Kapitel 102

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Finja

Adrik blieb noch etwa eine halbe Stunde. Auf seine Frage bin ich allerdings nicht eigegangen. Es würde mein Geheimnis bleiben, dass ich mich an jedes Wort das Liam und Marco an mich gerichtet hatten, gehört und gemerkt habe und das ich wusste, das Adrik am Gang stand und nicht Näherkommen konnte.

Jetzt lag ich in meinem Krankenhausbett und versuchte mein Gedankenkarussell zu stoppen. Nur die kleine Nachttischlampe spendete etwas Licht in diesem spärlich eingerichteten Zimmer. Die Ärzte waren vorhin nochmal da und haben mir das selbe erklärt wie Adrik. Keiner kann mir aber sagen wie lange es dauern würde bis ich wieder laufen bzw meine Beine spüren kann. Es liegt an mir wie sehr ich es möchte und dafür kämpfe. Bis dahin bin ich aber an einen Rollstuhl gefesselt. Mit einem Blick auf die Uhr, bemerkte ich das es bereits 3:30 Uhr in der Nacht war. Aber so richtig schlafen konnte ich auch nicht. Stöhnend kuschelte ich mich mit der Decke, so gut es eben ging, zusammen und schloss die Augen. Irgendwann würde ich ja einschlafen können.


Marco

Fassungslos sah ich meinen Kumpel an. Die Nachricht, das Finja ihre Beine nicht spüren oder gar Bewegen konnte, riss den Boden unter meinen Füßen weg. Auch Liam wirkte am Boden zerstört. "Was machen wir jetzt?" wollte ich wissen. Schließlich müsse hier vieles Umgebaut werden. Zwar würde Finja, davon war ich felsenfest überzeugt, wieder laufen können, aber das würde dauern. "Ich glaube, es würde Finja gut tun wenn sie etwas abstand von all dem hier bekommen würde. Ich würde Vorschlagen das wir uns einen Ort überlegen wo wir sie hinschicken könnten und dort eine Art Reha machen zu können. Weit weg von dem ganzen Trubel und der Mafia." seufzte Adrik. "Aber wir können sie doch nicht alleine lassen und einfach abschieben!" unterbrach ich ihn aufgewühlt. "Wir schieben sie doch nicht ab!" zischte Adrik. "Es geht sich nur darum, dass sie mal eine Pause brauch. Sie ist noch zu Jung für den ganzen Scheiß hier - ok" fuhr der Boss fort. "Aber ist es nicht gefährlich wenn sie weit weg von uns ist? Schließlich gibt es überall Männer die sie erkennen könnten." überlegte Liam laut. " Darüber hab ich auch schon nachgedacht. Es gibt zwei Möglichkeiten, aber keine wird euch gefallen: Entweder einer von euch beiden geht mit ihr mit und passt dort auf sie auf, oder ich lass sie dort von einem unserer Männer überwachen die sie nicht kennt." beantwortete Adrik Liams Frage.

Aufgewühlt fuhr ich mir durch mein zerzaustes Haar. Er hatte recht, mir gefiel keine von den Ideen. Ich will nicht das jemand Fremdes auf meine Prinzessin aufpassen würde, aber von Liam getrennt sein? Ich hatte ihn doch jetzt erst wieder. Ich will ihn nicht schon wieder verlassen.

"Geh mit ihr, Schatz. Es ist nur auf kurze Dauer und die Mafia braucht einen von uns hier. Aber Finja braucht dich. Du hast den besten Draht zu ihr." flüsterte Liam mir zu. Zögerlich nickte ich. Also war es besiegelt. Ich werde mit Finja mitgehen und auf sie aufpassen.


*zwei Wochen später*

Finja

Heute war es soweit, ich würde mit Marco nach Norwegen fliegen. Dort war eine Klinik die sich auf die Bewältigung von Traumen und daraus resultierenden Einschränkungen spezialisiert hat. Ich und der Rollstuhl sind in den zwei Wochen leider noch immer keine Freunde geworden. Liegt aber eventuell daran, dass ich auch überhaupt keine Kraft in meinen Oberarmen hatte um das Ding überhaupt fortzubewegen. Alessio war ebenso einmal hier und versprach mir sich um ein leichteres Modell für mich umzusehen. Adrik und Liam hatten sich gestern schon verabschiedet. Marco würde heute kommen und dann würde es gleich losgehen zum Flughafen.

Irgendwann klopfte es endlich an der Tür und der sehnlichst erwartete Besuch trat ein. Marco trug eine schwarze Sporttasche geschultert und schob einen brandneuen Rollstuhl. "Überraschung?!" begrüßte mich Marco unsicher.

Es war ihm anzusehen das er nicht wusste ob ich mich darüber freuen würde oder nicht. Aber um ehrlich zu sein, hab ich meine Situation einigermaßen akzeptiert. Natürlich verfluche ich dieses Teil auf zwei Rädern, aber ich habe schon schlimmeres überstanden. "Hi, schickes Teil" begrüßte ich Marco freundlich. "Ist von Alessio. Sonderanfertigung in mattschwarz und Türkisen Details. So wie du es dir gewünscht hast."

Mit der Hilfe von ihm ließ ich mich in dem neuen Ding nieder und platzierte meine gepackte Tasche auf meinem Schoß. Marco schob mich aus dem Zimmer Richtung Ausgang. Gierig zog ich die kühle Herbstluft ein. Das Laub der Blätter hatte sich bereits verfärbt und leuchtete in den schönsten Rot- und Gelbtönen. Die Sonne schien und eine leichte Brise verwehte meine offenen Haare. "Bis Weihnachten möchte ich wieder laufen können" erläuterte ich Marco mein Ziel. "Na dann Prinzessin - auf gehts in ein neues Abenteuer!"

Eines schicksalhaften TagesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt