Die Wahrheit kommt überraschend

21K 623 20
                                    

"Es tut mir so leid." Langsam kann ich diese Worte gar nicht mehr hören. Das hat er jetzt schon mindestens zwanzig Mal gesagt. Ich schnaube in mein Taschentuch, welches nun auch voll ist und somit auf dem Berg der anderen Taschentücher landet, in dem Papierkorb vor mir. Mein Tränenfluss ist aber noch immer nicht gestoppt. Dean fährt mir die ganze Zeit mit der Hand über meinen Rücken. Sie fühlt sich so fremd, aber gleichzeitig auch so vertraut an. Das ist es schon seit gestern. Er kommt mir so fremd vor. Er hat sich ein Stück verändert, ich auch, aber die Selben sind wir trotzdem noch, vertraut.

"Geht's wieder?"

„Mhm.", murmele ich mit schleimigem Hals. Dean scheint das zu merken und bringt mir sofort ein Glas Wasser.

"Da-han-ke.", schluchze ich noch.

"Es tut-"

"Wehe, du sagst das noch einmal!", unterbreche ich ihn gleich wieder.

"Ist das alles wirklich wahr?", frage ich noch etwas ungläubig.

"Ja, aber ich kann dein Misstrauen verstehen. Ich wünschte, ich hätte dir das schon viel früher sagen können."

"Danke, dass du es jetzt getan hast. Verdammt, eben war alles so schön einfach und ich konnte dich hasse und jetzt..." Die drei Punkte schweben fast zu sehen in der Luft herum. Warum denke ich ausgerechnet jetzt daran, ob er eine Freundin hat?

"Was ist jetzt?"

"Jetzt hasse ich dich eben nicht mehr. Zumindest nicht mehr so stark."

Nach drei Jahren sehe ich zum ersten Mal sein leichtes Lächeln wieder. Ich möchte mich dafür ohrfeigen, aber ich habe es unbewusst vermisst.

„Wie wird es nun weitergehen?", frage ich ihn, da das nicht gerade unwichtig ist.

„Ehrlich gesagt, habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht. In ein paar Tagen muss ich zurück nach Amerika." Diese Worte treffen mich. Auch wenn ich noch sauer bin und wir ja eigentlich nichts mehr miteinander zu tun haben, ist er eben erst wieder aufgetaucht und es erinnert mich stark an damals.

„Dort muss ich nur noch ein paar Sachen klären, bevor ich wieder herziehe." Mein Kopf schnellt nach oben und ich starre ihn an.

„Du tust was?" Ich weiß nicht, ob ich das jetzt gut oder schlecht finden soll.

„Gegen den Willen meines Vaters habe ich es jetzt endlich geschafft, mir einen Studienplatz in Deutschland zu suchen und von dort wegzugehen. Das wollte ich schon viel früher machen, hatte aber nie den Mut dazu. Ich weiß, dass ich das nie wieder gut machen kann, aber ich möchte meinen Sohn kennenlernen, wenn auch verspätet."

„Du weißt, wie ich dazu stehe.", erinnere ich ihn. Ich halte es noch immer für keine gute Idee, ihm seinen Daddy vorzustellen und irgendwann überlegt er sich wieder anders und haut ab.

„Bitte gib mir noch eine Chance! Du kannst es mir nicht einfach so verbieten."

Ich weiß im Moment nicht, was richtig ist. Dean sieht mich so traurig und bettelnd an, dass er mir Leid tut.

„Ich muss erstmal darüber nachdenken, okay? Das war jetzt alles etwas viel auf einmal.", erkläre ich ihm und stehe auf.

„Ja, das verstehe ich total! Warte, ich gebe dir noch meine Nummer, damit du mir Bescheid sagen kannst, wenn du es weißt." Ich reiche ihm mein Handy und er speichert seine Nummer ein. Als er damals weg war, war eine der ersten Dinge, die ich tat, das Löschen seiner Nummer.

„Danke." Wir beide wissen wohl nicht, was ein angemessener Abschied in unserem Falle ist, wodurch eine peinliche Stille entsteht. Schließlich sage ich einfach tschüs und gehe schnell nach Hause.

Dort werde ich von meiner Schwester begrüßt, die so lange auf Leo aufgepasst hat.

„Wie war es?", fragt sie mich besorgt, was auch an meinem vermutlich sehr verheultem Gesicht liegt.

„Überraschend. Kann ich dir das später erzählen? Ich fühle mich gerade ein wenig müde."

„Na klar. Leg dich ein bisschen hin. Ich passe so lange noch auf ihn auf."

„Danke, du bist ein Engel." Ich umarme Mona und gebe Leo noch ein Küsschen, bevor ich mich in meinem Bett verkrieche.

Ich fühle mich tatsächlich sehr erschöpft. Mich hat das Ganze ziemlich mitgenommen, weswegen ich auch nicht in der Lage bin, weiter über seine Bitte nachzudenken.

„Wow, das ist krass. Was ist sein Vater denn bitte für ein Arsch?" Meine Schwester, so temperamentvoll wie eh und jäh. Ich habe ihr die ganze Geschichte erzählt und hoffe, dass sie mir einen guten Rat geben kann. Wir sitzen auf meinem Sofa mit einer heißen Tasse Tee und einem Haufen Schokolade, so wie wir es jeden Samstag tun, wenn sie in der Stadt ist. Leider trifft das nicht jede Woche zu, da sie mit vor einem halben Jahr mit ihrem Freund nach Kiel gezogen ist. Die beiden haben sich beim Abi kennengelernt und sind seitdem ein verdammt süßes Pärchen. Ich könnte immer neidisch werden, wenn ich sie sehe.

„Aber ich denke, du solltest ihm eine Beziehung zu Leo ermöglichen. Wie würdest du dich fühlen, wenn es umgekehrt wäre? Er kann im Prinzip nichts dafür, außer, dass er auch mal früher mehr Eier hätte haben können. Letztendlich ist es deine Entscheidung, aber wenn er wirklich wieder herzieht, wie willst du Leo sein ganzes Leben vor Dean verstecken? Früher oder später ist ein Zusammentreffen der beiden unausweichlich und je früher es passiert, desto weniger dramatisch wird es." Ihre Argumente sind leider wirklich überzeugend. Wenn Leo ihn beispielsweise erst mit vierzehn treffen würde, könnte es doch passieren, dass er mich dafür hasst, es ihm nicht früher gesagt zu haben.

„Warum muss nur immer jeder Recht haben?"

„Ich sage es ja immer, ohne uns bist du aufgeschmissen.", lacht Mona. „Es wird alles wieder gut. Und jetzt zum viel wichtigeren Teil. Wie sieht er aus?" Das ist wieder typisch sie.

„Er ist nicht hässlich geworden, mehr sage ich dazu nicht.", meine ich trotzig. Ich habe gerade absolut keine Lust über seine Muskeln zu reden.

„Na gut, hoffentlich bekomme ich ihn irgendwann nochmal zu Gesicht." Grinsend sieht sie mich an, bevor sie die DVD einlegt. Was auch immer sie sich da erhofft.
Heute gucken wir Love, Rosie. Er ist nach Jahren auch wieder zurückgekommen. Sie wurden glücklich. Doch von Hollywood soll man sich ja nicht täuschen lassen.

Ich bin sowas von einfallslos, was Überschriften betrifft, aber ich wollte nicht immer Kapitel 1 und so hinschreiben -.-
Danke für nun schon 2 xD
Wie schaffen es manche, nach ein paar Wochen schon über 100 k Reads zu bekommen?

Heute mal etwas früher, weil ich mich gerade echt langweile.

Plötzlich Schwanger Where stories live. Discover now