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Nemesis
Ich hatte mir die Umgebung um den Götterschlund angeschaut, hatte aber nichts als tote Erde gefunden und ein beklemmendes Gefühl, das immer drückender wurde, je länger ich hier war. Aber als Krisha mit den Zwillingen hoch kam, war ich längst wieder versteckt.

Interessiert sah ich dabei zu, wie der Mann ein Tier auf den Schultern trug, das aussah, wie eine riesige Schlange mit Beinen. Oder doch eher Krokodil?

Er hielt das dunkel-violette Ungetüm an Vorder- und Hinterbeinen fest. Sein langer Schwanz mit einer Keule aus Stacheln am Ende schleifte über den Boden und hinterließ eine feuchte Spur, was ich als Gift vermutete.
Der reptilienartige Kopf mit kurzen, spitzen Ohren schlug mit jedem Schritt gegen die Schulter des Mannes. Eine gespaltene Zunge schaute aus seinem Maul mit spitzen Zähnen hervor.

Mit sicherem Abstand verfolgte ich sie, wie sie an mir vorbeigingen und heftete mich auch auf dem Rückweg wieder an ihre Fersen.

Sie schleppten das Tier zu dem Keller, dann fiel die Tür für mich zu.
Da es für mich erstmal nichts zu sehen gab, kehrte ich frühen Mittags zum Gasthaus zurück.

Als Nächstes schaute ich nach meinem Pferd. Es war in einer Scheune eines Bauern untergebracht, der mich skeptisch musterte, als ich es mit Möhren fütterte, die ich ihm abgekauft hatte. Zu einem viel zu hohen Preis, aber ich konnte die Menschen hier verstehen.

Es drängte mich nicht, allzu lange in dem heruntergekommen Gasthaus zu bleiben, also trieb ich mich in den Straßen rum und wartete bis der Nachmittagsmarkt wieder aufmachte.

Krisha fand ich an ihrem üblichen Stand. Diesmal alleine.
Es war eine gute Gelegenheit, also trat ich näher und musterte die Ware mit gespieltem Interesse.
Sie hatten das Reptil von heute Morgen gehäutet und sein rosiges Fleisch gewürfelt, sodass man sich säckchenweise was holen konnte. Daneben lagen noch Reste von gestern.

Krisha musterte mich aus wachen Mandelaugen.
„Du bist nicht von hier", stellte sie sofort fest.
Für eine so harte Frau hatte sie eine erstaunlich ruhige Stimme.

Ich stritt es nicht ab und ließ meine Augen eine Weile auf einem Stück ruhen, ehe ich aufsah und ihrem Blick begegnete.
„Stimmt. Ich bin auf der Durchreise."
„Was führt dich gerade hier her? Nach Gottend?"
Schulterzuckend antwortete ich: „Ein Auftrag."

Ihre Augen ruhten auf meinem Schwert, das von meinem Mantel nur teilweise verborgen wurde. Außerdem konnte man unter dem Stoff trotzdem meine Montur erahnen.

„Warum sollte sich jemand für den Tod einer der Unseren interessieren? Wir sind Niemande."
Ich lachte hell auf, um für sie etwas weniger tödlich zu wirken.
„Bei den Göttern, ich will doch niemanden umbringen!"

Ich war für Allstair in so viele Rollen geschlüpft, da viel es mir leicht, es wieder zu tun. Dann ersetzte ich meine sonst so kühle Miene mit lebhafteren Zügen.

Zur Betonung schlug ich meinen Mantel zurück und klopfte auf mein Schwert.
„Ich bin einfach vorsichtig, wenn ich mich in so eine Gegend bewege."
Zwar war ich mir nicht sicher, wie weit sie mir glaubte, aber sie wirkte weniger misstrauisch.

„Also, was darf es sein?", kam sie zum Geschäft.
Ich beugte mich ein wenig vor um das Fleisch genauer zu betrachten.
„Das Fleisch sieht seltsam aus. Was ist das?"
Sie lächelte. „Das ist aus dem Götterschlund."
Ich tat geschockt. „Aus dem Götterschlund?!"
Mit leicht aufgerissenen Augen sah ich auf die gesamte Ware. „Etwa alles?"

Jetzt grinste sie regelrecht. „Ja. Was anderes gibt es hier nicht. Der Krater verjagt jegliches Wild."
„Und dann begibst du dich da hinein? Allein?"
Sie winkte ab. „Ich habe Kollegen."

Nemesis - Kronen und GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt