Kapitel 27

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„Als ich bei Moody war und er mich ausgefragt hatte über dich, habe ich einen Ring an seinem Finger gesehen. Er war golden mit einem schwarzen, flachen Stein. Darauf war ein goldenes Symbol, ich konnte es nicht richtig sehen. Es sah aus wie ein Kreuz, aber auch nicht ganz. Der Mann in der Vision trug auch einen Ring.“, erklärte sie ihm mit großen Augen.

Xaviers Miene verfinsterte sich, er holte sein Telefon aus seiner Tasche, tippte nervös etwas ein und hielt ihr schließlich ein Bild eines Symbols vor die Nase. Seine Hand zitterte. „Sah es so aus?“, seine Stimme war gebrochen, seine Augen traurig. „Ja. Das ist es. Ein Ankh Kreuz.“, stellte sie fest. Wednesday kannte dieses Symbol, es war ein ägyptisches Kreuz. „Warum weißt du davon?“ Er schaltete sein Handy aus und steckte es zurück. Er stotterte: „Mein Vater… er trägt auch so einen Ring…“ Stille.

Sie sahen sich in die Augen. Wednesday konnte sehen, wie seine Lider zitterten, das grüne Funkeln seiner Augen sich immer mehr verfinsterte und ihr Herz wurde unglaublich schwer. Xavier fühlte sich leer, verloren. Er wollte dennoch stark sein, steckten sie doch immer noch in dieser Buchhandlung fest. Er schluckte seine Enttäuschung und Verwirrung hinunter: „Ich… ich werde wohl meinen Vater anrufen müssen…“ Das gezwungene Lächeln auf seinen Lippen brach ihr das Herz: „Es tut mir so leid… ich weiß nicht, was ich sagen soll…“ „Du musst nichts sagen… es ist okay…“ Wednesday fiel ihm und den Hals, ihr Größenunterschied machte es ihr schwer, doch sie hangelte sich irgendwie an ihm hoch, krallte sich an seinen Hals. Sie flüsterte: „Nein das ist es nicht … ich…“ Das Vibrieren ihres Smartphones unterbrach sie. Schweren Herzen ließ sie Xavier wieder los und sah hektisch nach. Sie las die Nachricht sofort vor: 

„Halte dich fern von Xavier Thorpe, sonst ist er der Nächste, der im Krankenhaus liegt.“

Sie sah augenblicklich zu Xavier. Er konnte nicht anders, als zu lachen. Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Und das war noch nicht alles. Wednesday musste ehrlich zu ihm sein und sie zeigte ihm das animierte Bild von vorher. „Okay… anscheinend will mich jemand wirklich tot sehen…“, stellte er fest, immer noch ein Grinsen im Gesicht. Wednesday, die wie angewurzelt dastand, fügte noch hinzu: „Oder es will jemand unbedingt, dass ich mich von dir fernhalte.“ Sein aufgesetztes Lachen verschwand plötzlich, so als wäre dieses Motiv das weitaus Schlimmere. „Lieber lass ich mich erschießen…“, und er beugte sich ganz nah zu ihr herunter. Seine Nase berührte fast Ihre. Und Wednesday hatte mit einem Mal einen Entschluss gefasst.

Ich muss mich von ihm fernhalten…

Sie ging einen Schritt zurück und starrte auf die Uhrzeit auf ihrem Telefon. „Wir müssen los. Jetzt. Die andere Haltestelle ist gleich hier um die Ecke. Das Shuttle fährt gleich.“ Und Xavier sank in sich zusammen, so als hätte er ihren Gedanken laut gehört, wie einen qualvollen Schrei in seinem Kopf. Er nickte nur und lief ihr hinterher. Sie liefen aus der Buchhandlung, Wednesday sah nach links und rechts und rannte weiter geradeaus in die nächste Seitenstraße hinein. Sie hielt nicht seine Hand, sie blickte sich nicht nach ihm um und sie konnte seinen Schmerz darüber in ihrem Nacken spüren. Ohne, dass er es merkte, wischte sie sich die Tränen aus den Augen. 

Das Shuttle stand bereits an der Haltestelle. Einige Personen waren dabei einzusteigen. Xavier und Wednesday blieben nebeneinanderstehen. Wednesday ließ ihm den Vortritt und reihte sich hinter ihm ein. Sie sahen sich nicht an, sie sprachen kein Wort. Xavier setzte sich auf die erste freie Sitzbank im Bus und rutschte ans Fenster. Wednesday lief einfach an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Mit großen Augen sah er ihr hinterher, beobachtete sie, wie sie sich einige Plätze weiter hinten hinsetzte. Sie starrte aus dem Fenster. Sein Herz schmerzte in seinen Rippen, das Stechen drückte ihm die Luft ab. Er konnte nicht atmen. Und der Bus fuhr los. Immer wieder drehte er sich zu ihr um. Er musste etwas unternehmen, sonst würde er diese Fahrt nicht überleben. Er wusste, er würde sterben an gebrochenem Herzen. Er zog sein Smartphone aus seiner Tasche und schrieb ihr.

Woe is me, my loveWhere stories live. Discover now