Kapitel 74

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Die Peitsche begrüßte mich am dritten Tag, am vierten ein Gürtel, am fünften verabschiedete ich mich von drei Fingernägeln und am sechsten...am sechsten konnte ich sie.

Alle. Alle 15 Regeln. Ohne Fehler. Ich prappelte sie im halbschlaf runter, wenn Aiden den Raum betrat und auch manchmal, wenn ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Einmal war Kyle gekommen, am Ende des 5. Tages, er hat alle Wunden behandelt. Vielleicht war es auch nicht der fünfte Tag gewesen. Vielleicht war das hier nicht mein siebten Tag. An den Bestrafungen machte ich die Tage fest. Es war anstrengend, jeder Tag kratzte an meinen Nerven, doch ich bekam Essen. Nicht viel, aber so, dass ich nicht sofort umkippen würde. Schlaf bekam ich kaum, eigentlich nur Bewusstlosigkeit. Mein Körper tat zu sehr weh, als das ich Schlaf abbekommen könnte.

Ich sah ihn nicht an, hielt meinen Blick gesenkt. Ich konnte mich kaum rühren, selbst aufzustehen war eine Qual, um zu laufen fehlte mir die Kraft. Ein paar Schritte gingen, doch das wars. Seine warme Hand striff meine eiskalte Haut, als er die Kette am Halsband entfernte. Ich wollte aufstehen, um ihn zu folgen, doch ich kam nicht hoch. Er sah es sich an, sah zu, wie ich es wirklich probierte, doch es brachte nichts.

Nein. Nein. Nein. Nein! Ich musste mich bewegen! Ich musste aufstehen. Bitte. Ich will ihn nicht verärgern. Ich darf nicht. Mehr halt ich nicht aus, bitte. Körper tu doch einfach, was ich will. Tränen stiegen mir vor Verzweiflung in die Augen. Der Volltättoowierte hob mich im Brautstil hoch. Ich weinte, stellte mir das nächste Horrorszenario vor, welches er sich über die Nacht bestimmt hat einfallen lassen. Ich weinte vor Verzweiflung, weil ich nicht wusste, wie lange es noch weiter gehen sollte.

Wenn ich alleine war, hatte ich oft gehofft, dass er mich ausversehen tötet, damit das hier vorbei war, doch es brachte nichts. Sobald er mich bestrafte, siegte der Wille des Überlebens, der Instink leben zu wollen und dann betete ich immer, dass er mich nicht umbringt.

Aiden ging mit mir in den Armen nach oben. Mein Herzschlag schien kurz auszusetzen, als die warme Luft an meine Haut kam. Ich war total verspannt, auch als er mit mir ins Badezimmer ging und mich auf den Badewannenrand absetzte. Der Volltättoowierte nahm sich eine Bürste und kämmte mir vorsichtig die Haare durch, welche an einigen Stellen verfilzt und total verknotet waren. Er murrte etwas unverständliches und verließ das Badezimmer. Als er wiederkam, hatte er eine Schere in der Hand. Verunsichert sah ich zu ihn hoch. Er fing an mir die Haare zu schneiden. Sie verdeckten meine Brust immer wunderbar, doch sollten gut 15cm darunter leiden. Ich hatte schlimmeres erlebt und trotzdem tat es mir im Herzen weh, als die Haare runter fielen. Er sammelte sie auf und ließ Wasser in die Wanne laufen, schmiss die Haare weg und ließ mich hineinsetzten. Ich kam mir sehr dünn vor, als wäre ich krank und nicht in der Lage gewesen zu essen.

Er war recht grob, als er mich wusch, nur beim rasieren war er vorsichtig gewesen. Bevor er meine Haare föhnte, legte er seine Hand um meinen Hals. Ich schloss meine Augen. Die Regel dazu hatte er mir schon vor längeren erklärt, doch er machte es so selten, dass ich mich nicht daran gewöhnte. Trotzdem blieb ich ruhig, auch als er anfing mich zu würgen, als ich nach Luft schnappen wollte und keine bekam. Mein Herz pochte gegen meine Brust und mein Kopf fing an wehzutun. Doch ich regte mich keinen Zentimeter. Er ließ locker, strich leicht lobend über meinen Hals, wärend ich meine Lunge mit Luft füllte. Zufrieden nahm er den Föhn und im Anschluss bekam ich Unterwäsche und ein Halsband. Es war weiß, hatte einen goldenen Ring und einen goldenen Verschluss, den ich nicht von alleine aufbekommen würde.

Nehme dein Halsband nie ab. Es war einer der Regeln gewesen. Doch wie es schien, wäre ich nicht mal dazu in der Lage. Mein Blick war die ganze Zeit am Boden geblieben, doch nun drückte Aiden mein Kinn nach oben.

"Was machst du, wenn man dich küsst?"

"Erwiedern." Antwortete ich leise.

Meine Stimme war kratzig, mein Hals trocken. Zufrieden legte er seine Lippen auf meine. Das war...das war richtig. Ich dürfte nicht einmal daran denken, dass das hier falsch wäre. Es war richtig so, wenn er es so wollte, dann musste es richtig sein. Ich genoss es. Genoss die zärtliche Art, die ich so vermisst hatte.

In der Küche trafen wir auf Logan, welcher irgendetwas kochte. Die anderen waren unterwegs. Etwas hilflos stand ich da, wusste nicht, wie ich ihn gegenüber auftreten sollte. Aber scheinbar war ich ihn nicht wichtig genug. Er beachtete mich kein bisschen. Etwas brach in mir. Aiden hatte mir immer wieder versichert, wie wichtig ich ihnem doch sei und wie sehr sie sich freuten, wenn ich endlich meinen Platz annehmen würde. Aber hier war ich und es fühlte sich so falsch an. Aber nein. Ich...Gott ich hatte Angst. Ich hatte Angst vor allem, vor Fehlverhalten, vor ihnen. Wichtig? Wie wichtig könnte ich ihnen sein?

Still setzte ich mich an den Eingang der Küche, nicht wissend, was ich als nächstes machen sollte. Aiden entwich ein abfälliger Ton und ich korrigierte meine Haltung. Ich zitterte, obwohl es hier oben deutlich wärmer war. Ich traute mir nichts zu und immer wenn Aiden oder einer der anderen in den Keller kamen, war ich total angespannt und bereitete mich aufs schlimmste vor.

Wo war die Strafe für heute? War es vorbei? Musste ich nicht mehr in den Keller? In meinen Kopf ratterte es, wärend die Leere mich zeitgleich erdrückte. Ich trauerte nicht, freute mich nicht, spürte keine Wut oder Lust, es war Angst, Angst welche mich komplett einnahm. Die Haustür öffnete sich, was mich zusammenzucken ließ.

Es kam Leben ins Haus, die erdrückend Ruhe wurde zunichte gemacht, als Zac und Kyle mit den Einkauf wiederkamen. Sie gingen an mir vorbei, als hätte sie mich nicht gesehen. Es war so, als wäre ich nicht da.

Als wäre ich nichts.

Geisel - kein EntkommenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt