Alea iacta est

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Jisungs Pov:

Gott führte mich einen der fluffig weichen Wolkenpfade entlang. Das Licht um uns herum war in ein zartes Rosa getaucht und passte eher nicht zu unberechenbaren Stimmung, die zwischen uns herrschte. Mittlerweile waren meine Sorgen um die anderen nur schlimmer geworden und ich versuchte krampfhaft eine Möglichkeit zu ersinnen, hier herauszukommen.

Es waren nach meiner Ansicht erst wenige Stunden vergangen, seit ich zuletzt mit Gott gesprochen hatte und doch tapste ich ihm erneut hinterher, wie ein verlorengegangener Welpe. Ich wusste noch nicht, wohin ich diesmal gebracht werden würde. Der Herrscher des Himmels war rätselhaft und außer seiner geplanten Rache, gewährte er mir kaum Einblicke in sein Handeln. 

Auch diesmal schritt er erhaben vor mir her, ließ keine Gefühlsregung erkennen. Ein hohes Tor tauchte vor uns auf, dahinter konnte ich sattgrüne Bäume mit blütenbehangenen Ästen erkennen. Wir passierten das Tor und die filigranen weißen Gitterstäbe schlossen sich hinter mir wieder. 

Schlagartig veränderte sich unsere Umgebung oder zumindest das, was ich wahrnahm. Es wurde wärmer und kurz fühlte ich einen Hauch an Geborgenheit und Zuversicht. Nun wuchsen überall schillernde Blumen und außergewöhnliche Sträucher am Wegesrand, Bäume mit Granatäpfeln bogen ihre Zweige bis hinab zum Wolkenpfad und ich war in diesem Anblick so gefangen, dass ich kaum darauf achtete, wohin ich lief. Erst als Gott stehenblieb und ich notgedrungen ebenfalls anhalten musste, fand ich die Zeit, mir meine Umgebung genauer anzusehen. 

Zunächst fiel mein Blick direkt auf eine kleine Bank, flankiert von zwei schattenspendenden Granatapfelbäumen. Diese Bank stand vor einem klaren, silbrig glänzenden See. 

Gott deutete stumm auf die Bank und es fühlte sich so an, als würde ich in diesem Augenblick aus meiner anfänglichen Verzauberung für diesen schönen Garten erwachen. Deshalb setzte ich mich mit dem größtmöglichen Abstand neben den Herrn des Himmels.

„Ich habe dich heute hierhergeführt, um dem Schicksal zu zeigen, dass meine Bemühungen und unsere Zusammenarbeit Früchte getragen haben."

Verwundert blickte ich jetzt doch zu dem Mann in Weiß und wusste nicht so recht, wie er dies anstellen wollte. „Werden sie ihren Triumph nun genießen? Obwohl es nicht wirklich schwer ist, über ein schwächeres Wesen, das man auch noch selbst erschaffen hat, zu triumphieren."

Gott lächelte milde beeindruckt von meiner deutlichen Provokation.

„Der Junge ist erstaunlich klug. Er hat verstanden, dass deine Rache dich vielmehr hindert, als voranbringt. Das habe ich dir schon vor langer Zeit gesagt, ich werde mich nicht wiederholen."

Vollkommen perplex sah ich mich um, konnte allerdings nicht einmal zuordnen, von wo die Stimme kam und wohin ich mich wenden sollte. Mein Gegenüber schien weniger verwundert und blieb ruhig sitzen. Nicht einmal seine Miene veränderte sich.

„Du wolltest schon immer das letzte Wort haben. Und dennoch erreiche ich endlich das, was ich mit dem Zauber, den ich mit deiner Hilfe geschaffen habe, erreichen wollte. Satan hat sich an einen Menschen gebunden und wird durch ihn wahre Machtlosigkeit fühlen. Die durch meinen Blitz erlittene Wunde war hiergegen nur ein Tropfen in einem Ozean." Gott sah weiter hinaus auf das silbrige Wasser, aber schien nichts Bestimmtes im Blick zu behalten. Dann antwortete erneut die Stimme, von der ich nicht wusste, zu wem sie gehören sollte.

„Und was ist mit dem Jungen neben dir? Hast du ihn gefragt, was er empfindet? Hast du auch gesehen, was deine Rache ihm gleich mit antut?"

Noch immer entdeckte ich hier niemanden außer uns. Aber der unsichtbare Sprechende musste mich sehen können. Nochmal drehte ich mich um, wendete meinen Kopf in alle Richtungen, bevor Gott sein Wort an mich richtete.

Dancing with Demons 2. TeilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt