N I N E

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~ Ash ~

"Wer zur Hölle ist Cole!?"

Ich legte mir das Smartphone ans andere Ohr und zupfte nervös an den Ärmeln meines Shirts herum, während ich nach den richtigen Worten suchte: "Er... Cole ist...", stammelte ich und drehte mein Gesicht schnell richtung Fenster.
Cole saß neben mir auf dem Fahrersitz und lauschte meinem Telefongespräch mit Amy. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie sich sein Griff um das Lenkrad verstärkte.

Mir war bis zu diesem Moment gar nicht klar gewesen, dass Amy und Layla ja nicht die gringste Ahnung hatten, wer Cole war. Der Einzige, dem ich im Vertrauen von Cole's Rolle in meiner Vergangenheit erzählt hatte, war Tyson.

"Er ist ein guter Freund von früher.", erklärte ich Amy dann etwas verkrampft und hörte sie am anderen Ende der Leitung Seufzen. "Hauptsache es geht dir gut. Layla und ich haben uns echt erschreckt, als du gestern plötzlich weg warst...!", meinte sie vorwurfsvoll.
Ich lächelte leicht und blickte durch die Fensterscheibe auf den klaren Himmel.
Vermutlich würde ich für eine Weile keinen so klaren Himmel mehr zu sehen bekommen.
Mit einem schweren Gefühl im Magen dachte ich daran, wie dankbar ich doch für Lamy war.
Ich hoffte, dass sie das wussten.

"Hör mal, ich werde fürs Erste mit ihm zurück nach Creycliff gehen.", setzte ich zögerlich an.
Für ein paar lange Sekunden herrschte Schweigen auf ihrer Seite.
Ich kaute ungeduldig auf meiner Unterlippe herum, bis plötzlich Layla in verwirrten Ton entgegnete: "Wie bitte!? Bist du gerade auf dem Weg nach Creycliff?"
Natürlich hatte sie die ganze Zeit bei Amy gestanden und zugehört. Zudem gab sie sich keine Mühe, den enttäuschten Unterton in ihrer Stimme zu verbergen.
"Noch nicht. Wir fahren erst zu Tyson und holen meine Sachen.", antwortete ich und bemerkte, dass wir in wenigen Sekunden bei dem Haus ankommen würden, in dem Tyson und ich seit Jahren zusammen wohnten.

"Aber wehe, du meldest dich nicht regelmäßig! Pass auf dich auf. Idiot.", damit legte sie einfach auf.
Ich verdrehte die Augen und schüttelte lächelnd mit dem Kopf, während ich mein Smartphone zurück in die Hosentasche schob.

Cole fuhr noch immer den schwarzen Pkw, welchen er schon seit der Highschool besaß.

Er hielt vor dem Haus und ich sah auf meine Hände. Die Sonne stand schon hoch am Himmel und ich wusste genau, was für eine lange Strecke noch vor uns lag. Ein einfacher, kurzer Blick in diese Gegend voll rötlichem Sand, einsamen Kakteen und dem klaren, blauen Himmel genügte und ich hatte das Gefühl, das vernebelte Gebirge von Creycliff läge am anderen Ende der Welt.

"Soll ich mit rein kommen?", fragte er und musterte unser Haus prüfend durch seine Windschutzscheibe, als suche er irgendwelche potentiellen Gefahren. Ich schüttelte eifrig mit dem Kopf. "Warte hier.", meinte ich knapp und stieg aus dem Wagen.
Aus dem Augenwinkel beobachtete ich noch, wie Cole eine gemütliche Position auf seinem Ledersitz im Auto einnahm und seine CD von Queen laufen ließ. "Schon klar.", entgegnete er und  grinste arrogant in sich hinein.

Zögernd und mit beiden Händen in meinen (oder genauer gesagt Cole's) Hosentaschen betrat ich das Haus.
Alles war so leer.
Die Sonne fiel auf die orange gestrichenen Wände, sodass es aussah, als würden sie in ihrem goldenen Licht Feuer fangen.
Langsam lief ich durch die leeren Zimmer und sah mich um, als müsse ich mir alles genau einprägen. Dabei war es doch schon sicher, dass ich wieder zurück kommen würde, oder nicht?

Ich ging die Treppen hinauf zu unserem Schlafzimmer und strich dabei mit einer Hand über das glatte Holzgeländer. Jedes Möbelstück in diesem Haus war immer aufgewärmt von der Sonne und überall duftete es nach den Pflanzen, die jedes Zimmer schmückten.
Schweren Herzens hob ich den Koffer vom Schrank, legte ihn auf das ordentlich gerichtete Doppelbett und begann sorgfältig, meine Klamotten einzupacken.
Ich hatte definitiv schon leichtere Dinge in meinem Leben getan.
Aber auch schon schwerere.

ENDGAME | BoyxBoy Where stories live. Discover now