> Part 6

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Wir waren kaum zehn Minuten unterwegs, als ich über einen losen Backstein stolperte und fast auf die Schnauze fiel. Man sollte meinen, ich habe mich schon längst an meine Tollpatschigkeit gewöhnt, aber ich lief jedes mal erneut rot an.

Damian rollte nur mit den Augen und witzelte: "Ich wette mit Brille lebst du zehn Jahre länger."

Ich hatte meine Ray Ban gegen Kontaktlinsen getauscht, daran lag es also nicht.

Seit dem Vorfall in der Schule, bei dem Mira mal wieder beteiligt war, trug ich die Brille nur zuhause. Es passierte irgendwann in der siebten Klasse. Ich hatte übers Wochenende meine erste Brille bekommen, da meine Augen sich verschlechtertet hatten und musste sie also auch in der Schule tragen. Aber Mira - die schon damals ein Biest war - und ihre Anhängerschaft hatten somit einen neuen Grund gefunden um mich piesacken zu können. Sie riefen durch die ganze Cafeteria "Brillenschlange, Brillenschlange!" und rissen mir die Brille von der Nase und warfen sie hin und her, bis sie schließlich halb ausgeleiert und zerkratzt auf dem Fußboden landete. Nach der Schule hatte ich meinen Dad um Kontaktlinsen angefleht.

Ich schüttelte diese Erinnerung ab und ging einfach weiter.

Als wir dann endlich in der Stadt angekommen waren, wies ich mit der Hand als erstes nach rechts, zu einem riesigen Backsteinhaus. "Dort sind die ganzen Arztpraxen - Zahnarzt, Augenarzt, Hals-Nasen-Ohren-Arzt - naja, du weißt schon. Allerdings kannst du da nur mit Termin aufkreuzen." Das wollte er ganz bestimmt wissen, Aria.

Wir gingen weiter die Passage entlang. "Hier ist dann Starbucks-"

"- deren Kaffee wohl zum Wegschütten schlecht ist", unterbrach er mich grinsend, aber ich schaute schnell weg.

"Es gibt noch ein paar Cafés hier in der Nähe, die auch ganz gut sind", erklärte ich weiter.

"Naja und hier sind dann die üblichen Läden wie NewYorker, Forever 21, Topshop und so weiter." Ich deutete mit den Händen auf die Umgebung um uns herum. Wir waren mittlerweile in der Innenstadt angekommen, wo sich unzählige Leute tummelten. "Da hinten ist ein Friseur und ein paar Imbissbuden."

"Gibt's hier auch noch ein paar gute Pub's?", fragte Damian und sah sich um.

"Hm, klar, aber die soll'n aber ziemlich ... schmierig sein", murmelte ich. Nicht, dass ich da schonmal gewesen wäre.

"Also perfekt für mich gemacht", meinte er und grinste. Ich sagte nichts dazu.

Ich zeigte ihm schließlich noch ein paar Sportläden, wo er dann auch 'kurz' reingehen wollte um sich neue Schuhe zukaufen. Damian erwies sich als sehr anspruchsvoll und brauchte mindestens genauso lange, wie eine Frau gebraucht hätte, um sich den perfekten Schuh rauszusuchen.

Naja, vielleicht dauerte es auch nur so lange, weil er nonstop mit der blonden Verkäuferin flirtete, die von Damian ganz angetan schien. Ich sprach die ganze Zeit kein Wort und verdrehte bei jedem Gekichere der Verkäuferin die Augen. Sie erinnerte mich sehr stark an Mira, mit ihren blondierten langen Haaren, die sie immer, wann es ging nach hinten warf und ihrem anzüglichen Gegackere. Ich wäre am liebsten gegangen und ich wusste nicht, wieso ich das nicht einfach getan habe. Vielleicht weil ich mich schlicht und einfach nicht getraut habe - weiß der Teufel wieso.

Nach zwei Stunden - so schien es jedenfalls - verließen wir endlich das Geschäft, Damian mit einer Adidas-Tüte in der Hand. Der Himmel hatte sich verdunkelt und die ersten Regentropfen fielen herab. Als wir dann wieder an den Arztpraxen vorbei liefen, hatte sich der Nieselregen in einen Wasserfall verwandelt und wir waren beide klatschnass, worüber Damian sich aufregte.

Ein kleiner schwarzer Volvo fuhr durch die nassen Straßen und hielt plötzlich neben uns am Gehweg an. Das Beifahrerfenster wurde runtergelassen.

Damian schirmte sich die Augen mit der Hand ab, um durch den Regen besser erkennen zukönnen, wer auf dem Beifahrersitz saß, doch ich erkannte es sofort.

Our Little SecretWhere stories live. Discover now