Kapitel 100

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*zur gleichen Zeit*

Adrik

Boah wie mich das ankotzt. Jetzt wurde ich endlich in eines der Behandlungszimmer gebracht und musste wieder warten. Ist ja nicht so, als hätt ich nichts anderes zu tun als blöd dazusitzen und zu warten. Liam war schnell auf eine der Toiletten verschwunden und hatte noch mein Handy bei sich. Dieses durfte ich aufgrund der Röntgenstrahlen nicht mit in den Raum nehmen, in dem ich mich vorhin befunden hatte. Angespannt stieß ich die angestaute Luft aus meiner Lunge.

Ich weiß wie gerne Liam gerade bei Marco und...und Finja wäre. Jedesmal wenn ich an sie oder ihren Namen dachte, schossen mir die Bilder von dem Tag in den Kopf, an dem ich mein Versprechen an sie gebrochen und sie aufgrund meines Fehlers beinahe gestorben ist. Die Ätzte wollten und schon seit einigen Tagen einreden, dass es für sie keine Hoffnungen mehr geben würde, sollte sie nicht bald ihre Augen öffnen. Marco und Liam besuchten sie täglich und blieben mehrere Stunden. Ich für meinen Teil konnte dies nicht behaupten. Ich brachte es nicht über mein Herz in diese Zimmer zu gehen. Keiner wusste von meinen Versuchen sie zu besuchen. Abends, nach den Besuchszeiten, schlich ich mich meist heimlich aus dem Haus und wurde von einem unserer Fahrer zum Krankenhaus gefahren. Doch jedesmal wenn ich aus dem Fahrstuhl treten möchte um zu ihren Zimmer zu gehen, hielt mich ein unsichtbares Band zurück. Jedesmal wurde das Atmen schwieriger, meine Sicht verschwommener und die Stimmen und Bilder von dem Schicksal haften Tag immer deutlicher.

"Entschuldigen Sie bitte vielmals das lange Warten Herr López." Der selbe Arzt betrat das sterile Zimmer, der mich auch schon die letzten Male behandelt hatte und riss mich so aus meinen Gedanken. Mit einer einfachen Handbewegung verdeutlichte ich ihm fortzufahren. Ich hatte keine Lust auf ein unnötiges Gespräch mit diesem Waschlappen. "Ich habe erfreuliche Nachrichten für sie. Ihr Handgelenk ist wieder komplett verheilt und ich werde gleich jemanden reinschicken der Ihnen den Gips abmacht. Ich bitte Sie dennoch, sich noch ein bis zwei Wochen zu schonen. Ihre Muskulatur muss erst wieder anfangen richtig zu arbeiten und wieder Kraft aufzubauen." Mit einem leichten schnauben verabschiedete ich den Arzt und wie jedesmal fragte ich mich wieso ich mir das alle hier antue. Ist ja nicht so als hätten wir selber Ärzte stationiert. Allerdings bestand mein Vater darauf das in diesem Krankenhaus meine Behandlung abgeschlossen wird, da sie die neueste Technik besitzen und so auch nicht übersehen werden würde.

Eine zierliche, in sich zusammengefallen Gestalt betrat das Behandlungszimmer. Es war die gleiche Assistenzärztin wie auch bei meinen letzten Aufenthalten. Sie wirkte wie ein Bündel Elend und traute sich nicht mir in die Augen zu schauen. Auffordernd Strecke ich ihr Mine Gipshand zu und sie begann sorgfältig mit ihrer Arbeit. Als sie die letzte Schicht mit einer Schere aufschnitt bemerkte ich ihre zitternden Finger. Ich musste mich zusammenreißen um keinen blöden Kommentar abzugeben. Irgendetwas in mir hielt mich zurück. Sie strich schlussendlich noch eine dünne Schicht Salbe auf meinen Arm und wackelte ihn mit einem weißen Verband ein. "Danke" gab ich schlicht von mir. Meine Aussage dürfte sie scheinbar dermaßen erschreckt haben, denn sie zuckte zusammen und blickte mir erstmals in die Augen. Für einen kurzen Moment blieb Miene Welt stehen. Ihre Augen hatten zwei verschiedene Farben. Doch das war nicht das erschreckende, nein es war der Ausdruck in ihnen. Ihre Augen waren völlig lehr, ohne jeglichen Gefühle und um ihr linkes Auge zeichneten sich blaue Flecken ab die sie versucht hatte notdürftig zu überschminken.

Ich räusperte mich und ging mit großen Schritten aus dem Behandlungsraum und traf dabei auf Liam. "Hey, wartest du kurz hier? Ich würde noch schnell zu Marco gehen." begrüßte mich ein fast fröhlicher Liam. "Ich komme mit und gib mir mein Handy?" antwortete ich ihm kalt. Verblüfft blickte mich meine rechte Hand an und reichte mir das Ding.

Mit einem "Ping" sprang die Fahrstuhltür auf und von weiten erkannte man einen aufgewühlten Marco der sich fix und fertig durch die Haare strich. Als er uns erblickte, eilte er zu uns und beim Näherkommen erkannte ich seine roten Augen. Stocksteif blieb ich stehen und auch Liam blickte seinen Freund ungläubig an. Als Marco bei uns angekommen ist, schloss Liam ihn für einen kurzen Moment in seine Arme. "Was ist passiert?" wollte ich sofort wissen. "I-ich weiß es nicht. Plötzlich war da ein lautes Piepen und viele Ärzte sind ins Zimmer gerannt. Ich musste rausgehen, aber ein Blick auf den Monitor verriet mir, dass sie wieder einen Herzstillstand hatte. Nur diesmal dauert es nicht nur 10 Minuten bis alle Ärzte wieder aus dem Zimmer sind, nein das Dauert schon 20 Minuten und keiner kann mir sagen was darin vor sich geht. Ob sie noch lebt oder nicht." Marco Stimme zitterte und ihm stand die blanke Angst ins Gesicht geschrieben. Aber nicht nur ihm, auch mir und mit einem Seitenblick auf Liam, wusste ich das es uns genauso geht. Plötzlich öffnete sich die Tür zu dem Zimmer des Mädchens und ihr behandelnder Arzt trat heraus. Er strich sich über sein faltiges Gesicht und lehnte sich kurz an die Wand. Sein Blick traf den Meinigen und schnellstmöglichen kam er zu uns. "Herr López, i-ich weiß nicht wie ich es ihnen sagen soll, a-aber Finja ist..."

Eines schicksalhaften TagesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt