Kapitel 12

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Shane führte mich ins Haus und ich sah mich neugierig um. An den Wänden hingen Familienfotos und manchmal grinste mir ein jüngerer Shane entgegen. Shane grinste mich dann immer ganz verlegen an, wenn ich über ein Foto schmunzelte und zog mich schnell an der Hand weiter. Ich stolperte hinter ihm her und lachte. Er zog eine Schnute und blieb vor einer Tür im ersten Stock stehen. Als ich sein Zimmer betrat, strahlten mir helle Sonnenstrahlen entgegen und ich kniff meine Augen kurz zusammen. Sein Zimmer hatte eine komplette Glasfront als ein Teil der Wand und staunend sah ich hinunter in den Wald, wo ich mir kurz einbildete einen Schatten gesehen zu haben. 

Ich schüttelte den Kopf und betrachtete sein restliches Zimmer. Neben einem Bett und einem dunklen Schrank hatte er ein großes Brett an seiner Wand hängen, an dem ausschließlich Bilder angepinnt waren.

"Du fotografierst?", fragte ich ihn staunend und ging näher an das Brett. Sonnenuntergänge und Fotos von Wölfen blickten mir entgegen.

Shane ging zu seinem Schreibtisch und fuhr seinen Laptop hoch. Er sagte nebenbei: "Wenn ich ein paar freie Momente hab, hilft es mir runterzukommen."

Ich nickte und konnte ihn nur zu gut verstehen. Manchmal war es eine große Last in einem Werwolfsrudel zu leben. Die gesamte Familie sah auf einen hinab und konnte großen Druck auf einen ausüben.

"Wo sollen wir anfangen?", fragte Shane mich und zog einen zweiten Stuhl für mich heran, während er sich auf einen anderen setzte. 

Ich schlenderte zu ihm hinüber und zog meinen Collegeblock aus der Tasche.

"Sollen wir zuerst einmal den Hauptverlauf des Amerikanischen Bürgerkriegs rausschreiben und dann sehen wir weiter, in welchen Bereichen wir das Thema vertiefen?"

Shane sah auf meinen Block. "Ich such die Informationen im Internet und du schreibst sie dann auf?"

Ich nickte und kramte einen Stift hervor.

Während Shane das Internet in einem Fenster öffnete, musterte ich sein Profil. Trotz Unebenheiten schien es für mich perfekt und ich wandte schnell den Blick ab. Am Ende saß ich noch sabbernd neben ihm...so weit würde es auch noch kommen!

"Bereit?", wollte Shane wissen und seine schlanken Finger schwebten über der Tastatur.

Ich öffnete die Stiftkappe und nickte. Bereit wenn du es bist, dachte ich.


Stöhnend warf ich den Stift auf den Tisch und warf meinen Kopf zurück. Annähernd zwei Stunden saßen wir schon an diesem Projekt und hatten uns jetzt über die wichtigsten Punkte unseres Themas informiert.

"Mein Kopf dröhnt.", stimmte mir Shane auch stöhnend zu und ließ seine Kopf kreisen.

"Pause?" Hoffnungsvoll sah ich ihn an.

"Pause.", bejahte er und schloss die Augen.

Langsam stand ich auf und spürte meine Körper beinah nicht mehr. Ich ging ein paar Schritte und die Taubheit verschwand aus meinen Knochen und Muskeln.

Shane beobachtete mich und fragte: "Möchtest du etwas zum Trinken?"

Gierig nickte ich und schluckte. Meine Kehle fühlte sich an wie eine trockene Wüste.

"Na dann.", sagte er und wir gingen runter in die Küche, wo er mir bei Nachfrage ein Glas Wasser einschenkte.

"Wo ist denn deine ganze Familie?", wollte ich neugierig wissen, während ich an dem Wasser nippte.

Shane zuckte mit den Schultern und lehnte sich an den Küchentresen. "Ich weiß nicht, vielleicht beim Einkaufen oder draußen im Wald."

Er durchbohrte mich mit seinem Blick und unsicher drehte ich das Glas in meinen Händen. Ich konnte meinen Blick nicht von seinem lösen und fühlte mich, als wäre ich nackt. Shane konnte direkt durch meine Seele hindurchsehen, so hatte ich das Gefühl und dennoch fühlte ich mich sicher.

Haunting | #wattys2016 |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt