Kapitel 2

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BLANE

"Mom! Blane hat meiner Puppe den Kopf abgerissen!" Ich verdrehte die Augen, als meine kleine Halbschwester Grace kreischend die Treppe nach unten rannte. Wie sehr mir diese kleine Kröte doch auf die Nerven ging! Sie war gerade mal acht Jahre alt und damit zehn Jahre jünger als ich, aber sie ging mir tierisch auf die Nerven. Mom hatte vor zehn Jahren diesen Idioten names Eric geheiratet, sodass wir mit ihm in ein großes Haus bei Dublin gezogen waren. Aber dann war die kleine Nervensäge zur Welt gekommen und während sie das perfekte kleine Engelchen war, war ich nur der verkommene Sohn. Als Grace jetzt also ins Wohnzimmer rannte, in dem meine Mutter gerade putzte, drehte sie sich sofort zu uns um und kniete sich dann zu ihrer Tochter, die sie natürlich wesentlich lieber als mich hatte. Ich wollte mich umdrehen und abhauen, bevor Mom etwas sagen konnte, aber sie hatte mich bereits entdeckt.
"Blane, hierher! Sofort!", befahl sie streng. Ich stöhnte genervt und verdrehte die Augen, bevor ich zu den beiden Furien ins Wohnzimmer ging. Meine Mutter hielt mir den Kopf von Graces Puppe und deren restlichen Körper hin. "Was soll das denn schon wieder? Wieso zerstörst du Gracies Puppe?"
"Das war meine Lieblingspuppe!", fügte Grace hinzu und ließ ein paar gespielte Tränen an ihrer Wange herunter kullern.
"Die war potthässlich, ein Filzstift mit Crepeband als Haar wäre besser!", fuhr ich sie an, worauf sie noch mehr zu weinen begann. Mom nahm sie daraufhin in den Arm und sah mich wütend an.
"Keine Sorge, Gracie. Blane wird die Puppe reparieren und wenn er das nicht hinbekommt, wird er mit dir in den Laden gehen und dir von seinem Taschengeld eine neue Puppe kaufen", sagte sie und sah mich ernst an.
"Ist das dein scheiß Ernst, Mom?!", fuhr ich sie wütend an.
"Blane, es reicht! Es reicht, dass du diese Woche wieder durch die Matheklausur gefallen bist, aber das hier schießt wirklich den Vogel ab!", schrie sie mich sauer an. "Wieso kannst du nicht ein einziges Mal so sein wie deine Schwester?!"
"Du meinst nervig und verlogen?"
"Blane, Schluss jetzt! Du gehst diese Puppe reparieren und zwar sofort!", schrie sie mich an und gab dann Grace einen Kuss auf die Stirn. "Na komm, meine Süße, ich mache dir erstmal eine heiße Schokolade." Sie hob Grace hoch und trug sie in die Küche, im Vorbeigehen drückte sie mir die Reste dieser hässlichen Puppe in die Hand. Grace grinste mich an und streckte mir hinter Moms Rücken die Zunge raus. Ich funkelte sie wütend an und riss ihrer Puppe die Haare raus, worauf ihr erneut Tränen in die Augen traten. Miese Ratte. Jetzt musste ich auch noch diese bescheuerte Puppe reparieren. Ganz toll, wenigstens war Eric noch nicht zuhause. Der würde mir sonst auch noch die Hölle heiß machen. Aber so einfach würde Grace mir nicht davonkommen. Ich hatte ihre bescheuerte Puppe nämlich nicht einmal kaputt gemacht, sondern sie nur beleidigt, aber diese miese Ratte hatte sie daraufhin zerbrochen und mir mal wieder die Schuld in die Schuhe geschoben. Drecksvieh. Das würde ich ihr heimzahlen. Ich drehte mich um und lief in die Garage, wo ich einen Karton aus dem Regal zog, der mit Farbe und kleinen Pinseln befüllt war. Meine alten Malsachen, bevor ich aufgehört hatte zu malen. Jetzt sprayte ich nur noch. Ich war ohnehin nur der missratene Sohn und nicht das goldene Schätzchen der Familie. Wahrscheinlich könnte ich den Weltfrieden wiederherstellen und selbst dann würde Mom nur Augen für Grace haben. Das würde die Nervensäge büßen müssen. Also stopfte ich den nun haarlosen Kopf der Puppe zurück auf den Plastikkörper, bevor ich mir einen Pinsel und die rote Farbe nahm. Damit Grace aus ihrem bescheuerten Verhalten etwas lernte, malte ich der Puppe einige blutige Male auf das Plastik, ließ den Pinsel liegen und ging dann zurück zur Küche.
"Bitte, ich hab den Plastikdreck repariert. Ich bin mit Vince verabredet, bis dann", sagte ich und warf das entstellte Stück Plastik auf den Tisch, bevor ich ohne eine Antwort abzuwarten das Haus verließ. Meine Mutter brüllte mir etwas nach, aber ich war bereits auf dem Weg durch den Regen zur Bahn. Meine Mutter kam mir nicht weiter nach, also konnte ich in Ruhe zur Bahn laufen und währenddessen meinen besten Freund anrufen. "Vince? Wir treffen uns in einer halben Stunde im Mulligan and Haines, okay? Ich muss dringend mit dir reden!"

Eine halbe Stunde später setzte ich mich im Lieblingslokal unserer Freundesgruppe zu meinem besten Freund. Vince war ein kleiner Kerl mit albinoartigen Merkmalen: weiße Haare, helle Haut und stahlblaue Augen. Im Dunkeln konnte er manchmal wirklich gruselig aussehen, aber er war ein feiner Kerl und sich für nichts zu schade.
"Was ist? Hat die heilige Grace mal wieder Scheiße gebaut und dir den Mist in die Schuhe geschoben?", fragte er und schob mir ein Bier zu, das er uns bereits bestellt hatte.
"Ganz genau", stimmte ich zu. "Ich habs zuhause nicht länger ausgehalten, ich krieg ja eh nur wieder Ärger. Immerhin war Eric nicht zuhause, sonst hätte der mir auch noch den Kopf abgeschlagen, weil sein kleiner Engel meinetwegen geflennt hat." Vince verdrehte die Augen.
"Du musst da echt dringend raus. Reicht dir die Kohle immer noch nicht für 'ne eigene Wohnung? Du hast doch einen Job und bist achtzehn!", fragte er nach, aber ich schüttelte den Kopf.
"Nein, bisher reicht mir die Kohle nicht. Aber hoffentlich bald", antwortete ich ihm. "Ich kann das echt nicht mehr ertragen."
"Und wenn du zu deinem Dad gehst?", fragte er nach, ich schnaubte und trank einen großen Schluck von meinem Bier.
"Der ist vor siebzehn Jahren abgehauen und ruft seitdem nur an meinem Geburtstag oder an Weihnachten an! Was soll ich bei dem? Auf den hab ich noch weniger Lust, er kümmert sich genauso wenig um mich wie Mom", erklärte ich ihm und schüttelte den Kopf. "Ach, das ist doch alles einfach scheiße! Ich hasse dieses scheiß Leben!"

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Wie findet ihr die beiden Charaktere so? Und wen mögt ihr lieber? Lasst gerne Feedback da, darüber würde ich mich sehr freuen!🥰

Cassy

Royal - Die Entscheidung meines Lebens Where stories live. Discover now