ENDGAME | BoyxBoy

F O U R T Y - F I V E

#ENJOY!

~ Ash ~

Sein Blick hielt nicht länger als ein paar Sekunden, und doch kam es mir vor wie eine Ewigkeit, in der ich pures Entsetzen aus Jake's Augen lesen konnte. Als würde sich ein kaltes Blau in das  warme Grün seiner Iris mischen und sie ganz verschwinden lassen.

"Hüpf rauf.", meinte er kurz angebunden, bevor er wieder in seiner Wolfsgestalt vor mir stand und ich mich auf seinen Rücken schwang.

Ich krallte beide Hände in das dichte Fell und fand gerade rechtzeitig meinen Halt, ehe er den steilen Abhang hinunter sprang, dicht gefolgt von Aidan und Lucien.

Ich konnte hören, wie sich seine Klauen in das Gestein krallten und befürchtete schon, er könnte abrutschen, jedes mal wenn sich wieder ein größerer Felsbrocken löste und einsam den steilen Abhang hinabfiel. Doch Jake bewegte sich elegant nach unten, sodass wir unversehrt den Wald erreichten.

Ein Gemisch von herbstlichem Rot, Orangegelb und Braun sauste an meinem Blickfeld vorbei, so schnell bewegten wir uns voran. Ich erkannte weder was vor uns, noch was hinter uns lag und mein Herz raste aus Angst vor dem, was mich erwarten würde.

Allmählich verlangsamte Jake sein Tempo, richtete die Ohren auf und schnaubte. Mein Sichtfeld klärte sich wieder auf und ich warf einen kurzen Blick in meine Umgebung. Das wir langsamer geworden waren lag mit Sicherheit nicht daran, dass Jake keine Kraft mehr hatte, sondern er war vorsichtiger geworden und bewegte sich nun aufmerksam durch den Wald, beinahe angriffsbereit.

Der Nebel, den ich von der Spitze des Berges aus gesehen hatte, umgab uns nun wie eine kühle Strömung im Meer.

Ein leises wimmern entglitt dem Wolf und ich sah auf ihn hinab. "Jake?", ich beugte mich vor zu seinem Gesicht, "Was hast du...?"

Da blieb er unvermittelt stehen und beugte sich zu Boden, damit ich absteigen konnte. Waren wir etwa an unserem Ziel angekommen?

Etwas verwirrt folgte ich seiner Anweisung und rutschte von seinem Rücken. Meine Beine kamen auf festem Grund auf,  der bedeckt wurde von feuchtem Laub. Aber ein paar Meter weiter sah ich noch etwas anderes auf dem Waldboden liegen- größer und dunkler als das Braun der Baumstämme. Es wirkte fast pelzig, als ich langsam darauf zu ging. "Was zum...?", stieß ich leise aus und als ich nah genug dran war, erkannte ich die zugehörigen Gliedmaßen des toten Werwolfes.

Ich schluckte schwer, unfähig meinen Blick von ihm abzuwenden. Das Maul war noch leicht geöffnet, die Augen jedoch starrten ins Nichts.

Ein starker Wind fuhr durch die Baumkronen und brachte den Wald an vielen Stellen zum Rascheln, weshalb ich alarmiert den Blick aufrichtete- um eine weitere Wolfsleiche zu entdecken, nur ein paar Meter weiter.

Ich öffnete den Mund. "Jake...", und drehte mich einmal um mich selbst. Meine Augen weiteten sich und mein Hals fühlte sich an, als würde er mit einem mal anschwellen.  Eine weitere Leiche zu meiner rechten Seite- drei weitere Leichen um die zehn Meter weiter und es hörte nicht auf.

Mir wurde übel. Und schwindelig.

Wie die Wächter der Toten liefen auch Aidan und Lucien an den zahllosen Wolfsleichen vorbei, mit stummen Bedauern in ihren Gesichtern. Es war so still wie auf einem Friedhof, man hörte das Knarren der Bäume, sogar das fallen der toten Blätter von den knorrigen Ästen- und plötzlich das Geräusch schwerer Wolfspfoten.

Jake musste es auch gehört haben, denn er tauchte sofort an meiner Seite auf und bleckte seine scharfen Zähne. Es waren ein Dutzend Wölfe, die sich langsam aus dem Osten genähert hatten und ungefähr eine Armlänge entfernt vor uns zum Stehen kamen.