44 - Trauerrede

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Er hielt den Wagen an,legte sanft seine Hand auf meinen Oberschenkel.
Mein Herz schlug mir wie wild gegen die Brust.

,,Ich bin bei dir"

Ich nickte. Er legte seine Hand auf meine Wange,sah mir tief in die Augen,strich mir sanft über die Wange.

,,Können wir?"

Wieder nickte ich. Er ließ die Hand langsam sinken,nahm meine Hand in seine und stieg mit mir zusammen aus dem Wagen.

Ich starrte auf das große Friedhofstor,starrte auf die Menge an Leuten. Ich hasste Friedhöfe.
Kaum zu glauben,doch ich hatte noch nie einen Friedhof betreten. Ich hatte mich jedes mal geweigert,als meine Eltern mich dort hin schleifen wollten. Jedes Jahr ist meine Schule zum Friedhof gegangen,jedes Mal bin ich stattdessen in der Schule geblieben und habe lieber den ganzen Tag Mathe gemacht.

Wir liefen durch das riesige Tor,liefen zu der großen Kapelle. Sämtliche Leute hatten sich versammelt. Alle aus unserer Nachbarschaft waren hier,selbst meine Lehrer sah ich. Ich schluckte. So viele Menschen waren gekommenen,die meisten kannte ich nicht einmal. Ich sah Luisa und Alexander,beide standen mit ihren Eltern zusammen. Ich wollte weg sehen,doch sie hatten mich schon entdeckt und liefen auf mich zu. Zander's Arm schlang sich um meine Hüfte.

,,Juls",sagte Alex.

Immer noch sah er mitgenommen aus.
Das schlechte Gewissen packte mich.
Ich stand eng umschlungen neben Zander,während Alex mit seinen blauen Flecken und den Prellungen mich ansah,uns anstarrte.

,,Alex"

Zander's Griff um meine Hüfte verstärkte sich,besitzergreifend zog er mich noch enger an sich.

,,Es tut mir so leid",stammelte Lu,ich nickte.

,,Zander" Alexander nickte ihm zu,seine Augen zu Schlitzen verengt.

,,Wie gehts dem Gesicht?",fragte Zander provozierend.

,,Alles in Ordnung,danke. Und danke Jul's das du die ganze Nacht da warst,als es kein anderer tat. Danke,dass ich nicht alleine sein musste"

Ich schluckte. ,,Das ist doch selbstverständlich",sagte ich leise.

Zander's Körperhaltung verkrampfte sich.
Alexander trat näher an mich,ich sah wie Zander ihn beobachtete.
Er stand jetzt keinen Zentimeter mehr von mir entfernt.

,,Es tut mir wirklich leid",flüsterte er. Er machte Anstalten mich zu umarmen,doch Zander stellte sich ihm in den Weg,er stellte sich vor mich und versperrte mir jegliche Sicht.

,,Das weiß sie sehr zu schätzen",antwortete er ironisch.

,,Ich denke nicht das du für sie antworten musst"

,,Das denke ich schon,du musst nicht mit ihr reden",knurrte er.

,,Hört auf,es geht nicht um euch,es geht um Jul's Mom",sagte Lu.

Zander drehte sich zu mir,sah mich schuldbewusst an,beugte sich zu mir hinunter und flüsterte mir ins Ohr ,,Es tut mir leid Baby"

Er nahm sanft meine Hand und zog mich hinter sich her. Wir ließen Alexander und Luisa einfach so stehen. Wir liefen gerade aus,mein ganzer Körper zitterte. Ich hielt meinen Blick gesenkt,konnte die Leute nicht ertragen,wollte mir die Grabsteine der anderen verstorbenen nicht ansehen.

Plötzlich blieben wir stehen. Ich hob meinen Kopf,vor mir eine große Tribüne aufgebaut,mitten darauf der geöffnete Sarg und ein großes Bild von ihr,ich schluckte.
Zander drückte meine Hand,ich konnte ihn nicht ansehen,nicht jetzt.

Ich sah all die Leute an,all die fremden,die Nachbarn,so viele die wegen meiner Mom hier waren. Langsam setzten wir uns wieder in Bewerbung,gesellten uns zu den anderen,blieben jedoch weiter abseits von Ihnen. Ich konnte Großvater und Großmutter sehen,sah meinen Dad,sah Alex und Luisa.
Alle starrten auf den Sarg,keiner sagte etwas.

Between usWhere stories live. Discover now