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Nemesis
Geduckt und wachsam huschte ich über den Waldboden. Meine Füße traten federleicht auf und verursachten kein Gerräusch.

Krisha folgte mir, die Umgebung ebenso aufmerksam im Auge. Ihre Schritte waren kaum zu hören.

Es war später Nachmittag, man konnte den Wald noch genügend sehen. Und die Bäume standen hier, ein paar Kilometer vom Götterschlund, auch nicht so dicht und kräftig.
Was auch hieß, das wir uns nicht wirklich würden verstecken können.

„Schonmal einen Inifzierten gegenüber gestanden?", fragte ich leise über die Schulter und kniete mich auf den Waldboden hin. Halb hinter einem knorrigen Baumstamm.
Leises Rascheln verriet mir, dass Krisha sich ebenfalls hinkniete.
„In Leymalien hat sich die Seuche so weit ausgebreitet, dass es niemanden gibt, der das nicht hat."
„Aber du hast überlebt."
Sie lächelte bitter. „Ich hatte Glück."

Meine Augen huschten über den Waldboden und zu den Bäumen um uns herum. Kein Rascheln, kein Vögelgesang. Stille.

„Wieso warten wir hier?", flüsterte Krisha leise.
Wortlos nickte ich zu den Blättern neben uns. Jetzt erkannte auch sie die schwarze Flüssigkeit, die an ein paar von ihnen klebte.
Bewundernd verzog sie den Mund. „Und das hast du gesehen?"
Schulterzuckend richtete ich meine Sinne weiter auf die Umgebung.
„Wenn der Infizierte kommt, werde ich ihn angreifen und mich von ihm verletzen lassen. Ich werde alles unter Kontrolle haben, also misch dich nicht ein, verstanden?"
Sie kniff die Augen zusammen, nickte aber.

Wir verharrten schweigend für mehrere Minuten, dann hörte ich endlich das Rascheln von Schritten und es brach ein Infizierter aus dem kargen Gebüsch.
Es war ein Mann. Das Stadium schon recht weit fortgeschritten, bemessen an dem stellenweise schwarzen Fleisch, dass zu faulen begann und das schwarze Blut, das aus Wunden tropfte. Er hatte lange, spitze Krallen, was einst Fingernägel gewesen waren und seine Augen zuckten manisch hin und her. Kleidung, die an einen Bauern erinnerte, hing in Fetzen von ihm herab.

Ich zog lautlos mein Schwert und kam hinter dem Baum hervor. Sofort schoss der Kopf des Mannes zu mir herum und er fletschte knurrend die spitzen Zähne. Ohne abzuwarten, stürzte er sich mit seiner übernatürlichen Schnelligkeit auf mich.

Doch nichts anderes hatte ich erwartet, sodass ich mich längst bewegt hatte, als er auf der Stelle landete, wo ich eben gestanden hatte.

Während er sich umdrehte, rannte ich nun meinerseits auf ihn zu. Er sollte mich verletzen, aber nur oberflächlich. Ich konnte keinen abgebissenen Arm oder Bein gebrauchen.

Fauchend rannte er mir entgegen, aber ich rutschte zwischen seinen Beinen durch, sprang von hinten auf seinen Rücken und drückte ihm die Luft ab.
Er fing an um sich zu schlagen, aber er kam nicht an mich ran. Seine Bewegungen wurden schwacher, bis er auf die Idee kam, sich nach hinten fallen zu lassen.

Prompt wurde ich unter ihm begraben, schwarzes Blut sickerte in meinen Kampfanzug und mir wurde jegliche Luft aus den Lungen gepresst.

Der Infizierte ging von mir runter, drehte sich um und wollte mir den Kopf abbeißen, aber ich rollte mich seitlich weg und seine Zähne bissen ins Gras.

Sofort war ich auf den Beinen, taumelte aber. Die Kopfschmerzen wurden wieder stärker und Schwindel bahnte sich an.

Ich zwang meine Sicht zu fokussieren, sah den Infizierten gerade noch kommen und konnte ausweichen. Wieder verlor ich fast das Gleichgewicht.
Anscheinend hatte die Nummer im Götterschlund mehr Energie gefordert, als erwartet.

Aber ich biss die Zähne zusammen, packte mein Schwert fester und parierte den nächsten Angriff, indem ich seine Hand abschlug. Jaulend sprang er zurück, aber seine Hand begann bereits nachzuwachsen.

Nemesis - Kronen und GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt