Kapitel 3

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HEATHER

Zuhause im Buckingham Palace angekommen, empfing mich meine Großmutter. Sie war vor meinem Vater die Königin von England gewesen, hatte aber vor zwei Jahren abgedankt, da sie sich für zu alt empfunden hatte. Jetzt lebte sie trotzdem noch bei uns, nur die Wintermonate verbrachte sie in Schottland in ihrem eigenen Schloss, weil sie die weißen Winter dort liebte.
"Grandma!", rief ich, als sie mich auch schon in die Arme schloss.
"Heather, mein Liebling, da bist du ja endlich wieder! Gott, bist du groß geworden! Was so ein viertel Jahr ausmachen kann, du bist ja zu einer richtigen, jungen Dame geworden!", erwiderte sie überglücklich und schob mich etwas von sich weg, um mich richtig ansehen zu können.
"Oma, es waren gerade mal sechs Wochen! So lange war ich gar nicht weg", wandte ich lachend ein.
"Trotzdem, du bist groß geworden. Ich hab dich einfach so vermisst, meine Süße!", meinte sie und legte mir einen Arm um die Schulter. "Und ich hab deine Lieblingskekse gebacken. Ich dachte, wir könnten uns etwas heiße Schokolade machen, die Kekse essen und dann erzählst du mir mal, was alles so los ist bei dir." Ich lachte und nickte.
"Na klar, das machen wir. Kommst du in mein Zimmer?", erwiderte ich. Oma und ich hatten dieses Ritual schon gehabt, als ich noch ein kleines Kind gewesen war. Damals hatten wir das vor allem vor dem Einschlafen gemacht oder wenn ich traurig gewesen war, aber mittlerweile machten wir es auch einfach so, wenn ich aus dem Internat nach Hause kam. Sie war eine meiner besten Freundinnen und ich konnte immer mit ihr über alles sprechen. Darüber war ich wirklich froh, denn ich war ein absoluter Familienmensch und fand es schön, so eine gute Beziehung zu meiner Großmutter zu haben.
"Natürlich komme ich zu dir. Geh du ruhig schon mal hoch und mach es dir bequem, ich komme dann auch gleich nach", erwiderte sie und zwinkerte mir zu, bevor sie in Richtung der Küche abbog. Dad lachte und legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Dann lassen wir euch wohl besser mal alleine, was? Wir können ja vor dem Abendessen noch einen Tee trinken und über alles reden", meinte er, ich nickte und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
"Danke für dein Verständnis, Dad. Keine Sorge, ich komme später zum Tee, aber heute Abend will ich erstmal meine Ruhe haben und etwas entspannen", erwiderte ich, bevor ich Jonny half, meine Koffer in mein Zimmer zu bringen. Unterwegs wurden wir ständig von den Bediensteten unterbrochen, die mir meine Sachen abnehmen wollten, aber ich lehnte stets ab. Ich konnte selber meine Koffer tragen, ganz egal, ob ich eine Prinzessin war oder nicht. Und zu fein war ich mir dafür definitiv nicht! Jonny blieb vor meiner Tür stehen, denn obwohl wir gut befreundet waren und er mich auch duzen durfte, betrat er mein Zimmer niemals ohne Erlaubnis. Also ging ich an ihm vorbei und öffnete die Tür zu meinem großen Zimmer, das genau genommen aus drei Zimmern bestand. Es war quasi wie eine riesige Hotelsuite. Der Vorraum, in den wir nun kamen, hatte einen großen Fernseher und eine gemütliche Couch, das Zimmer dahinter war bereits mein Schlafzimmer mit meinem Himmelbett, dem Schreibtisch und dem begehbaren Kleiderschrank. Vom Fenster aus konnte ich hinaus in den Garten hinter dem Palast sehen. Direkt neben meinem Schrank ging die breite Flügeltür ins Bad ab, alles wirkte wie immer blitzeblank geputzt.
"Heilige Scheiße, da hat Emma aber echt die Kuh fliegen lassen! So gut sah es hier drin noch nie aus!", merkte Jonny an und pfiff anerkennend durch die Zähne. Ich musste lachen. Emma war das Dienstmädchen, das mein Zimmer putzte und sie war wirklich extrem sorgfältig. Wenn sie hier drin gewesen war, konnte man vom Boden essen, weil es nirgendwo auch nur ein winziges Staubkörnchen mehr aushielt.
"Ja, ich muss mich später bei ihr bedanken. Sie hat wirklich ganze Arbeit geleistet", stimmte ich zu und warf meinen Koffer auf die weiche Couch, Jonny tat es mir gleich. "Ich würde mich dann umziehen, Oma kommt gleich. Wir wollen Kekse essen."
"Dann viel Spaß euch zwei", sagte er. "Ich bin in meinem Zimmer, falls du mich brauchst."
"Alles klar, danke." Damit verließ er mein Zimmer und warf die Tür hinter sich zu, ich zog mir derweil eine bequeme Jogginghose und ein weites T-Shirt an. Das trug ich nämlich wesentlich lieber als diese ganzen formellen Klamotten!
Nur fünf Minuten später war Oma bei mir. Ich hatte meine Koffer bereits rüber ins Schlafzimmer geschoben, sodass wir zwei auf der Couch Platz nehmen konnten. Die Kekse und die heiße Schokolade stellte Oma auf dem großen Couchtisch ab, bevor sie sich zu mir setzte.
"Und? Erzähl? Ich bin ganz Ohr", fragte sie neugierig nach und nahm sich einen ihrer leckeren Schokokekse. Ich tat es ihr gleich und biss genüsslich hinein, bevor ich ihr antwortete.
"Eigentlich gibt es nicht viel Neues. Erinnerst du dich noch an Jessy, das Mädchen, das das Zimmer direkt neben mir hat? Sie hat jetzt einen Freund", antwortete ich.
"Oh, das freut mich für sie. Und du? Hast du auch jemanden im Augenschein?", fragte sie neugierig nach und zwinkerte mir neugierig zu. Ich musste verlegen lächeln und strich mir eine Strähne meiner schwarzen Haare hinter mein Ohr.
"Nein, hab ich nicht. Ich meine, ich hätte gerne einen Freund, aber... Na ja, Dad hat mit Sicherheit etwas dagegen und außerdem habe ich noch keinen Jungen getroffen, der mir wirklich gefällt. Die meisten sind zwar ganz nett, aber... Irgendwie noch so kindisch! Weißt du, was ich meine?", erklärte ich, sie nickte.
"Ja, das verstehe ich gut, so ging es mir damals auch. Und dann habe ich deinen Opa kennengelernt", sagte sie und lächelte. Mein Opa war zwar bereits vor einigen Jahren gestorben, aber Oma erzählte gerne von ihm und ich hörte mir ihre Geschichten auch gerne an. "Er war so ein Kindskopf! Ständig hat er jedem Streiche gespielt und einmal hat er sogar ein Pupskissen auf den Stuhl unseres Direktors gelegt, als wir eine Versammlung in der Aula hatten. Ich hab am Anfang auch gedacht, dass er viel zu kindisch ist, aber tatsächlich sind die Kindischen oft die, mit denen man am besten lachen kann."
"Da hast du recht", gab ich zu. "Aber trotzdem war bisher noch kein Junge dabei, der mir wirklich zusagt." Oma kicherte und zwinkerte mir zu.
"Keine Sorge, Heather. Das kommt schneller, als du gucken kannst. Und wahrscheinlich auch, wenn du es am wenigsten erwartest. Und wer weiß? Vielleicht ist dein Traumprinz an deinem Geburtstag ja anwesend."

Royal - Die Entscheidung meines Lebens Where stories live. Discover now