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Nemesis
Kaum hatte Naevan die Statue berührt, erwachte mein Sturm brüllend zum Leben. Zeitgleich glimmten seine Augen golden auf und Rauch kroch von den Rändern der Höhle auf die Statue zu.
Langsam türmte er sich um sie herum auf, die Temperatur sank merklich.

Die Flammen in den Schalen auf dem Boden schossen deckenhoch nach oben und so heiß, dass ich die Hitze auch paar Meter entfernt in der Mitte des Raumes deutlich spürte.
Reflexartig ging ich leicht in die Knie und hielt eine Hand an meinem Schwert, während ich alarmiert zu Naevan blickte.

Dieser richtete sich kerzengerade auf, ging von der Statue zurück und wartete unbeeindruckt von seiner Umgebung ab. Dabei ließ er die Statue nicht aus den Augen, aber das goldene Leuchten im ihnen war verschwunden.

Der Rauch waberte die Statue hoch, goldene Blitze zuckten zwischen den Schwaden und meine Härchen auf den Armen stellten sich auf.

Ich spürte Naevans Sturm, der regelrecht nach meinem riss. Aber ich spürte auch die schiere Magie, die sich in der Statue zentrierte, bis der Rauch mit einem Knall wieder in die Ecken schoss.

Instinktiv riss ich die Arme hoch, um mein Gesicht zu schützen, aber ich spürte der Rauch kaum.

Als ich sie wieder senkte, spannte sich jeder Muskel in meinem Körper an.
Denn vor mir stand Arnicus.

Er stand aufrecht auf dem Sockel, ein Ebenbild der Statue zuvor.
Sein schwarzes, seidenes Haar glänzte, wellte sich leicht und fiel ihm ein wenig in Stirn seines ebenen Gesichts. Doch die Züge waren ein wenig zu perfekt, um menschlich zu sein.
Genauso wies die Regungslosigkeit auf seine göttliche Existenz hin, als sein Blick durch die Höhle glitt, sich erst auf mich richtete und schließlich bei Naevan stehen blieb.

Dieser stand mindestens genauso reglos dem Gott gegenüber. Zwei Meter trennten die gleich großen Männer.

„Naevan", begrüßte Arnicus. In seiner Stimme schwang dieselbe rohe Macht mit, die auch von ihm ausging und mich am liebsten das Weite suchen ließ.
Aber ich ignorierte die schrillenden Alarmglocken und stellte mich neben Naevan. Meine Miene genauso kühl wie die des Hüters.

„Arnicus", erwiderte Naevan.
Eine Weile starrten sie sich einfach nur an, da beugte der Gott zu meiner Überraschung den Kopf.
„Du bist wohlauf."
„Du scheinbar auch", die Stimme des Hüters wurde unmerklich kälter, „Auch wenn du mir wegen den Gründen dafür eine Erklärung schuldest."

Die Haltung des Gottes wies nicht auf etwaiges Unwohlsein hin, als er leise seufzte.
„Was willst du wissen, mein Junge?"
Kurz warf er einen Blick zu mir, schien dann aber zu beschließen, dass ich im Moment nicht wichtig war.

Äußerlich war er ruhig, aber ich fühlte die kontrollierte Wut, die in Naevan brodelte.
Denn die gleiche Wut lag auch in mir und reagierte mit jeder Zelle meiner Körper auf seine.

„Wieso?", stieß er hervor, „Wieso erschaffst du die Infizierte? Wieso tust du genau das, was sie getan haben?"
Jetzt verzog Arnicus tatsächlich das Gesicht. Als er die Arme hinter den Rücken verschränkte, rasselten die Ketten, die seine weite, weiße Hose hielten.
„Du kennst doch unseren Deal."

„Der Deal lautete nicht dafür Energie zu nutzen, die einem nicht zusteht", brauste Naevan auf und schien keinerlei Angst zu haben, dem Gott einen respektlosen Ton entgegen zu schleudern.
„Du tust genau das, was wir bekämpfen wollten. Du nimmst dir Energie, die dir nicht gehört!"

Die Augen des Gottes wurden schmal.
„Was glaubst du, wie sollte ich meine Eltern besiegen? Wie sollte das geschehen? Indem ich bitte bitte sage und hoffe, dass sie verschwinden? Du konntest diese Welt vom Tempel aus von allen Seiten betrachten. Du solltest besser wissen als jeder andere, dass sie ihren Griff um die Menschen niemals loslassen würden."
„Natürlich hätte es Tote gegeben", fauchte Naevan und selbst ich wäre in dem Moment von ihm zurück getreten. Glücklicherweise galt der tödliche Blick nicht mir, sondern Arnicus.
„Aber du bist auf dem besten Wege damit, dieser Welt das gleiche zu tun wie sie!"
„So weit habe ich es nicht getrieben!"

Nemesis - Kronen und GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt