Das Erwachen in der Realität

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Jeongins Pov:

Mit einem lauten Schrei fuhr ich aus meinem Alptraum auf. Sofort stützte ich mich auf meine Hände, drückte mich aus dem Liegen nach oben und atmete heftig ein und aus. Meine Stirn war von Schweiß bedeckt und einige Strähnen klebten an meinen Schläfen. Auch das lockere Hemd, das ich trug, war durchgeschwitzt und unangenehm an meine Haut geschmiegt. Ich achtete allerdings zunächst nicht darauf, sondern versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Doch da legte sich schon eine kühle Hand auf meiner Schulter und half mir dabei, mich zu beruhigen.

„Tief einatmen, Jeongin. Es war ein Traum, du bist bei mir, dir kann nichts passieren", murmelte Hyunjin und dann schlangen sich seine Arme um meinen Oberkörper, während er mich leicht an seine Brust zog und sich hinter mich setzte. „Es ist alles gut, du bist sicher." Seine Anwesenheit entspannte mich und ich lehnte mich zurück, atmete tief durch und schloss erschöpft meine Augen.

Hyunjin war da, er war bei mir. Alles würde wieder gut werden.

„Was hast du geträumt, Innie?" Eine Hand rieb sanfte Kreise auf meiner Brust und der andere Arm lag locker um meinen Bauch, sodass ich genug Luft bekam und mich nicht eingeengt fühlte.

Ich atmete erneut bewusst ein, schüttelte den Kopf, zum Zeichen, dass ich noch einen Moment brauchte, um darüber zu sprechen und der Silberhaarige akzeptierte es. Dennoch wurde seine kreisende Hand kurz langsamer.

„Seit Jisung nicht mehr da ist, hast du wieder häufiger Albträume." Ich presste meine Lippen aufeinander und nickte stumm. Das hatte ich selbst schon festgestellt. Es war wie zu der Zeit, als Behemoth meinen Verstand kontrollierte. Damals verfolgten mich die Alpträume, weil ich nicht mit meinen Gedanken und Gefühlen im Reinen war und sie verdrängte. Jetzt hatte ich einen meiner engsten Freunde verloren und der andere war weit weg im Himmel. Ihn konnte ich zwar besuchen, aber es war einfach anders. Es fühlte sich nicht vollständig an und selbst ich als eine neue Art dämonisches Wesen war nicht sicher vor düsteren Gedanken und schlechten Träumen. Jedenfalls ließ endlich das leichte Zittern des Schocks nach und ich nahm einen letzten tiefen Atemzug, bevor ich mich Hyunjin zuwandte.

„Ich glaube, es ist gerade etwas viel auf einmal... Immerhin musste ich zusehen, wie mein bester Freund stirbt... wie meine Familie stirbt..." Sogleich hielt ich mich an ihm fest und kuschelte mich enger an ihn. „Ich kann einfach nicht noch mehr Schmerz verkraften, Hyunjin."

Einen Moment blieb es still.

„Das verstehe ich, Jeongin. Trotzdem darfst du dir an nichts von alledem die Schuld geben. Wenn du das zulässt, dann wird es dich innerlich auffressen. Es tut mir leid, das zu sagen, aber diese Albträume kommen zu dir, weil du noch nicht loslassen kannst, du musst dir die Zeit nehmen und wenn sie gekommen ist, einen Teil von deiner Trauer besiegen. Das Wasser will, dass du dein Leid gehen lässt, es soll mit der Flut weggespült werden und endlich in den Tiefen des Ozeans ruhen. Deine Stärke kann nur wachsen, wenn du einen Teil dessen auflöst, was dich quält. Gib es frei, sprich darüber oder flüstere es dem Wind zu. Ich werde dir dabei helfen."

Verunsichert blinzelte ich und versuchte, die Aussage zu durchdenken. Nach einer kurzen Zeit des Schweigens kam ich zu der Erkenntnis, dass ich mir wohl wirklich mehr Zeit für meine Heilung nehmen sollte. Zwar hatte ich gute Ansätze, um meinen Schmerz und den Verlust zu bewältigen, doch sowas brauchte auch immer den passenden Moment, genügend Stärke und die richtigen Personen, mit denen man an der Ausführung dieses Planes arbeitete. Äußerlich mochte ich meine Gefühle gut im Griff haben, doch innerlich sah es anders aus und wahrscheinlich war genau das der Grund, weshalb ich weiterhin diese Alpträume durchlebte.

Ich drehte mich erneut zu Hyunjin um und als ich in seine blauen Augen blickte, beschloss ich, endlich vollkommen ehrlich zu mir selbst zu sein. Es war notwendig, denn dann konnte ich es auch zu ihm sein.

Dancing with Demons 2. TeilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt