Kapitel 56

2.6K 111 19
                                    

Das gute an Zac war, dass er sich im Schlaf fast immer wegdrehte. So auch diese Nacht. Der Mann schlief schon seit einiger Zeit und mein Blick hing nur auf der Uhr. Manchmal döste ich ein, doch ich war schnell wieder wach und erkundete mich, wie spät es war. Dann war es soweit. Ich ging auf Toilette, legte mich wieder ins Bett und wartete. Mein Herz schien mir aus der Brust springen zu wollen. Es war ein Wunder, dass er das nervöse Pochen nicht hören konnte. Meine Handflächen schwitzten und ich rieb sie am Bettlaken ab. Doch der Mann schlief. Tief und fest, aber erst, als ich mir zu hundert Prozent sicher war, stand ich leise auf, holte ein Paar Strümpfe, was gar nicht so leicht war, wenn man nichts sah und leise sein musste. Kurz erstarren ich, als Zac sich im Bett drehte. Tun tat sich aber nichts mehr. Er schlief. Er schlief doch oder? Ja, er musste einfach schlafen.

Mit den Socken in der Hand machte ich mich leise auf den weg zur Zimmertür. Erleichtert atmete ich aus, als die Tür hinter mir ins Schloss klickte und schlich mich nach unten. Klara und Luise hatten sich schon eingepackt. Sie hatten die dreckigen Anziehsachen der Jungs angezogen, was deutlich unauffälliger war, als ihre Kleidung aus den Zimmern zu holen. Ich gab Ihnen noch die Socken, wodurch sie zwei paar anhatten. Ich zog die Kleidung und das zweite Paar, schmutzige Socken an und dann ging es los. Jeder Schritt sorgte für ein schneller pochendes Herz. Wir versuchten die Haustür zu öffnen, doch keine Chance. Diese wahr logischerweise abgeschlossen. Doch in diesen Haus gab es mehrere Ausgänge. Wir machten uns also auf den Weg zu der Garage. Keiner von uns konnte fahren, sonst hätten wir und wohl ein Auto genommen. Doch bevor wir losgefahren wären, hätte man uns bestimmt schon gehört und wären wahrscheinlich auch zu laut gewesen. Wir öffneten leise das Garagentor, wobei wir nur so viel öffneten, wie es nötig war. Das Tor war zwar leise, doch in dieser stillen Dunkelheit kam es einen viel zu Laut vor. Wir grochen unter dem Tor durch und dann war sie da. Die frische Luft war wie eine kleine Warnung, welche wir ignorierten. Es war Stockfinster und mir wurde übel, so nervös war ich. Wir gingen alle die Einfahrt hinunter, versteckten uns hinter den ersten Bäumen um zu sehen, ob jemand gefolgt war. Doch im Haus blieb alles gleich, nichts passierte und so begann unser Fußmarsch durchs feuchte Unterholz. Anfangs blieben wir noch in der Nähe der Straße, doch als sie Kurfen schlug, liefen wir einfach weiter geradeaus, hauptsache wir kamen von diesen Berg hinunter.

"Wir hätten Taschenlampen suchen sollen." Fluchte Luise, als sie wieder über etwas stolperte.

"Bei der Dunkelheit ist man damit doch nur ein gefundenes Fressen. Die bemerken uns bevor wir sie bemerken." Meinte Klara nur.

"Dann hoffen wir darauf, dass es bald hell wird."

"In einer Stunde sollten wir vier Kilometer schaffen. Bis zum Sonnenaufgang sind es noch gut vier Stunden. Also sollten wir 16km zurücklegen. Mit Glück merken sie erst nach dem Aufwachen, dass wir weg sind." Meinte ich.

"Logan ist meistens am frühstens wach. Also hoffen wir, dass wir 20 km zurücklegen, bis sie uns suchen gehen." Gab Klara noch dazu.

"Klingt nach einen guten Vorsprung." Murrte Luise nur.

Ich lächelte leicht aufmunternd, was die anderen aber nicht sahen. Um uns nicht zu verlieren hatten wir uns alle an der Hand gehalten und bildeten somit eine Kette, wobei unsere Hände von den Pollovern bedeckt wurden. Wie lange wir so liefen wusste ich nicht, noch immer war es dunkel und meine Füße taten weh. Meine Beine schienen nicht zu wollen. Ich bin in der letzten Zeit kaum gelaufen. Ich wurde immer getragen und damit verstand ich auch, was die Jungs damit verursachen wollten. Ein Mensch, der kaum noch seine Muskulatur beansprucht, hatte Schwierigkeiten zu fliehen. Doch ich war nicht lange bei ihnen gewesen, ich funktionierte und wenn wir es schafften zu fliehen, Zivilisation zu finden, dann würden wir sie nie wieder sehen. Das schwor ich mir und falls doch, jag ich ihnen eine Kugel in den Kopf.

Wir wagten es nicht eine Pause zu machen, aus Angst, dass wir dann nicht mehr weiter gehen konnten. Die beiden hatten kleine Flaschen mit Wasser gefüllt, welche aber auch  sehr sparsam verwendet wurden. Luise hatte mir im laufen einen Apfel in die Hand gedrückt. Jeder hatte einen Apfel und eine Wasserflasche. Alles lief gut, bis ich über meine letzte Flucht nachdachte. Wir hatten es fast geschafft. Der Himmel war schon recht hell und die Sonne würde mit ihren Körper wohl bald den Horizont erreichen. Wir waren auf einen guten Weg.

"Wir trennen uns." Entschied ich.

Die beiden blieben stehen und sahen mich verwirrt an. Unsere Füße taten weh, doch ich wank sie zu mir, damit wir weitergehen würden. Jeder Meter zählt.

"Ich bin gechippt wurden. Denke ich. Oder der Chip war in der Fußfessel, die ich trug, als ich das letzte Mal draußen war. Wir können es nicht riskieren. Gehen wir vom schlimmsten aus und sie verfolgen uns schon und unsere Rute. Ich gehe weiter hier entlang, ihr geht wo anders lang, sodass wir uns nach und nach voneinander entfernen." Schlug ich vor.

"Vergiss es, wir bleiben zusammen." Beschloss Klara sofort.

"Damit man uns alle bekommt? Wenn ihr es schafft jemanden zu finden, vertrau ich darauf, dass ihr mich dann rausholt. Ich werde das gleiche tun. Wenn wir es alle schaffen in Sicherheit zu kommen, werden wir es früher oder später wissen. Spätestens auf der Polizeistation. Aber wenn wir alle gefasst werden, nur weil wir uns nicht trennen wollen? Wer holt uns dann raus?" Fragte ich.

Sie waren still, sie wussten, wer recht hatte, doch sie wollten es nicht wahr haben. Doch wir trennten uns mit einer flüchtigen Umarmung. Klara hielt mir ein Messer hin, doch ich ließ es bei ihnen. Es war naiv. Doch ich glaubte nicht, dass die Jungs mich umbringen würden. Es war ein komisches Vertrauen, dass ich nicht mal wirklich nachweisen konnte.

Wir liefen weiter und mit jeden Meter wurde der Abstand zu den anderen größer, bis ich sie nicht mehr sah. Meine Glieder schmerzten, ich war müde, hatte Hunger und mir war kalt. Doch ich wagte es nicht eine Pause zu machen.

Geisel - kein EntkommenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt