> Part 7

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"Ach du Scheiße, hast du mich erschrocken", rief ich und ließ den Teller sinken.

"Wolltest du mir damit einen überbraten?", fragte Damian. Seine Alkoholfahne wehte undeutlich zu mir rüber. "Du hättes' mich K.O. schlagen könn'n!" Wankend zog er sich seinen einen Schuh aus.

"Das wollte ich doch auch!", murmelte ich.

"Was hab ich'n getan?", nuschelte er. Eindeutig betrunken.

"Ach, egal", sagte ich und legte den Teller zurück in die Spüle. "Vielleicht solltest du schlafen gehen..?" Ich verstaute die Waffeln in den Schrank und wand mich zum Gehen.

"Bin nich' müde." Damian band sich nun den anderen Schuh auf und schleuderte ihn in die Ecke.

Ich seufzte leise und packte ihn am Arm. "Komm schon, wir gehen jetzt nach oben."

Seine Haut strahlte Wärme aus, die mir den Arm raufkroch.

"Ich weiß den Weg, ich kann das schon", beschwerte er sich, ließ sich aber von mir die Treppe hochziehen, was schwerer war, als erwartet, denn er war ja um Einiges größer als ich. Ich setzte ihn auf die Matratze, die als vorrübergehendes Bett-Ersatz für Damian herhielt, ab und zog schnell die Vorhänge zu.

Ich wollte gerade die Tür schließen, als mir was einfiel. Ich beschloß, seinen betrunkenden Zustand einfach auszunutzen.

"Damian?", flüsterte ich in die Dunkelheit hinein.

"Hm?"

"Hat Mike dir irgendwas ... über mich erzählt?", fragte ich zaghaft. Vielleicht hatte er die Frage morgen ja schon vergessen. Doch er antwortete nicht. Bestimmt war er eingeschlafen..

Ich schloß die Tür und ging eine Tür weiter in mein eigenes Zimmer und versuchte noch ein paar Stunden zu schlafen, was mir nach einer Weile auch gelang.

***

 Wie sich am nächsten Morgen herausstellte, kam Damian tatsächlich auf meine Schule. Da der Schulweg jetzt viel kürzer war, musste ich nicht mehr mit dem Bus zur Schule fahren und so gingen Damian und ich nebeneinander zur Schule.

"Ich glaub's nicht, dass Mum mich zwingt, zur Schule zu gehen", brummte Damian schlechtgelaunt. "Ich hab solche Kopfschmerzen."

Ich verknief mir ein Kommt davon und fragte stattdessen: "In welche Klasse kommst du denn?"

"11a bei ... ", er kramte einen Notizzettel aus seiner Hosentasche. "Mrs Wiehert." Er lachte auf, vermutlich über den Namen.

"Ist meine Englischlehrerin", sagte ich und drängte die Erinnerungen an die letzte Englischstunde aus meinem Kopf. "Bei der solltest du aufpassen." Damian seufzte. Wir waren fast an der Schule angekommen, als er sagte:

"Ich treff mich gleich mit Mike an der Sporthalle. Kannst du mir sagen, wo die ist?"

Ich schluckte, als er Mike erwähnte. "Ehm- klar: Im dritten Gebäude. Geradeaus und dann links."

Wir standen gerade vor Gebäude fünf und Damian drehte sich zu mir. "Mike hat nichts Besonderes über dich erzählt gestern. Wäre deine Frage damit beantwortet?" Er grinste.

Ich nickte.

"Hätte er das tun sollen? Bist du seine verrückte Ex? Nervige Stalkerin?" Wieder grinste er und zeigte eine Reihe weißer und gerader Zähne.

Ich schüttelte den Kopf. "Wirst bald sehen, was ich bin." Das fette Schweinchen; Miss Piggy. Ich sank den Blick und ließ ihn etwas verwirrt stehen und machte mich auf den Weg zu meinem Unterricht.

Ich betrat den Chemieraum, aber es war noch so gut wie keiner da. Also suchte ich mir einen Platz ganz hinten an der Fensterreihe und ließ meine Tasche auf den Boden knallen.

Mike hatte also nichts gesagt. Aber er hatte Damian doch im Auto gefragt, was er mit mir machte, oder? Hatte er es darauf beruhen lassen, als Damian sagte ich wäre sowas wie seine 'Stiefschwester'? Oder hatte er mich angelogen als er sagte, Mike hätte mich nicht großartig erwähnt und sie haben sich in Wahrheit ihre Mäuler über mich zerrissen? Oder im Gegenteil: Vielleicht hatte Damian so getan als verstehe er seine Frage nicht und mich nicht beachtet, als stände ich nicht neben Mikes Auto im strömenden Regen, weil ich ihm peinlich war? Ich hatte keine Ahnung.

Es ist doch egal, ob er weiß, dass du das Schulopfer bist oder nicht. Spätestens wenn Mike und/oder Mira wieder loslegen, wird er es mitbekommen.

Stimmt, es konnte mir egal sein. Was machte es schon aus, einer mehr oder weniger, der gegen mich ist. Ich würde sie einfach ignorieren.

 Entschlossen holte ich meine Stifte und Hefte aus der Tasche, als auch schon ein Schwall Schüler den Klassenraum betrat. Wenige Minuten später kam dann auch der Lehrer.

***

Bevor ich nach der vierten Stunde in die Cafeteria ging, wollte ich meine Bücher noch in meinem Spint unterbringen. Ich gab meine Zahlenkombi ein, öffnete die Tür und -

Platsch.

Lauter weißes Zeug quellte aus meinem Spint hervor und bevor ich mich versehen hatte, war ich voll damit. Nicht nur ich, sondern auch der Boden und vorallem mein Spint selbst - die ganzen Bücher die dort drinnen waren, meine Hefte, meine Notizen, meine Jacke, einfach alles war voller ...  was auch immer. Vermutlich Quark, aber ich wollte es eigentlich gar nicht wissen. Mit einer Mischung aus Entsetzen, Fassungslosigkeit und Erschrecken starrte ich an mir herunter - alles voll.

In dem Moment waren alle still gewesen, als hätten alle Schüler den Atmen angehalten, doch jetzt fingen alle an zu loszulachen.

Ich denke, man konnte es sich so verstellen, als stehe man auf einer großen Bühne mit hunderten von Leuten als Publikum. Plötzlich verspricht man sich oder tut unbeabsichtig irgendwas Peinliches; alle Augen sind auf einen gerichtet und die Menge fängt an zu lachen. So fühlte ich mich gerade. Wie das letzte Stück Scheiße.

Mike und Tom Tyler - ein Junge aus der 11c und einer von Mike Kumpels - lachten am Lautesten. Ich starrte immer noch auf das Schlamassel vor mir, traute mich nicht jemanden ins Gesicht zu schauen, da ich nicht wusste, welche Farbe mein Gesicht angenommen hatte. Wahrscheinlich weiß, rot und grün, alles hintereinander. Aber man konnte die Beiden deutlich heraushören.

"Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen!", rief Mike mir zu.

"Das ist Quark", brüllte Tom vor Lachen.

"Wir dachten, du würdest dich über Essensvorräte freuen", gackerte Mike. Die anderen lachten nur noch lauter. Ich schaute kurz auf und begegnete den Blick von Damian, der etwas abseits von dem Ganzen stand. Er lachte als Einziger nicht, sondern guckte etwas entsetzt.  Das war der Moment, als es Klick bei mir machte.

Mal wieder hatte Mike es geschafft, mich vor der ganzen Schule zu demütigen. 

Er hatte es mal wieder geschafft, mich lächerlich zu machen.

Er hatte es mal wieder geschafft, dass ich mich scheiße fühlte, wie Dreck.

Er hat mich wieder mal ausgelacht.

Mit einem lauten Rums knallte ich die Spinttür zu, schulterte meine Tasche und ging direkt auf Mike zu. Die ganze Schule schien mich mit Blicken zu verfolgen.

Meine Hand traf mit einem lauten patschenden Geräusch auf seiner Wange auf. Augenblicklich verstummte sein Gelächter und er hielt sich überrascht seine rote Wange; sie war mit Quark bedeckt. Seine Augen verengten sich und funkelten mich wütend von oben an. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Doch in dem Moment  interessierte es mich nicht.

"Du bist erbämlich", murmelte ich leise, aber bestimmt. Und dann, bevor mir die ersten Tränen die Wangen runterlaufen konnten, rannte ich aus der Schule, vorbei an den starrenden und grinsenden Schülern, die alles beobachtet hatten.

Was hab ich nur getan?

Our Little SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt