> Part 3

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Ich wusste auch nicht, wie ich den nächsten Schultag überlebt hatte.

Die ersten drei Stunden vergingen kommentarlos und ich konnte mein Glück kaum fassen. Aber als ich dann - alleine - in der Cafeteria saß, kam Mira an meinem Tisch vorbei und stieß 'zufällig' meine Tasche vom Tisch, wobei der ganze Inhalt über den Boden verteilt wurde. Während Mira und ihre Clique sich vor Lachen nicht mehr einkriegten, kroch ich mit hochrotem Kopf auf dem Boden herum und sammelte meine Sachen ein. Ich hatte das Gefühl, die ganze Schule würde mir zuschauen. Danach rannte ich einfach nur weg - auf die Mädchentoilette. Ich fragte mich zum Hundertsten mal - warum immer ich?

Zur vierten Stunde ging ich nur, weil ich wusste, dass Mira und Mike den Kurs nicht gewählt hatten und ich dort einigermaßen Ruhe hatte. Nicht, dass mich dort irgendwer mögen würde, das nicht. Aber mich nervte dort auch keiner. Man konnte sagen, dass das mein Lieblingskurs war.

***

Die vierte Stunde verging überraschend schnell. Wir hatten nur über den Test gesprochen, den wir zurückbekommen hatten und siehe da, ich hatte es wirklich auf eine 2- geschafft.

Zu meinem Glück fielen auch die letzten beiden Sportstunden aus und ich verließ früher als gedacht, das Schulgebäude - aber nicht ohne Mike und seinen Kumpels über den Weg zu laufen.

"Bist bestimmt froh, dass Sport ausfällt, oder?", lachte Mike gehässig und versperrte mir den Weg.

Sein Kumpel fiel mit ein in das Gelächter. "Für Miss Piggy wäre das doch viel zu anstrengend!"

"Sie kommt ja jetzt schon ins Schwitzen", kicherten sie.

Ich hielt das nicht mehr aus. "Wisst ihr was? Haltet eure verdammten Fressen! Sucht euch ein eigenes Leben oder was auch immer", schrie ich und lief schnell an ihnen vorbei, überrascht, woher ich den Mut nahm. Ich versuchte mühsam die Tränen zu unterdrücken.

"Miss Piggy platzt ja gleich - vor Wut", rief Mike mir hinterher und ich hörte sie immer noch lachen. Aber ich ging einfach weiter.

***

Ich beschloß nach Starbucks zu gehen, um mir eine doppelte Latte zu kaufen. Scheiß auf die Kalorien, ich brauch das jetzt.

Ich schaute auf meine Uhr. Ich hatte noch eine gute Stunde bis zum Besichtigungstermin. Vielleicht konnte ich ja noch in die Buchhandlung?

Eilig verließ ich das Café. Ich schrieb Leah gerade eine WhatsApp-Nachricht, als ich plötzlich in jemanden reinrannte - und meinen Becherinhalt quer über dessen T-Shirt verteilte.

"Bist du irre?!", schnauzte mich eine Jugenstimme an. "Hast du keine Augen im Kopf?"

"T-tut mir leid, i-ch wollte nicht.. also ich hab dich n-nich gesehen und ... ", stotterte ich und fing an ein Taschentuch in meiner Tasche zu suchen. Schließlich fand ich eins und rieb hastig über sein weißes Shirt. Aber es machte alles nur schlimmer. Ich spürte, wie meine Wangen brannten.

"Ach komm, lass gut sein", sagte er genervt. Und endlich traute ich mich in sein Gesicht zu sehen. Und es überraschte mich, dass er nicht wutverzerrt oder sauer aussah, sondern irgendwie belustigt. Seine stechend blauen Augen sahen mich direkt an und langsam breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus.

"Du siehst ein wenig überhitzt aus", meinte er schließlich, was mich dann nur noch 'überhitzter' aussehen ließ und ich senkte den Blick.

"Tut mir wirklich leid", murmelte ich und eilte peinlich berührt davon. Gott, sowas konnte auch nur mir passieren.

Ich warf einen weiteren Blick auf die Uhr. Zwanzig Minuten waren vergangen. Ich vergaß den Kaffee, den Typen und meine Peinlichkeit und machte mich daran, die Straße zu finden, wo womöglich mein neues Zuhause sein würde.

Mich überraschte es dann doch, als ich vor einem großen Haus stehen blieb. War ich hier richtig? Ich überprüfte nochmal die Hausnummer, aber alles passte. Staunend betrachtete ich das Haus: Es wurde anscheinend neu weiß gestrichen, denn wirklich nirgends war Farbe abgeblättert. Es hatte viele Fenster und es sah einfach ... traumhaft aus.

Aber wo waren Dad und Sally? Vielleicht hat Dad mir auch nur ausversehen die falsche Adresse gegeben und dies war gar nicht unser Haus? Ich hatte den Gedanken gerade zu Ende gebracht, als Dad mit Sally und einem Mann, der anscheinend der Makler war, um die Ecke bog.

"Aria, hey", begrüßte er mich und wand sich dem Makler zu. "Das ist meine Tochter Aria."

Er reichte mir die Hand. "Du kannst mich Alex nennen, ich bin euer Makler."

Ich lächelte und schließlich betraten wir endlich das Haus. Und es war wie gesagt - einfach traumhaft. Der Flur war groß und hell und direkt neben der Haustür befand sie die große Küche, mit schicken Schränken und all dem. Das Wohnzimmer war auch groß, wenn auch nicht so groß wie unser jetziges, aber ich fand es nicht so schlimm. Im unteren Geschoss befand sich außer der Küche und dem Wohnzimmer außerdem noch ein kleines Bad und eine kleine Terasse auf der anderen Seite des Hauses. Die Treppe führte dann nach oben und dort gab es viele kleine und mittelgroße Räume und ein großes Bad. Sally schlug vor, das kleinste Zimmer könne doch Dad's Arbeitszimmer werden und wir hatten nichts dagegen.

"Welches Zimmer würdest du denn haben wollen?", fragte Dad und legte den Arm um meine Schultern.

"Darf ich mir einfach eins aussuchen?", fragte ich und es überraschte mich, dass Sally antwortete: "Klar, such dir das aus, welches dir am Besten gefällt. Du sollst dich schließlich wohlfühlen."

Ein kleines Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. "Könnte ich das Zimmer da haben? Mit dem Balkon?" Ich zeigte auf das Zimmer neben dem Badezimmer.

"Gute Wahl", meinte der Makler zwinkernd und mein Dad stimmte ihm zu.

"Dann könnte das doch unser Schlafzimmer werden, oder Toby?", fragte Sally und zeigte auf das Größte der Zimmer. "Oh und das Zimmer neben Aria könnte ja ein Gästezimmer werden und das neben unserem wird dann sowas wie ein Freizeitzimmer. Wir könnten ja einen kleinen Fernsehr kaufen und mein Bücherregal dort aufstellen und sowas.  Was meint ihr?" Sie strahlte uns an.

Ich zuckte mit den Schultern. "Klar, wieso nicht?"

"Was hältst du davon, wenn wir schon bald hier einziehen?", fragte mich mein Dad.

Und komischerweise hatte ich nichts dagegen einzuwenden und ich stellte fest, dass ich mich irgendwie freute.

Our Little SecretWhere stories live. Discover now