> Part 51

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,,Dad, sie beruhigt sich schon wieder", versuchte ich Dad zu trösten, als er seine Zimmertür aufschloss.

,,Ich meine, ich wäre auch nicht begeistert, wenn du irgendetwas von mir einfach wegschmeißen würdest, aber irgendwann würde ich mich auch wieder einkriegen."

,,Lass mal gut sein", murmelte er und zog sich seine Schuhe aus. ,,Wie war dein Tag denn so?"

Ich dachte daran, wie Damian heute Morgen aufgetaucht war und wie er dann in die Umkleide geplatzt kam und dann, wie wir durch die Stadt gegangen sind, wie ganz normale Leute.
,,Gut", sagte ich. Er ging zu dem kleinen Couchtisch vor dem Fernseher und griff nach einem Glas und der Wasserflasche, die dort auf dem Tisch stand. Ich stand immer noch an der Tür und blickte ihn an.

,,Willst du auch was trinken, Spätzchen?" Ich nickte und setzte mich neben ihm auf die Couch.
Er reichte mir das Wasserglas, während er mich fragte: ,,Was hast du denn Schönes gemacht?"
,,Ich war shoppen. Klamotten und was für Leah."
,,Alleine? Du hättest doch mich oder Sally fragen können, wir wären gerne mitgekommen."
Wieso dachte er automatisch, dass ich alleine shoppen gehe? War Damian etwa zu cool für mich? Was für eine Frage, natürlich ist er das.
,,Damian ist mitgekommen", erwiderte ich und trank ein Schluck. Mir entging nicht, dass Dad mich überrascht ansah.

Aber dann lächelte er. ,,Es freut mich, dass ihr euch versteht", meinte er. ,,Weißt du, am Anfang, als er eingezogen ist, hatte ich die Befürchtung ihr würdet euch die ganze Zeit nur anzicken. Wie Geschwister halt."
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Dass wir manchmal gar nicht miteinander klar kamen, aber manchmal auch mehr, als wir sollten? Ich war mir nicht sicher, ob es das war, was Dad hören wollte.
,,Er ist ganz okay", sagte ich stattdessen.
Er wollte was erwidern, aber ich wechselte schnell das Thema.
,,Ich schlaf heute wohl am Besten hier, oder? Also falls Damian heute bei Sally schläft."

Er nickte. ,,Ich kann auf der Couch schlafen, falls du schon zu alt bist um mit deinem alten Vater in einem Bett zu schlafen", lachte er.

Ich grinste. ,,Ist schon okay, aber nur, wenn du die Gute-Nacht-Geschichte weglässt. Dafür bin ich wirklich zu alt."

,,Früher konntest du nie genug von meinen Geschichten haben. Wenn ich dir mal keine vorgelesen habe, bist du aus Protest die ganze Nacht aufgeblieben."

,,Mum musste dann immer kommen, um mich zu beruhigen. Dich wollte dann nicht mehr sehen, weil ich sauer auf dich war."

,,Stur warst du auch schon mit vier."
,,Das liegt wohl in den Genen, Daddy", sagte ich und lächelte etwas wehmütig. Früher war alles viel einfacher, meine einzige Sorge war es, dass ich keine Gute-Nacht-Geschichten von meinem Daddy und keinen Gute-Nacht-Kuss von meiner Mummy bekommen würde.

,,Das hat sie auch immer gesagt", sagte Dad und ich natürlich sprach er von Mum. Eine Weile herschte Stille, uns beiden war bewusst, dass wir nicht über sie sprechen sollten. Es würde nur noch mehr weh tun.
Plötzlich sprang Dad von dem Sofa auch, klatsche in die Hände und lächelte mich betont munter an, dennoch konnte ich die Traurigkeit in seinen Augen erkennen.
,,Hast du Hunger? Ich kann uns was hochkommen lassen. Worauf hast du Lust?" 
Eine halbe Stunde später kam der Zimmerservice mit unserer Spaghetti. Ich aß, weil ich schrecklichen Hunger hatte. Und weil ich bei meinem Dad war, der mich nicht verurteilte, weil ich esse. Er würde mich nie beschimpfen. Vielleicht war er sogar der einzige Mensch, der mich so nahm, wie ich war.

Zum Schlafen bot mir Dad irgendetwas von seinen Klamotten an, aber ich sagte, ich konnte auch gut in meinen Klamotten schlafen. Dann meinte er doch tatsächlich, ich solle mir etwas von Damian nehmen, aber das wollte ich erst recht nicht. Zwar war meine Jeans zum Schlafen etwas unbequem, aber es war immer noch besser, als morgen früh in Dads – oder schlimmer noch – in Damians Jogginghosen aufzuwachen.
Fünf Minuten nachdem wir uns hingelegt haben, schnarchte Dad schon. Mir wurde bewusst, dass ich vermutlich auf Damians Bettseite lag. Aber wahrscheinlich schlief einer der beiden sowieso auf der Couch, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass die beiden zusammen in einem Bett schliefen. Ich fragte mich, ob Damian jetzt wohl auf meiner Bettseite schlief. Weder Sally noch Damian haben sich heute noch bei uns blicken lassen, aber ich wünschte mir wirklich, dass Sally sich beruhigt hatte und bereit war, sich mit Dad zu vertragen.
Ich dachte noch ein wenig über unsere etwas komische Familie, über meine Mum und über Damian nach, bevor ich einschlief und nur wirres Zeug über streitende Umkleidekabinen träumte.

Our Little SecretWhere stories live. Discover now