83 - Brief

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Ich streckte meinen Arm aus,erwartete einen warmen Körper neben mir,doch spürte nichts.
Ich riss meine Augen auf,sah einen Zettel auf dem Kopfkissen liegen.

Sofort richtete ich mich auf und nahm ihn zur Hand. Es war immer noch stockdunkel.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir,dass erst fünfzig Minuten vergangen waren seitdem Zander und ich schlafen gegangen waren und jetzt war er weg.

Mit zitternden Händen und schnell schlagendem Herzen griff ich nach ihm und fing an zu lesen.

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Ich kniff die Augen zu,Juls in meinen Armen. Ich spürte ihr schlagendes Herz unter meiner Hand,spürte ihren Atem an meinen Lippen.

Ich öffnete die Augen,sah ihr beim schlafen zu. Sie sah aus wie ein Engel,wunderschön und unschuldig zugleich.

Ich hatte alles was ich wollte,ich hatte sie und doch war es nicht genug obwohl es das sein musste.

Ich müsste dankbar dafür sein sie zu haben und das war ich auch und doch war ich nicht dankbar genug um ihr alles zu geben was sie verdiente.

Langsam löste ich mich von ihr und lief auf Zehenspitzen aus dem Zimmer.
Mein ganzer Körper zitterte,der Schweiß brach aus.

Man sollte meinen ich wüsste wie sich der Entzug von Drogen anfühlte,doch es war jedes Mal aufs neue ein innerer Kampf mit mir selbst.

Ich setzte mich auf den Stuhl in der Küche und starrte aus dem Fenster. Ich sah zu den Sternen,schloss die Augen und sah Mom's Gesicht.

Wie sehr sie es geliebt hatte nachts in den Himmel zu sehen und die Sterne zu zählen. Wie sehr ich es geliebt hatte,ihr dabei zuzusehen.

Wie sehr ich es vermisste ihr dabei zuzusehen,ihrer Stimme beim zählen zuzuhören,einfach nur bei ihr zu sein.

Wie oft ich mir die Schuld für ihren Tod gegeben hatte,wie ich ihn mir gerade gab.

,,Du hast sie umgebracht",waren die Worte meiner Schwester gewesen. Sie hatte mit Worten um sich geschlagen,mich angeschrien,angebrüllt,auf mich eingeschlagen.

Jeden Tag gab sie mir das Gefühl der größte Abschaum zu sein. Sie hatte kein Wort mehr mit mir nach dem Tod von Mom gesprochen,nicht einmal angesehen hatte sie mich.

Es hat mich innerlich gefickt. Jedes ihrer Worte hatte mich Tag für Tag gefickt und dann war da auch noch Dad.

Er glaubte ebenfalls daran das ich Schuld gewesen war,dass ich Mom in den Tod getrieben hatte und ich glaubte ihm ebenfalls,ich glaubte beiden.

Tag für Tag,Woche für Woche,Jahr für Jahr wurde es immer schlimmer. Keiner sah mich mehr,ich war Luft für die zwei geworden.

Ich kam jeden Tag zugedröhnt und besoffen nach Hause,doch keinen hatte das interessiert. Wahrscheinlich hatten die zwei es nicht einmal bemerkt oder es war ihnen einfach egal gewesen.

Ich kniff die Augen fester zusammen,sah mich zwei Jahre zurückversetzt.

,,Du bist Schuld",schrie sie.

,,Es tut mir leid",hatte ich geflüstert.

Schreiend war sie auf mich zugerannt,hatte auf mich eingeschlagen,immer härter immer fester und ich? Ich hatte nichts dagegen gemacht,ich hatte es nicht anders verdient.

Between usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt