Kapitel 37

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Shane musterte mich einen Augenblick, ehe er seine Hand so ruckartig zurückzog, als hätte er sich verbrannt an mir.

Ich zuckte zusammen und sah ihn verletzt an.

Shane sah zu Boden und murmelte eine Entschuldigung, als er sich an mir vorbeidrückte.

"Shane bitte.", flehte ich ihn an und hoffte sehnstlich, dass Shane stehenblieb.

Vielleicht war es noch zu früh, um mit Shane zu reden, aber ich war noch nie jemand gewesen, der geduldig wartete.
Wir mussten es jetzt aus der Welt schaffen, nur hoffentlich erhörte Shane mich.

Shane erstarrte und blieb stehen.

Seine Schultern hoben und senkten sich unnatürlich schnell, als kämpfte er mit sich, ob er doch weiterlaufen sollte.

"Können..." Ich räusperte mich. "Können wir bitte reden Shane?"

"Wieso sollte ich?"

Seine kühle und distanzierte Art ließ mich zurückschrecken, aber ich ließ mich nur einen kleinen Augenblick davon irritieren.

"Wir müssen eine Menge bereden."

"Ach müssen wir?"

"Ja müssen wir." Obwohl ich Shane verstehen konnte, wurde ich auch so langsam wütend.
"Ich hab Mist gebaut. Ich hab verdammten Mist gebaut und das weiß ich auch! Ich werde damit jeden Tag seit Wochen konfrontiert und ich bereue es jede Sekunde davon..."

Shanes Mutter Emma kam um die Ecke und erstarrte, als sie uns beide sah. Ich sah keinerlei Abneigung in ihrem Blick und ich bildete mir ein, ein kleines Lächeln auf ihren Lippen gesehen zu haben. Schnell drehte sie sich auf der Stelle um und ging in die entgegengesetzte Richtung davon.

Shane stieß ein tiefes Seufzen aus.

"Lass uns das woanders bereden.", sagte er und ging voran, während ich mich beeilte ihm zu folgen.

Er legte den Weg in sein Zimmer in Rekordzeit zurück und schloss leise die Tür hinter mir.

"Du hast mich verletzt. Was du getan hast, war nicht richtig...", murmelte er und hatte mir dabei noch immer den Rücken zugewandt.

"Ich weiß ... ich würde es sofort ändern, wenn ich es könnte."

"... aber ich kann in gewissem Grade verstehen, wieso du es gemacht hast.", beendete er seinen Satz und ließ mich stutzend innehalten.

"Kannst du?", fragte ich verwirrt nach.

"Irgendwie schon."

Shane dreht sich um und meine Verwirrung spiegelte sich in seinen Augen wieder. Seine Arme hingen an seinem Körper herab und seine ganzes Körperhaltung drückte Hilflosigkeit aus.

"Zuerst war ich wütend. Ich hatte dich für einen ganz normalen Menschen gehalten und ich habe Gefühle entwickelt, die weitaus tiefer gingen, als für irgendeine Person bisher. Ich hätte alles für dich gegeben und wollte all meine Fehler für dich verbessern. Obwohl du immer eine gwisse Distanz zu mir hattest. Hattest du gedacht, dass es mir nicht aufgefallen wäre? Du musstest immer früh zu Hause sein, aber hast mich nie auch nur einmal in dein vermeindliches Zuhause eingeladen. Ich hätte misstrauisch werden sollen, aber wurde ich nicht ... weil ich dich liebte.", sagte er ganz sachlich und blickte mir fest in die Augen.

"Und jetzt?", flüsterte ich, obwohl ich Angst vor seiner Antwort hatte.

"Jetzt?" Nachdenklich starrte er in die Luft und seine Verwirrung vergrößerte sich noch mehr. "Ich weiß es nicht ... einerseits fühle ich noch immer diese tiefe Verbundenheit zu dir, aber andererseits ... andererseits kann ich dir das nicht einfach so verzeihen. Du hast mein Vertrauen ausgenutzt und es damit gebrochen."

Haunting | #wattys2016 |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt