09 - Misstrauen

12.9K 447 12
                                    

Keine Minute lang habe ich auch nur ein Auge zu bekommen. Ich hatte die ganze Zeit an das gedacht was sich in den letzten 48 Stunden abgespielt hatte.

Jetzt klingelte mein Wecker,ich schlug mit der flachen Hand auf ihn,sodass er verstummte.
Langsam richtete ich mich auf,für einen Augenblick wurde mir schwarz vor Augen.

Mein Kopf schmerzte und meine Wange pochte. Ich stand vom Bett auf,mit langsamen und schweren Schritten lief ich ins Badezimmer.

Ich zog mir den Pullover von gestern Nacht aus,ebenfalls die Unterwäsche und stieg in die Dusche. Das Wasser stellte ich auf ganz kalt.
Meine Augen würden sich jeden Moment von selbst schließen. Ich war so müde.

Ich stand einfach nur in der Dusche und ließ das eiskalte Wasser auf mich abprallen.
Mein Gesicht in den Wasserstrahl gestreckt.
Ich spürte die Kälte nicht,erst als ich sah das ich am gesamten Körper zitterte,stellte ich das Wasser ab und verließ die Dusche wieder.

Ich schlang ein Handtuch um meinen Körper und ein kleineres um meine Haare.
Mein Blick glitt zum Spiegel.
Meine Wange war in einem dunklen lila gemischt mit blau und gelb verfärbt.

An der rechten Seite über meiner Augenbraue war die Platzwunde deutlich zu erkennen.

Wie sollte ich das nur meinen Freunden erklären? Ich nahm mir meine Zahnbürste in die eine und meine Zahnpasta in die andere Hand. Ich putzte mir die Zähne und dann lief ich in mein Zimmer.

Ich zog mir meine Unterwäsche an,eine schwarze Jeanshose und ein blaues Oberteil. Jetzt saß ich an meinem Schminktisch und versuchte meine Wange zu überschminken, doch egal wie viel Schichten Make-up ich auch drauf klatsche,das blaue stach immer wieder hervor,als würde es wollen,dass jeder sah,was sich auf meiner Wange befand.

Meine Platzwunde konnte ich sowieso nicht überdecken. Frustriert legte ich die Foundation weg und tuschte mir stattdessen die Wimpern. Ich machte meinen Zopf auf.

Meine Haare fielen mir in großen Wellen über die Brust. Ich ließ sie offen,in der Hoffnung mein Gesicht damit verdecken zu können.

Eigentlich hatte ich noch 15 Minuten Zeit,doch heute wollte ich vor Lu weg sein. Ich wollte nicht, dass sie mich mit Fragen durchlöcherte.

Also nahm ich mir mein Handy und meine Schultasche und lief leise die Treppen hinunter. Ich hoffte so sehr meinen Vater nicht antreffen zu müssen und mein Wunsch erfüllte sich.

Im Haus war es toten still.
Mein Magen gab ein Knurren von sich,also nahm ich mir schnell einen Apfel und verließ das Haus.

Es war kälter als gedacht.
Der Wind war stark,sodass mir meine Haare ins Gesicht flogen.
Der Himmel war dunkel,viele Wolken waren zu sehen und es regnete.

Ich zog mir die Kapuze meiner Jacke so tief in die Stirn und schaute auf den Boden.

Ich zählte meine Schritte beim gehen.
Ich schaute mir jeden Pflasterstein an,jede Delle,jeden Grashalm.
Ich zählte alle roten Autos.
Ich zählte alle Lkws und Lastwagen,die ich sah um an etwas anders als zuhause zu denken.

Ich war gute 20 Minuten vor Schulbeginn am Schultor. Ich betrat den Schulhof,außer ein paar Ausnahmen,war hier keiner zu sehen.
Ich lief in das Gebäude rein,direkt auf die Toiletten zu und sperrte mich in einer an.

Ich sank an der Kabinenwand hinunter und legte meinen Kopf auf meine angezogenen Knie. Ich würde das schaffen.
Ich würde ihnen sagen, dass alles okay sei.
Ich würde Lächeln und mit ihnen Spaß haben. Ich würde sagen,dass mit meinem Gesicht war ein dummer Unfall.

Ich war schließlich ein tollpatschiger Mensch und das wussten Alexander und Lu auch.
Ich würde jedem erzählen,dass ich gegen eine Tür gelaufen war und dabei lachen.

Between usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt