Kapitel 13

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Sie rannte wie der Wind. Als sie den Eingang des Speisesaals erreichte, wurde sie langsamer. Sie griff nach ihrem Telefon und begann zu tippen, während sie ohne aufzublicken weiterlief.

Ich bin jetzt da. Und warte. Ich hoffe…

Bevor Sie ihre Nachricht an Xavier weiterschreiben konnte, stand er auch schon vor ihr. Er war genauso aus der Puste, wie sie. „Geschafft… dachte schon, du wärst schon fort.“, seine Stimme klang aufgeregt und rau. Wednesday packte ihr Handy zurück und sah hinauf zu ihm. Die Sonne schien durch die bodentiefen, riesigen Fenster, direkt in sein Gesicht. Ganz anders als in der dunklen Kammer funkelten seine Augen und schienen beinahe golden zu glühen. Sie ertappte sich selbst beim Starren und wandte ihren Blick sofort zum anderen Ende des Saals: „Holen wir uns was zu essen!?“ Sie lief voraus, er folgte ihr. Sie standen an der Theke an und gingen Schritt für Schritt immer etwas weiter. Er dicht hinter ihr. Um nicht schreien zu müssen, beugte er sich ein Stück zu ihr herunter. Sein Arm streifte ihren und für einen Moment blieben sie eng nebeneinander stehen. 

„Ajax ist die reinste Nervensäge… ging mir den ganzen Morgen auf die Nerven.“ Wieder liefen sie ein Stück weiter. „Und wie lief es mit Enid?“, Xavier erschrak einen Moment, als Wednesday sich direkt zu ihm umdrehte und ihm in die Augen sah. Auch sie hatte die Entfernung zu ihm anders eingeschätzt und konnte nahezu seinen Atem spüren. „Sie war sehr hartnäckig. Ich konnte nicht anders und habe ihr meine Nummer gegeben.“, sie flüsterte aus Angst, jemand könnte sie belauschen, „Danke für deinen Rat, es hat geholfen und ihre Laune wurde sofort erträglicher.“ Xavier und Wednesday nahmen sich ein Tablett und liefen zu einem Tisch. Nicht weit entfernt sahen sie ihre Mitbewohner sitzen, eng nebeneinander, die Köpfe zusammengesteckt. Beide waren sich wortlos einig, dass sie lieber allein sitzen sollten, um unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen. Beinahe synchron setzten sie sich gegenüber an den leeren Tisch. Sie spürten die Blicke der anderen Schüler, sogar Lehrer musterten das ungleiche Paar. 

Xavier stellte seinen Rucksack neben sich. Er öffnete ihn, um sein Handy wegzupacken. Dann sah sie es. Das Buch steckte in seinem Rucksack. Er hatte es den ganzen Tag bei sich gehabt. Ihr Puls stieg in die Höhe, ihre Finger kratzten am Plastikrahmen des Tabletts. Sie löste ihren Blick vom Rucksack, um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen.

Und um ihre Nervosität zu überspielen, fragte sie nach dem Ersten, was ihr einfiel: „Was war mit Jolene? Ich habe euch gesehen, auf dem Übungsplatz…“ Xavier stocherte mit der Gabel in seinem Frühstück. Ihre Frage hatte ihn eiskalt erwischt. „Hast du uns ausspioniert?“, und sofort fiel er zurück in sein altes Muster. Das Muster des letzten Semesters, dass Wednesday spionierte, ihm merkwürdige Fragen stellte und irgendetwas auf der Spur war. Aber er war es schließlich auch. Auch er wollte wissen, warum Jolene und ihr unerträglicher Vater so großes Interesse an ihm zeigten. Wednesday schluckte ihren Orangensaft hinunter und fühlte sich ertappt: „Ich habe nicht spioniert… ich saß keine 50 Meter von euch entfernt in meinem Kurs … habe euch durch das Fenster gesehen…“ 

„Und was glaubst du, hast du gesehen?“, Xavier wollte sie ködern und vielleicht auch ein wenig necken, denn aus irgendeinem Grund schien sie eifersüchtig zu sein. „Ich habe gesehen, dass ihr gesprochen habt… und du wütend davongelaufen bist. Ist irgendetwas passiert?“ Er wusste, dass er ehrlich zu ihr sein musste, war doch ihre Beziehung im letzten Schuljahr geprägt gewesen von Missverständnissen, Misstrauen und falschen Erwartungen. Er holte tief Luft: „Direktor Moody hat mich gebeten, Portraits zu zeichnen… bis zum Ende des Schuljahres…“ Sie unterbrach ihn: „Ich weiß… Portraits von ihm und du sollst sie zum Leben erwecken.“ Er fuhr fort und wurde immer nervöser: „Nein nicht ganz… ein Portrait von ihm und ein Portrait von Jolene… sie hatte mich gesucht, ich sollte heute Vormittag damit loslegen … Mr. Moody hatte einen Termin und ich habe mit ihrem Portrait begonnen.“

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