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Drystan
Ich schlug die Augen auf und brauchte ein paar Sekunden um wieder in meinem Körper anzukommen. Erst dann konnte ich das Gras unter mir spüren, den frischen Wind der leicht an meinem Hemd zerrte und Chara mir gegenüber.

„Willkommen zurück", sagte sie nur und stand auf um sich zu strecken.
Ich sagte erst nichts, sondern kam selber etwas wackelig auf die Beine. Meine Glieder fühlten sich noch etwas schwerfällig an, wie als würden sie nicht mir gehören.

Chara gab mir die Zeit, die ich brauchte, ehe sie fragte:
„Und?"

„Sie ist noch dabei", sagte ich langsam, „Und sie beeilt sich."
Die Prinzessin runzelte die Stirn, während ihr Nachtkleid um ihre Beine strich. Wir hatten es immer noch früh morgens, lange schien ich also nicht weg gewesen zu sein.
„Was ist los?"

Jetzt sah ich sie richtig an und seufzte.
„Ich weiß es nicht. Nemesis war irgendwie komisch."
„Wie, komisch?"
Ein Schulterzucken meinerseits.
„Kaum war ich erschienen, hat sie mich mit dem Schwert bedroht und... hat es mir letztendlich in den Bauch gerammt."
Chara riss die Augen auf. „Wie bitte?"
„Es ist nichts passier!", beeilte ich mich zu sagen, „Ich war ja nicht wirklich da, aber... wenn sie mich für echt hielt-"

Ich musste abbrechen, denn ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Wäre sie wirklich bereit mich umzubringen? Trotz der Freundschaft, die wir aufgebaut hatten?
Und für mich sogar mehr als das?

„Sie hat eine schwierige Mission und musste in den Götterschlund", erinnerte mich Chara, „Das zieht nicht spurlos an jemanden vorbei. Auch nicht an Nemesis."
Ich schwieg. Zwar hatte sie recht, aber ich hatte Riniahs Warnung im Kopf. Dass Nemesis vielleicht von Arnicus überzeugt...

Im selben Moment gab ich mir mental eine Ohrfeige. Nein. Nemesis würde mich nicht verraten, schließlich riskierte sie da draußen ihr Leben.

Chara setzte noch beruhigend nach: „Warte erst mal ab, was sie zu sagen hat, wenn sie wieder da ist."
Zusammen setzten wir uns in Bewegung, um zu den Zelten zurückzugehen.
„Was hoffentlich bald sein wird."

Wir steuerten durch die Zelte hindurch, die bereits zur Hälfte abgebaut waren. Wie von Vater befohlen, würden wir uns zurückziehen.
Was blieb uns auch für eine Wahl? Allstair hatte deutlich gemacht, dass er uns um Welten überlegen war.
Ich sah auf meine schwarze Hand, den Preis, den ich für zu viel Magie bezahlt hatte.
Nicht mal das hatte gereicht.

Wir bogen um die Ecke und knallten geradewegs mit Phyrros zusammen. Dieser ließ ein überraschtes Grunzen vernehmen und ein gelblicher Brief segelte zwischen uns zu Boden. Ich wollte mich gerade bücken, um ihn aufzuheben, da hatte Phyrros ihn bereits genommen und in seine braune Jacke gesteckt, die er wegen der morgendlichen Frische trug.

Während er sich abklopfte sah er uns genervt an: „Da seid ihr ja. Soll ich das Zelt etwa abbauen, bevor ihr euch umgezogen habt?"
Ich sah an meinen Schlafsachen hinunter, aber Chara wollte stattdessen wissen:
„Was ist das für ein Brief?"

Phyrros braune Augen glitten zu ihr.
„Ein Brief vom König. Ich wollte ihn zu den Generälen bringen."
Jetzt sah er wieder zu mir.
„Ihr solltet vermutlich auch anwesend sein also schlage ich vor, dass ihr euch schleunigst eure Rüstungen anzieht."

~•~

Paar Minuten später standen Chara und ich bei den Generälen draußen, deren Zelt bereits verstaut war. Tatsächlich war von unserem Lager mittlerweile nicht mehr viel übrig, bis auf ein paar weiße Zelte, die noch abgebaut und auf die Karren geladen werden mussten. Die meisten Soldaten hielten sich aufbruchsbereit bei ihren Pferden auf und sprachen leise miteinander. Immer noch hing eine gewisse Resignation in der Luft, nachdem so viele durch die Infizierten gestorben waren. So dankbar sie auch waren, dass sie noch lebten, so schuldig fühlten sie sich auch.

Nemesis - Kronen und GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt