benjamin

Friedlich schlafe ich hier, drücke das Kissen mehr an meine Brust und schnarche gemütlich vor mich hin. Doch auf einmal batscht eine Hand in mein Gesicht und unzufrieden drehe ich mich auf die andere Seite. "Wilhelm, wach auf"

Wieso stört mich immer jemand beim Schlafen, wenn ich einmal gut geschlafen habe?!

"Wieso?" Murre ich und lasse meine Augen geschlossen. "Wir müssen früh los. Zum fest sind es sooo viele Schritte!" Ich setze mich langsam auf, fahre mir durch meine zerzausten Haare und sehe, wie er seine Arme so weit auseinander streckt, wie möglich.

Süß.

Ich lächel und streichel durch sein Haar. "Ich stehe schon auf"

Breit grinsend hüpft er dann weg und ich stehe auf, ehe ich mir meine Kleidungsstücke anziehe und gehe mein Gesicht etwas waschen. Danach gehe ich dann runter. "Wo wollen wir eigentlich hin?" Frage ich interessiert, als ich sehe, dass Mutter einen selbst geflochtenen Weidenkorb in der Hand hält und einen Krug. "Wir besuchen heute das königliche Fest. Da wir aushelfen, wie andere Bauerfamilien, müssen wir uns jetzt schon auf dem Weg machen, um rechtzeitig anzukommen" erklärt Vater und ich nicke erfreut.

Ich wollte schon immer bei sowas zuschauen. Es klang in den Geschichtsstunden immer so spannend.

"Hier Mutter, lass mich dir das Abnehmen" sage ich und nehme ihr den Korb aus der Hand. "Danke Wilhelm" bedankt sie sich lächelnd und ich erwidere nur ein Schmunzeln. Gemeinsam gehen wir dann im Morgengrauen los. Neugierig schaue ich mir die Landschaft ganz genau an und versuche mir jedes Detail einzuprägen. Die Sonne taucht hinter den Bäumen immer weiter auf. Der Himmel gewinnt immer mehr an hellblauer Farbe und die Sterne verblassen immer mehr. Es ist keine einzige Wolke am Himmel zu sehen und die Blätter der Bäume bilden schöne Blätterdächer, wodurch wir ein wenig durch die Wärme der Sommersonne geschützt sind.

"Wann sind wir da?" Frage ich und schaue mich gebannt um, ob schon etwas zu sehen ist. "Wir haben noch ein wenig Fußmarsch. Du musst dich noch ein wenig gedulden" erwidert Mutter und frustriert stöhne ich auf.

Wir gehen schon seit gefühlten Stunden und wir sind immer noch nicht da. Wie lange müssen wir denn bitte noch gehen? Ich will endlich Zacharias sehen. Langsam bekomme ich immer mehr Sehnsucht nach ihm, das wird schon irgendwie unbehaglich. Ich will endlich kennenlernen, wie so ein fest ist. Herausfinden, ob es wirklich manchmal so brutal zugeht, wie im Geschichtsunterricht gesponnen wird.

Nach weiteren gefühlten Stunden seufze ich immer wieder. "Meine Füße tun so weh" Jammer ich und die Frau brummt. "Du stellst dich schlimmer als dein Bruder an. Außerdem sind wir schon fast da. Die Fahnen sind schon zu sehen." Sofort schaue ich mich um und tatsächlich. Zwei Fahnen auf zwei Türmen sind zu sehen.

Die Fahnen sind in einem dunklen blau und da drauf ist ein weißer Adler mit sechs Sternen um ihn herum. Sofort spüre ich, wie ich aufgeregt werde und drücke den Korb an mich. Leise lacht Vater und Joakim zappelt herum. "Ich möchte Pferde streicheln!", "Wir haben erstmal anderes zu tun" erwidert Vater und ich kann mich auf nichts anderes mehr konzentrieren, als auf dieses Fest. "Okay. Ihr verhaltet euch angemessen und respektvoll. Ihr rennt nicht einfach herum und bleibt stets in unserer Nähe. Verstanden?", sagt uns unsere Mutter und wir nicken sofort. "Verstanden"

Je näher wir dem Platz kommen, desto lauter werden die unterschiedlichen Stimmen und der Duft von Bier und Gebäck verbreitet sich in der Luft und ich lächel breit. Diese Gerüche sind einfach zauberhaft. Okay, Bier nicht aber Gebäck. "Okay, unser Platz müsste hier irgendwo sein" murmelt die alte Frau und ich sehe mich um. Überall gehen Menschen mit qualitiv hochwertiger Kleidung und wohlgepflegt.

Ok. Ich hasse sie allein bei den Blicken, die sie den Bauern zuwerfen.

"Ah schaut! Da ist der König mit seiner Geliebten" ruft Joakim auf einmal und ich sehe mich gespannt um, suche nach Zacharias und höre den letzten Teil von Joakims Satz schon nicht mehr, da mein Herz aufgeregt in meiner Brust pocht und mich fast schon taub werden lässt. Unsere Blicke treffen sich und ich lächel ihn an, doch wandert mein Blick neben ihm, eine Frau sitzt da mit einem selbstsicheren Grinsen, ein wunderschönes lila Kleid und auf ihrem Kopf ruht eine kleine Krone. Wer ist das?

"Wilhelm, verbeuge dich!" Zischt Mutter, während sie sich mit Vater und Joakim verbeugt. Zacharias und die Frau gehen durch die Menge und ich kann meinen Blick einfach nicht lösen. Und plötzlich kommen mir die Worte von Joakim in den Sinn, hallen immer wieder laut in meinem Kopf und betäuben mein Inneres. 

'Da ist der König mit seiner Geliebten'

Geliebten.

Geliebten.

Geliebten.

Ich spüre die Tränen und die Enttäuschung in mir aufsteigen, während die negativen Gedanken die guten verscheuchen. Er hatte von Anfang an eine Person an seiner Seite gehabt und ich war so dumm und habe es zugelassen für ihn zu fallen. Von Anfang an habe ich mich lächerlich gemacht, habe mit ihm ein klein wenig geflirtet, wobei es in seinem Herzen schon jemanden gibt. Oh wie lächerlich ich doch bin. Es hätte mir klar sein müssen. Könige sind nie allein. 

"Wilhelm!" Doch ich drehe mich um, als sie regelrecht auf uns zukommen und renne so schnell ich kann von dem Platz weg. "WILHELM!", rufen mir meine Eltern hinterher, doch laufe ich weiter.  Ich rempel zwar einige Leute an, doch ist es mir in diesem Moment egal.

Geschickt schlinge ich mich durch die Menge und dann habe ich das Ende endlich erreicht. Ich drücke mich aus der Menschenmasse und laufe den Weg zurück, den wir gekommen sind.

Verdammt. Ich hätte es ahnen müssen und da habe ich ihm noch meinen ersten Kuss geschenkt, und er hat eine verdammte Geliebte.

Wieso hat er dann noch mitgemacht? Wieso hat er mich nicht von sich gestoßen oder angebrüllt, dass er bereits vergeben ist und was mir denn einfiele solch einen Wunsch zu äußern? Wieso musste er bloß meine Hoffnungen erhöhen?

Fuck tut das weh.

Irgendwann bleibe ich erschöpft stehen und lehne mich gegen den Baum. Ich atme tief ein und aus, schließe meine Augen und versuche mich irgendwie zu sammeln und zu beruhigen. 

Zacharias ist der König dieses Landes. Er hat eine Frau an seiner Seite. Obwohl wir uns so nahe gekommen sind. Aber für ihn war es bestimmt ein Spaß, einen Bauern so zu verarschen.

Habe ich Recht? Obwohl, wer weiß, ob es gespielt war. Wer weiß, ob es nicht vielleicht doch echt war? Nein, ich darf so nicht denken. Er hat einen Grund, wieso er sie vor mir versteckt gehalten und mir bewusst nichts erzählt hat. Was für ein Grund es auch ist, ich will ihn nicht hören.  Aber was ich weiß, ist, dass ich nie wieder auch nur in die Nähe des Sees oder von Zacharias gehen werde.

Oder ich lasse ihn erklären. Erklären, wieso er verdammt nochmal nichts gesagt hat. Erklären, wieso er verdammt nochmal den Kuss erwidert hat. Oder wäre das dumm? 

Aber naja. Auf das Fest zurück gehen werde ich nicht mehr.

Das kann ich nicht.

The King's possession *PAUSIERT*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt