T H I R T Y - T W O

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Viel Spaß beim Lesen! <3

~ Ash ~

Der Regen hatte über Nacht aufgehört.

Ich war die ganze Zeit wach gewesen und saß aufrecht in dem Bett, das Melinda mir zur Verfügung gestellt hatte. Frische Luft wehte durch das offene Fenster und ich atmete sie tief ein.

Der Himmel hatte ein helles Blau angenommen, in das der Sonnenaufgang bald seine rötlichen Farben mischen würde.

"Du bist schon wach?", Melinda kam leise in das Zimmer und stellte mir einen Tee an's Bett. Ich brachte ein müdes Lächeln zustande und lehnte mich gegen die Wand, "Noch wach, wohl eher."

Sie hatte einen übergroßen Pullover und eine Jogginghose an. Genau so kannte ich sie; ihr war schon immer egal gewesen, wie sie sich kleidete. Da war Cole's Vater wohl eher derjenige, der steht's auf sein Äußeres achtete.

"Danke.", sagte ich und nahm die Tasse mit dampfenden Tee entgegen.

"Wenn Cole früher aufgewühlt war, habe ich ihm immer eine Tasse heißen Tee gebracht.", sie lächelte. Es war kein nostalgisches Lächeln, sondern wirkte eher, als lächelte sie über sich selbst, "Aber damit konnte er natürlich nie etwas anfangen.", ihre Augen verschleierten sich. Ich hatte ein ungutes Gefühl, wusste aber nicht, was ich dazu sagen sollte.

Im selben Moment hörten wir von draußen ein Auto vorfahren. War Cole schon zurück?

Melinda steckte sich das wirre, braune Haar zurück und warf einen Blick aus dem Fenster. "Es ist John.", stellte sie fest und blinzelte ein paar Mal. John Roland?

Ich wollte aufstehen-, doch Melinda bedeutete mir, liegen zu bleiben. "Trink deinen Tee aus.", forderte sie streng, aber dennoch mit ihrer mütterlichen Sanftmütigkeit.
Also blieb ich brav im Bett und trank den Tee- der mir überraschenderweise wirklich sehr gut tat.

"Was hast du hier zu Suchen?", hörte ich Melinda im Treppenhaus und war überrascht, wie gut die Akkustik in diesem alten Haus war. Sie rechnete bestimmt nicht damit, dass ich alles mithören konnte.

Für ein paar Sekunden herrschte Schweigen. Ich stellte mir vor, wie John seine Frau musterte und vielleicht bedauerte, was vorgefallen war.

"Ist Cole hier?", fragte er dann.
-"Im Moment nicht.", antwortete sie.

"Du willst wirklich nicht zurück kommen?", fragte John plötzlich.
-"Ich kann nicht.", ihre Stimme wurde schwächer.
"Doch, das kannst du, Melinda. Jederzeit."
-"Du hast ja keine Ahnung."

Es wurde wieder still und ich hörte, wie Melinda schluchste. "Ich halte das nicht mehr aus, John...! Wieder und wieder neue graue Haare an mir zu entdecken, neue Falten in meinem Gesicht...und du...du stehst einfach da und siehst aus wie immer!"
-"Du bist wunderschön, Melinda."
Sie trat eine Stufe auf der knarrenden Treppe zurück- vermutlich hatte er die Hand nach ihr ausgestreckt und sie war ausgewichen.

"Ich will mit jemandem zusammen alt werden. In vielen Jahren jemanden anlächeln, der genauso müde zurück lächelt.", sie schluckte schwer, "Könntest du mich wirklich noch lieben, wenn meine Haut alt und runzelig ist und mein Haar so ergraut wie meine Augen?", fragte sie bitter.
John antwortete nicht.

"Ich nehme es dir nicht übel. Ich liebe dich, aber das ist nicht richtig. Deshalb beende ich es, so lange ich noch die Chance dazu habe.", sagte sie.

Melinda weinte leise und John gab ihr einen Kuss- vermutlich auf die Stirn. "Lebe wohl."

Ich keuchte erschrocken auf und schämte mich plötzlich dafür, alles mitgehört zu haben. Melinda und John waren zusammen, seit ich Cole kennen gelernt hatte. Niemals hätte ich gedacht, dass dieser Tag kommen würde. Obwohl ich es -nun, da es soweit war- irgendwie nachvollziehen konnte.

ENDGAME | BoyxBoy Where stories live. Discover now