> Part 23

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Am nächsten Nachmittag ging ich direkt nach der Schule in die Stadt. Ich wollte noch in die Buchhandlung und in die Drogerie, um ein paar Sachen zu besorgen.

In der Schule war heute ausnahmweise alles glatt gelaufen - Mike bin ich aus dem Weg gegangen so gut es ging und auch sonst hab ich mich nicht in der Cafeteria oder sonst wo blicken lassen, bin einfach nur zum Unterricht gegangen und wieder raus.

Ich schulterte meine Umhängetasche neu und betrat die Drogerie, auf der Suche nach einer neuen Handcreme und nach Sachen, die ein Mädchen halt braucht. Ich quetschte mich durch die Leute, denn nach der Schule ist die Stadt immer total voll und die Leute tummelten sich hier nur. Als ich endlich an dem Handcremen-Stand angekommen bin, brauchte ich ersteinmal eine Weile, bis ich eine gefunden habe, die gut roch und nicht arschteuer war. Ich suchte die anderen Sachen zusammen, begab mich in die lange Schlange der Kasse und verließ schließlich nach dem Bezahlen das Geschäft.

In der Buchhandlung suchte ich irgendein gutes Buch. Ich ging die Regale entlang und schaute mir hier und da mal ein Buch an, aber ich fand nichts Gescheites, obwohl es ja hieß, dass man ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen sollte. Irgendwann beschloss dann einfach Ein ganzes halbes Jahr zukaufen. Vielleicht war das ja ganz gut. Ich stellte mich erneut in der Schlange an und ging ein wenig später mit einer Tüte aus dem Laden. Jedoch stoperte ich wegen irgendwas und wäre fast hingefallen, ließ stattdessen aber meine Tüte fallen - und prompt stolperte irgendein Mädchen über das Buch. Ich konnte sie gerade noch am Arm festhalten, bevor sie schmerzhaft auf alle vieren fallen konnte.

"Alles okay?", fragte ich peinlich berührt und hob schnell meine Tüte auf.

Ein Mädchen mit roten Haaren, braunen Augen und Sommersprossen auf dem Gesicht schaute mir etwas überrumpelt ins Gesicht, nickte dann aber lächelnd. Sie hatte auch eine Tüte von der Buchhandlung in der Hand und strich sich gerade ihre Haare aus dem Gesicht.

Aber irgendwie kamen mir die roten Haaren bekannt vor; war das nicht das Mädchen, die ihr Tagebuch verloren hatte? Die Haarefarbe stimmte auf jeden Fall. Ich beschloss einfach mal auf gut Glück zu fragen.

"Hey, die Frage ist jetzt bestimmt total dämlich, aber hast du in letzter Zeit vielleicht irgendwas verloren? Ein Tagebuch oder so?"

Sie schaute mich verwirrt an. "Ja, vor ein paar Tagen. Woher weißt du das?" Ihr Blick war nun verwirrt und etwas misstrauisch. Denkt sie etwa, ich sei ein Stalker oder sowas?

Ich zog das Tagebuch aus meiner Schultasche und zeigte es ihr. "Das hier?"

Ihre Augen weitetet sich. "Wo hast du das denn her?", fragte sie, nahm mir das Buch aus der Hand und blätterte ein wenig drin herum.

"Du hast es vor ein paar Tagen hier in der Stadt verloren. Ich hab dir noch nachgerufen, aber du hast mich anscheinend nicht gehört. Da hab ich's einfach eingesteckt", erklärte ich und zuckte die Schultern.

"Oh, na dann, vielen Dank!", sagte sie und lächelte erneut. Als sie fragte "Nichts Spannendes, oder?", lächelte sie immer noch. Ich jedoch brauchte ein paar Sekunden, bis ich begriff, was sie meinte und schüttelte schnell den Kopf.

"Oh nein, nein, nachdem ich gecheckt hab, dass das ein Tagebuch ist, hab ich nicht mehr weiter glesen", beteuerte ich ihr.

"Warum nicht? Jeder andere hätte es gemacht." Ich fragte mich, ob sie sauer wäre, wenn ich es tatsächlich gemacht hätte, aber bis jetzt sah sie immer noch freundlich aus.

Wieder zuckte ich die Schultern. "Naja, ich hätte auch nicht gewollt, dass jemand wüsste, wie scheiße es mir immer geht und -" Schnell unterbrach ich mich. Sie hob eine Augenbraue und sah mich an, sagte aber nichts.

"Also ich meine: Mich geht es nichts an." Ich lächelte und verlagerte mein Gewicht auf mein anderes Bein.

"Mir ging es auch mal eine Zeit lang total scheiße, ich weiß also wie du dich fühlst. Betrachte uns also sozusagen als Seelenschwestern." Sie lachte und ich musste zugeben ihr Lachen war ziemlich symphatisch. Ich grinste nun auch.

"Gut zu wissen", erwiderte ich. "Und wie heißt meine Seelenschwester?" Schon nach wenigen Minuten fing ich an sie zu mögen und dabei wusste ich nichteinmal ihren Namen.

"Lily. Und du?"

"Aria."

"Gibt es da nicht so eine Serie -?"

"Pretty Little Liars, meinst du?", fragte ich lachend.

"Oh ja, genau." Sie nickte. "Jedenfalls mag ich deinen Namen."

"Er ist ganz okay."

"Darüber lässt's sich streiten", erwiderte Lily und lächelte. "Warte." Sie drückte mir ihre Tüte in die Hand. "Das kannst du haben."

Ich schaute herein und zog ein in blau geschlagenes Büchlein heraus. Die Seiten waren leer. "Ein Tagebuch?"

Sie nickte. "Ich hab meins ja jetzt wieder. Und manchmal tut es echt gut scheiß Gedanken aufzuschreiben. Mir jedenfalls hat's geholfen."

Ich dachte einen kurzen Moment darüber nach, dass wir uns ja eigentlich gar nicht kannten und sie mir Geschenke machte. Konnte ich das annehmen?

"Willst du's nicht?", fragte sie als sie mein Zögern bemerkte. Ich fand, sie sah irgendwie enttäuscht aus, so wie sie ihre sommersprossige Stirn runzelte.

"Doch, klar. Vielen Dank!", sagte ich, steckte das Buch wieder ein und lächelte dann.

Sie nickte zufrieden und warf dann einen schnellen Blick auf die Uhr. "Ich muss jetzt los, aber vielleicht sehen uns wir ja nochmal wieder? Auf eine Runde Pretty Little Liars?"

"Klar, wieso nicht?", grinste ich.

"Okay, okay, warte, ich geb dir noch schnell meine Handynummer." Ich gab ihr mein Handy und sie tippte ihre Handynummer ein und als sie mir schließlich mein Handy zurückgab, umarmte sie mich kurz stürmisch und verstand dann in die entgegengesetze Richtung, aber nicht ohne mir ein "Bye!" hinterherzurufen.

Sie mag zwar klein und mädchenhaft niedlich sein, aber ich merkte schon jetzt wie stürmisch und energiegeladen sie war. Ich fragte mich, ob es sowas wie 'Freundschaft auf den ersten Blick' gab.

***

Zuhause angekommen fand ich Damian in der Küche vor. Er war konzentriert über das Geld gebeugt, das Dad und Sally uns da gelassen hatten.

"Was machst du da?", fragte ich und legte die Tüten auf den Küchentisch.

"Überlegen."

"Aha. Was du mit dem Geld anstellen kannst oder was?"

"Das weiß ich schon. Morgen steigt eine Party bei uns", antwortete er und grinste wie ein Honigkuchenpferd.

Our Little SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt