T W E L V E

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~ Ash ~

Versprichst du mir auch, dass du dann keine Angst vor mir hast?", fragte Cole.

Wir waren ungefähr 5 oder 6 Jahre alt und spielten bei ihm zuhause mit Legosteinen.
Ich nickte eifrig. Wieso sollte ich auch Angst vor ihm haben? Er war mein allerbester Freund! Ich wusste zwar, dass andere Kinder Angst vor Cole hatten, aber doch nicht ich!

"Dann erzähle ich dir jetzt mein größtes Geheimnis...", flüsterte er und meine Augen weiteten sich. Ich liebte es, wenn Cole mir Geheimnisse erzählte!

Ich legte sogar den Legostein aus der Hand, so aufgeregt war ich. Er hatte mir schon viele Geheimnisse erzählt, zum Beispiel, dass er heimlich Pilot war, aber mal Bürgermeister von Creycliff werden würde und dass er einen Narnia-Schrank hatte (bei mir funktionierte das leider nicht, sagte er immer) und dass er schon eine ganze Flasche Bier trinken durfte!

"Ich bin ein Vampir.", flüsterte er mir ins Ohr und ich schlug die Hand vor den Mund: "Oh!"
Er grinste und entblößte seine spitzen Vampirzähne. "Und Chase auch."

Wie cool!

"Dann isst du das Blut von Menschen?", fragte ich ebenso leise in seine Richtung. "Willst du auch mein Blut essen?"

Er schüttelte heftig mit dem Kopf: "Nein!", dann wuschelte er mir durch die Haare, "Du bist doch mein allerbester Freund, dich beschütz ich!"
Ich nickte und hielt ihm dankbar den letzten Legostein hin. Jetzt musste ich keine Angst mehr vor Wölfen haben, wenn Cole und ich Mal wieder im Wald spielten!

Etwas kaltes breitete sich auf meiner Stirn aus und ich verzog das Gesicht: "Mmhh...", Ich öffnete blinzelnd die Augen. Meine Stirn hatte sich gegen die beschlagene Fensterscheibe des Autos gedrückt. Ich hielt mir eine Hand gegen die kalte Stirn, setzte mich wieder aufrecht hin und gähnte ausgiebig.

Es wunderte mich, dass ich nicht wie gewohnt die Geräusche der Autobahn und das Brummen des Motors hören konnte: der Pkw bewegte sich überhaupt nicht von der Stelle und Cole war nicht mit mir im Auto.

Verwirrt sah ich mich um und rieb mir die Augen. Waren wir etwa wieder an einer Raststätte angekommen?

Ich öffnete die Autotür und ging hinaus. "Cole?", rief ich und blieb nach ein paar Metern wie angewurzelt stehen, als ich mir meiner Umgebung bewusst wurde.
"Was zur Hölle!?", ich drehte mich einmal um mich selbst und seufzte ungläubig.
Aus irgendeinem, mir unbekannten Grund hatte Cole sein Auto mitten auf einer unbefahrenen Landstrecke im Wald geparkt. Wo waren wir hier?

Utah war das sicherlich nicht mehr: der Himmel war wolkenbedeckt und hatte die Sonne erbarmungslos verschlungen. Mir war ziemlich kalt und am Horizont zogen schon dunkle Gewitterwolken auf.
Wie weit war es wohl noch bis Creycliff?
"Cole!", rief ich in die Stille der Wälder hinein, doch mir antwortete nur ein Specht in der Nähe, der eifrig auf einen Baumstamm klopfte.

Kopfschüttelnd ging ich an meine Reisetasche, die sich im Kofferraum befand und kramte darin nach einem warmen Pullover. Zum Glück hatte ich meinen hellgrauen Sweater dabei und zog ihn mir schnell über den Kopf.
Als ich mich wieder umdrehte, hörte ich ein tiefes Knurren in der Nähe und zuckte zusammen.
Oh verdammt.

Wachsam blickte ich in den Wald um mich herum. Die Blätter an den dürren Ästen zitterten im Wind, als fürchteten sie sich vor dem anstehenden Gewitter und die Baumkronen wiegten sich schläfrig über meinem Kopf. Dort, wo der Wald tiefer und somit dunkler wurde, konnte ich kaum etwas erkennen.

Ein paar Minuten lang regte sich nichts mehr in meiner Umgebung. Ich lauschte dem fernen Rauschen des Windes und empfing nur die kühle und frische Waldluft, die mir einen Vorgeschmack auf Creycliff gab.
Hatte ich es mir etwa nur eingebildet?

ENDGAME | BoyxBoy Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang