54 - Zweiter Versuch

7.1K 277 15
                                    

Ich betrat das Badezimmer,drehte den Wasserhahn auf und ließ es in die Badewanne fließen.

Ich zog mich aus und schaute in den Spiegel.
Meine Augen rot vom weinen.Mein Blick glitt zu meinem Ausschnitt,zu der Kette die ich von Zander hatte.

Ich nahm sie in die Hand,drückte sie fest.
In den letzten Wochen war sie das einzige was mir geholfen hatte den Schmerz einigermaßen hinunter zu schlucken.

An manchen Tagen hatte es geholfen,an anderen weniger.

Mein Blick löste sich von meiner Hand und der Kette und glitt wieder zurück zu meinem Gesicht.

Ich starrte meine grünen Augen an,diese grünen Augen von denen ich dachte sie würden meinem Vater gehören.

Verbittert lachte ich auf.
Sie gehörten ja meinem Vater,nur dem falschen.

Ich wandte mein Gesicht vom Spiegel ab,nicht länger konnte ich das Gesicht eines anderen sehen. Nicht länger konnte ich mir selbst ins Gesicht sehen,denn ich sah nur lügen,nichts als lügen.

Ich selbst war wahrscheinlich die größte davon.
Ich war ein Kind welches mit dem falschen Vater aufgewachsen war.

Langsam stieg ich in die Badewanne,versank im warmen Wasser.

Ich schloss meine Augen und suchte nach Dingen die ich Jahre lang vor mir hatte und doch nicht gesehen habe.

Georg war an jedem meiner Geburtstage da,selbst wenn es mein 'Vater nicht war.
Meine Mom hatte ständig von ihm geredet.

Dunkel erinnerte ich mich an die Zeiten in denen es meiner Mom nicht gut ging.
Sie weinte tagelang und ich blieb alleine in meinem Zimmer.

Früher dachte ich immer es würde an mir liegen,dass sie mich nicht mehr wollte oder mich satt hatte.

Oft hatte ich gedacht,dass sie mich vergessen hatten und dann wenn Georg da war,war ich glücklich.

Nie habe ich verstanden wieso ich mich so sehr auf meinen Nachbarn gefreut hatte,wieso er immer für mich da gewesen war,wenn es Mom nicht gut ging,wenn Dad wieder nicht zuhause war.

Ich fragte mich wie es dazu gekommen war das sie und Georg wieder eine Verbindung zusammen aufgebaut hatten.

In ihren Tagebüchern beschrieb sie ihre Gefühle haargenau.Die Trauer,den Schmerz,die Sehnsucht nach ihm.

Wie war es dazu gekommen,dass er Tagelang bei uns war?

Hatten die zwei wieder zueinander gefunden?
Hatten die zwei etwas miteinander gehabt,während Dad arbeiten war?
War meine Mutter diejenige gewesen die meinen Vater zu erst betrogen hatte?

Ich schloss fester die Augen.

Gute Nacht Juli.
Jede Nacht wenn ich geschlafen habe, weil es schon zu spät war,hatte ich gedacht,dass mein Vater immer ins Zimmer gekommen war um mir trotzdem gute Nacht zu sagen. Doch wenn ich jetzt die Stimme hörte,gehörte sie ihm nicht,sondern Georg.

Ich wusste nicht mehr wer wer war.
Wusste nicht mehr mit wem ich was erlebt hatte. Wusste nicht mehr wer mir von beiden das Fahrradfahren beigebracht hatte.
Wer mir bei den Hausaufgaben geholfen hatte.
Meine Erinnerungen hatten sich alle vermischt,dass Gesicht meines Vaters nicht mehr deutlich zu erkennen.

Between usTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon