85 - Beerdigung

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Heute morgen hatte die Polizei vor unserem Haus gestanden. Georg stand verschlafen vor der Tür,ich hinter ihm. Sofort hatte ich angefangen zu weinen. Ich wusste wieso sie hier waren und wollte es einfach nicht wahr haben.

Georg hatte mich verstört angesehen,die Polizisten hatten mich bemitleidet und ich konnte nur schluchzen.

Ich hätte aus dem Haus oder in mein Zimmer rennen sollen,doch stattdessen war ich wie erstarrt stehen geblieben.

,,Es tut mir leid",hatten die Polizisten gesagt.

,,Zakaria Scott hat sich letzte Nacht das Leben genommen",hatten sie gesagt

Ich hatte mein Herz brechen hören können,hatte meine eigenen Schreie hören können,hatte spüren können wie Georg mich in seine Arme zog.

,,Was ist passiert?",hatte Georg gefragt.

Die Blicke der Polizisten waren zu mir geglitten,doch geantwortet hatten sie ihm.

,,Er hat sich vor die Gleise geworfen,er war sofort tot"

Und dann war ich auf dem Boden zusammengebrochen.

Seitdem morgen waren zwei Wochen vergangen. Zwei Wochen voller Schmerzen,Trauer,Qualen.

Seit zwei Wochen lag ich in meinem Bett,hatte es kein einziges Mal verlassen,außer zur Toilette und zurück. Ich weigerte mich zu essen,etwas zu machen,nach draußen zu gehen.

Niemals hätte ich für möglich gehalten so etwas zu fühlen wie jetzt. Niemals hätte ich geglaubt,dass man sich selbst so sehr verlieren könne,wie ich es hatte.

Seit zwei Wochen hatte ich kein einziges Mal mit Georg gesprochen,ich hatte mit niemandem gesprochen.

Der Schmerz wurde von Tag zu Tag unerträglicher,ich hielt es nicht mehr aus.
Ich schlief den ganzen Tag,war innerlich wie auch äußerlich schon längst tot.

Als Zander gestorben war,war ich mit ihm gestorben. Er hatte mir das Leben versaut und dafür hasste ich ihn.

Seit zwei Wochen laß ich mir täglich,hundertemale seinen Brief durch und trotzdem fiel es mir nicht leichter die Trauer und den Schmerz zu verarbeiten.

Ich hatte immer geglaubt zu wissen wie sich Schmerz anfühlt,was er mit einem macht,wie schrecklich er eigentlich war.

Ich hatte gedacht ich hatte schon jede Art von Schmerz durchlebt. Den Verlust meiner Mom,meiner Freunde,die ständigen Trennungen von Zander,mein Vater,die lügen,all das war jedoch nichts gegen den Verlust von Zander gewesen.

Es war unerträglich,der Schmerz wollte einfach nicht vergehen. Wenn ich einschlief,wenn ich aufwachte,er war immer da. Wenn ich die Augen aufschlug,wenn ich mich bewegte,wenn ich stand um zur Toilette zu laufen,wenn ich saß,wenn ich eine Bewegung machte,er war da.

Mein Herz war nicht gebrochen,nein,es wurde mir wortwörtlich herausgerissen. Ich hatte gebrochene Herzen,Liebeskummer oder sonstigen Kram in Büchern immer als übertrieben empfunden,doch jetzt? Jetzt kam er mir untertrieben vor.

Wieso lernte man in der Schule Kunst und nicht mit dem Tod geliebter Menschen umzugehen? Wieso schwiegen alle Menschen wenn es um Verluste und Tode ging? Wieso schwiegen Menschen wie es ihnen ging und was sie dachten?

Hunderte Fragen die mir durch den Kopf schwirrten. Ich möchte schreien und weinen,will mich vor die nächsten Gleise stürzen,will mich betrinken,mir die Arme aufschlitzen,mir den Kopf einschlagen,einfach alles gleichzeitig.

Ich will das dieser Schmerz aufhört,ich will mir das Herz rausschneiden,will sein Gesicht nicht mehr sehen,seine Stimme nicht mehr hören,seinen Duft nicht mehr riechen,will ihn einfach nur vergessen,unsere gemeinsame Zeit vergessen.

Between usWhere stories live. Discover now