Kapitel 75

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"Morgen sollte alles so weit sein, es gab keine Auffälligkeiten." Berichtete Zac.

Ich verstand nicht wirklich worum es ging, doch es schien kein bisschen legal zu sein. Ich kniete noch immer auf meinen Boden, den Blick auf meine Hände. Meine Knie taten schon weh und der Blick auf meine linke Hand ließ mir fast die Galle hochkommen. Kleiner-, Ring- und Mittelfinger waren ohne Nägel. Ich sollte vielleicht froh sein, dass es nur diese wurden, doch trotzdem hatte ich Probleme, wenn ich etwas anfassen wollte. Im Keller hatten sich die Wunden leicht entzündet.

"Was machen wir mit Lucy in der Zeit?" Wollte Logan wissen.

"Ich würd sie oben lassen." Gestand Aiden.

"Sicher?"

"Sie wird schon keine Probleme machen."

Als wäre ich ein Welpe, den man nicht alleine daheim lassen wollte. Eine halbe Stunde später gab es essen. Ich saß weiter auf den Boden, versuchte meinen knurrenden Magen zu verstecken. Die letzte Mahlzeit fühlte sich wie eine Ewigkeit an.

"Setz dich." Forderte Aiden mich auf und zog den Stuhl neben sich nach hinten.

War das ein Trick? Ich sah zu den Männern, welche alle am Tisch saßen. Sofort rasten mir die Regeln durch den Kopf.

"Die Rege-"

"Willst du mir ernsthaft die Regeln erklären, die ich dir gegeben habe? Setzen!" Er erhob seine Stimme leicht, verleihte ihr Nachdruck.

Ich stand zitternd auf und setzte mich zögerlich neben ihn. Auf den Teller vor mir war essen, doch ich wagte es nicht, es anzurühren. Oft genug hatte mein Peiniger mir gezeigt, wann ich essen durfte und so fingen alle an. Ich spürte Aidens Blick auf mir, als würde er aufpassen, dass ich nichts essen würde.

"Du darfst."

Die anderen waren alle schon fast fertig oder nahmen sich ihre zweite Pertion. Ich griff zum Besteck, wobei ich mit der linken Hand vorsichtig war. So gern ich alles essen würde, konnte ich es nicht. Ich konnte nicht essen, da ich diese Mengen nicht mehr gewohnt war war. Doch ich brauchte mich nicht zu erklären, brauchte mich nicht zu entschuldigen. Sie nahmen es einfach hin und waren zufrieden, dass ich etwas runterbekam.

Nach dem Essen nahm Kyle mich mit hoch und versorgte alle meine Wunden. Ich war nackt, nur die Verbände verdeckten jetzt noch meinen Körper, dann ging es wieder runter. Statt auf die Couch, in eine Ecke, wieder angekettet, doch statt auf kalten Steinen saß ich auf einen weichen Teppich, hatte mich an die Wand gelehnt. Es war so, als wäre ich nicht da. Es interessierte sie kein Stück. Das hier war mein wahrer Platz. Von Anfang an. Sie hatten es nur hinausgezögert, hatten wohl kein Bock auf die Arbeit. Doch jetzt hatten sie es einmal gemacht, wozu jetzt noch so tun, als wäre ich wirklich wichtig. Ich fühlte mich so ausgeschlossen, als wäre ich kein Teil von ihnen mehr. Doch es war nicht vorbei. Nie wurde erwähnt, dass die Strafe vorbei wäre. Ich zitterte bei den Gedanken. Vor lauter Verzweiflung bemerkte ich gar nicht, wie ich meinen Kopf immer wieder gegen die Wand schlug, merkte nicht, wie es still wurde. Auch nicht, als der Volltättoowierte aufgestanden war und seine Hand zwischen meinen Kopf und die Wand legte. Ich war wie in Tance.

"Seit wann macht sie das?" Wollte jemand wissen.

"Seit zwei Tagen." Antwortete ein anderer.

Langsam fing Aiden an meinen Kopf immer mehr abzufangen, sodass ich ihn nicht mehr gegen etwas schlug. Eine Träne lief über meine Wange, welche er wegwischte. Er ließ meinen Kopf los und beobachtete mich noch kurz, doch ich saß einfach nur da.

Sie gingen, langsam, der Reihe nach, bis ich alleine im dunklen saß. Ich versuchte zu schlafen, doch ich bekam kein Auge zu. Als ich Schritte hörte, zuckte ich zusammen. Logan kam, schaltete das Licht an und kam auf mich zu. Ich sah ihn an, richtete mich auf und kniete mich ordentlich vor ihn hin. Ein stolzes Lächeln breitete sich auf seine Lippen aus.

"Aiden ist zwar dagegen, also bleibt das unser kleines Geheimnis." Er setzte sich vor mich hin und gab mir Schmerztabletten.

Doch ich nahm sie nicht entgegen, erst als er mir die Erlaubnis gab. Das Wasser fühlte sich gut im Hals an. Ich hatte sowieso zu wenig getrunken.

Logan beobachtete mich in Ruhe.

"Hasst du uns?" Fragte er plötzlich.

Was? Hassen? Ich sie? Wieso? Ich meine. Ich muss. Ich muss antworten. Brauch nicht zu lange. Ich darf nicht zu lange brauchen, darf nicht zögern. Test, das hier war doch ein Test oder?

"Ich gehöre euch." Antwortete ich total überfordert.

Wem gehörst du? Wer gibt der Schutz? Solche Fragen hatte Aidem gestellt. Doch nie, ob ich sie hassen würde.

"Aber hasst du uns?"

Ich schüttelte darauf den Kopf, antworte genau das gleiche wie vorher. Fehler...ich durfte mir keine Fehler erlauben. Doch auf die Frage hatte ich keine Antwort. Ich antwortete nicht ehrlich, weil ich es selbst nicht wusste. Ich durfte nichts falsch machen, doch hatte keine richtige Antwort. Als Logan den Kopf schüttelt und nochmal fragt, fing ich verzweifelt an zu weinen. Ich kann darauf nicht antworten.

Bitte. Ich weiß es nicht. Mit einen Seufzen erhob er sich und ging.

"Ich gehöre euch." Immer wieder prappelte ich es vor mich hin.

"Ich gehöre euch."

Ich gehöre euch. Euch. Ich bin hier in Sicherheit, ihr gebt mit Schutz und alles was ich brauche. Eine Woche war vergangen, doch diese Woche hatte mich zerstört.

Geisel - kein EntkommenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt