FÜNF

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In der Spiegelung der Pfütze sah ich, dass meine Lippen mittlerweile blau anliefen. Es waren bestimmt einige Stunden vergangen seitdem ich hier saß und dem Regen dabei zuhörte wie er zu Boden fiel. Doch ich fühlte mich wohl, denn hier war ich der Vergangenheit näher als ich es jemals sein würde. Hier war ich meinem alten Zuhause nicht weit entfernt. Billy und ich verbrachten so gut wie jeden einzelnen Tag im Trailer seiner Mutter. Die Bilder fachten in mir auf und Erinnerungen liefen vor meinen Augen ab, die so weit entfernt schienen. Der kalte Regen vermischte sich mit meinen warmen Tränen als ich plötzlich langsame Schritte auf dem matschigen Boden hörte.

„Nova..."

Langsam sah ich auf und blinzelte den Regen von meinen Wimpern. Ich erkannte einen großen Mann vor mir stehen, dunkle Haare die sich bereits nass an sein markantes Gesicht klebten. Das Hellfire Club Tshirt klebte an den Konturen seiner Muskeln und auch der Rest seiner Klamotten war bereits vollkommen durchnässt. Eddie kniete sich vor mir auf den Boden und sah mich traurig an.

„Was tust du hier?"
„Ich weiß es nicht."

Eddie legte seinen Kopf schief.

„Billy, er... er wohnte hier um die Ecke."

Seine Gesichtszüge wurden weicher und ich sah ihm die Besorgnis in den Augen an. Wir kannten uns nicht, oder nur kaum. Er war ein sehr guter Freund meiner Freunde, also konnte ich ihm vertrauen und er mir.

„Du musst frieren. Na komm, ich wärme dich ein bisschen auf."

Er legte mir seine schwere Lederjacke über die Schultern und half mir auf. Meine Klamotten klebten an mir wie eine zweite Haut als wir gemeinsam durch das ankommende Gewitter liefen.

„Ich wohne direkt dort unten."
„Auch in einem Trailer?"
„Er gehört meinem Onkel. Aber er ist nie da, also gehört er sozusagen mir."

Stolz grinste er auf mich herab als wir die Stufen hinauf liefen und er mir die Tür aufhielt. Eine angenehme Wärme strahlte mir entgegen als ich den Trailer betrat. Wir standen direkt im Wohnbereich und Eddie verschwand hastig im anliegenden Zimmer nachdem er die Tür hinter uns geschlossen hatte. Stille legte sich über den Raum, alles was man hörte war der prasselnde Regen. Ich atmete tief durch und sah mich um. Man erkannte, dass hier eindeutig ein junger Erwachsener alleine wohnte. Es war unordentlich, aber in einem angemessenen Rahmen. Die Wände waren beklebt mit Postern von verschiedenen Bands und überall lagen Kataloge von Gitarren und Notenblätter. Ich stand noch immer wie angewurzelt neben der Tür als mich ein lauter Donner zusammenzucken ließ. Noch immer waren es laute Geräusche die es mir eiskalt über den Rücken laufen ließen. Ich schrie kurz erschrocken auf und krallte meine Hände in den Saum meiner Jacke. Kaltes Wasser tropfte auf den Boden und saugte sich in den Teppich.

„Es ist alles gut, du bist hier sicher."

Eddie kam aus dem Zimmer geeilt und hielt einige Klamotten in der Hand. Unsicher kam er auf mich zu.

„Du kannst eine warme Dusche nehmen und dir trockene Klamotten anziehen, wenn du möchtest."

Ich blickte hinab auf das Hellfire Club Tshirt und schmunzelte.

„Trägst du auch andere Oberteile?"
„Vorzugsweise bleibe ich meinem Club treu aber ich habe auch einige Band Tshirts wenn dir eins davon lieber ist."

Ich nahm lachend den Stapel an Klamotten an mich.

„Ich gebe mich damit zufrieden."
„Die Tür rechts. Ich mache uns einen Kaffee. Oder lieber Tee?"
„Ein Schnaps würde es auch tun."

Er sah mich mit hochgezogener Augenbraue an als ich die Tür zum Bad öffnete.

„Aber ein Kaffee klingt auch gut."

Ich verschwand im Badezimmer und legte die Klamotten auf dem kleinen Schrank neben der Dusche ab. Ich hörte wie Eddie in einem Schrank voller klirrender Flaschen kramte bevor man das Aufsetzen des Kaffes hörte. Ich striff mir die nassen Klamotten vom Körper und legte sie in die Badewanne bevor ich unter die warme Dusche stieg. Die Wärme hüllte mich ein und ich spürte wie sich mein Kopf und mein Körper entspannte. Der Dampf vernebelte mir die Sicht und ich sah mich nach einem Shampoo um. Nach einem nassen Hund und Schlamm wollte ich nicht mehr riechen. Doch alles was ich fand war für Männer. So konnte ich mir sicher sein, dass sich hier kein Mädchen befand. Ich nahm Eddies Shampoo und verteilte es in meinen Haaren. Der Schaum lief an meinem Körper hinab als ich es abwusch. Der bekannte herbe Duft hüllte sich um mich. Ich mochte diesen Duft. Er erinnerte mich erneut an den Wald, frisches Gras, frische Blumen, morsches Holz und die Sonne auf meiner Haut. Der Duft erinnerte mich an alte Zeiten. Glücke Zeiten. Sofort schüttelte ich die dunklen Gedanken von mir und stieg aus der Dusche. Das Gewitter wurde stärker und ich fühlte mich ängstlich und alleine. Doch zum ersten Mal seit Monaten, war ich das nicht. Ich hörte wie Eddie weiterhin in der Küche hantierte und nur wenig später etwas schweres über den Boden schliff. Ich wischte den Beschlag vom Spiegel und sah mich an. Ich sah meine Spuren an, die Spuren meiner Einsamkeit und fragte ob sie jemals verschwinden würden.

HELLFIRE || Eddie Munson FanfiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt