Adventskalender Harry Potter 2017/18

14. Dezember: Snily (Snape x Lily)

Bild von Pinterest

Geschrieben von _childoftheforest_

Severus war froh, dass die Sommerferien endlich vorüber waren. Die drückende trübe Stille drohte ihn zu ersticken. Seit dem Streit seiner Eltern vor einigen Wochen, redeten sie nicht mehr miteinander und gingen sich, soweit dies ging, aus dem Weg. Severus wusste nicht genau, worüber sie sich gestritten hatten; er hatte lediglich die lauten Stimmen aus dem Wohnzimmer vernommen, sich aber nicht getraut nach unten zu gehen, um zu lauschen. Wenn er ehrlich war, wollte er es eigentlich auch gar nicht wissen. Seine Mutter verbrachte die meiste Zeit im Schlafzimmer und sein Vater entweder auf der Arbeit oder im Wohnzimmer, wo er eine Bierflasche nach der nächsten leerte.

Als er heute morgen mit seinem Koffer aus dem Haus trat, kam es ihm so vor, als würde er das erste Mal seit sechs Wochen wieder frische Luft atmen. Als würde ab jetzt alles besser werden. Er dachte daran, dass er Lily wiedersehen würde und sein Herz machte einen Hüpfer. Lily war in den letzten Ferienwochen verreist und die beiden hatten sich seit Ende des letzten Schuljahres nicht mehr gesehen, obwohl sie doch Nachbarn waren.

Während der Fahrt nach London schwieg seine Mutter, so wie sie es die letzten Wochen auch getan hatte. Severus hielt es für das Beste ebenfalls nichts zu sagen und sah dabei zu, wie die Landschaft hinter der Fensterscheibe vorbeizog. Als sich allmählich die grünen Hügel und Wiesen in hohe Häuser und schmutzige Straßen verwandelten, dauerte es nicht mehr lang, bis sie am Bahnhof King's Cross ankamen. Der Abschiedsgruß fiel ebenfalls spärlich aus. "Ich habe dich lieb, Severus", sagte seine Mutter, als sie am Straßenrand hielt, damit er aussteigen konnte. Ihre Stimme war ausdruckslos und leise, fast nur ein Wispern, dass im Lärm der vorbeirasenden Autos unterging. Doch Severus nahm es ihr nicht übel, denn er wusste, was sie durchmachte. Sie hatte einfach keine Kraft mehr, war schwach.

Am Bahnsteig tummelten sich schon zahlreiche Schüler. Bei allen waren die Eltern mitgekommen und alle begrüßten ihre Freunde, die sie sechs Wochen lang nicht mehr gesehen hatten. Nur Severus stand alleine inmitten der schwatzenden Zauberer, die sich von ihren Eltern verabschiedeten, welche sich daraufhin verstohlen Tränen aus den Augen rieben.

"Wir sind so stolz auf dich, Lily", sagte eine Frau, die einige Meter rechts von Severus stand. Es war Mrs. Evans, die ihre Tochter an sich gedrückt hatte und ihr einen Kuss auf die Stirn gab. Severus fühlte ein schmerzhaftes Ziehen in seiner Brust, als er die zärtliche Geste beobachtete. "Jetzt bist du schon im fünften Jahr", sagte Mr Evans, der neben den beiden stand und sich die Augen trocknete.

Da fuhr plötzlich der Hogwarts-Express in den Bahnhof und Lily löste sich von ihrer Mutter. Sie drehte ihren Kopf, um sich nach dem Zug umzusehen, wobei ihr Blick auf Severus hängen blieb. "Auf Wiedersehen, Mum und Dad!" rief sie ihnen zum Abschied zu und kam mit ihrem schweren Koffer direkt auf ihn zu. Ihre roten Haare wehten im Wind, den der einfahrende Eisenbahnzug aufgewirbelt hatte und in ihrem sommersprossigen Gesicht zeichnete sich ein freudiges Lächeln ab.

"Hey, Sev", rief sie ihm zur Begrüßung zu und schloss ihn kurz darauf in ihre Arme. Severus war zu überrascht, um irgendetwas zu erwidern. Es war ein schönes warmes Gefühl, von Lily umarmt zu werden. Sowas hatte sie noch nie getan und Severus konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann ihn zum letzen Mal jemand umarmt hatte. "Ich habe dich vermisst", sagte sie, als die Beiden sich voneinander lösten. Ihm wurde noch wärmer ums Herz, als sie das sagte. Niemand hatte ihn jemals vermisst. Nicht seine Eltern, als er nach Hogwarts kam, nicht seine Freunde aus Slytherin, die eigentlich keine wirklichen Freunde waren, sondern eher Klassenkameraden und auch sonst niemand. Doch Lily hatte ihn vermisst, sie war die Einzige, die sich um ihn sorgte und bei der er sich geborgen fühlte. "Ich dich auch", brachte Severus heraus und ein winziges Lächeln huschte über sein sonst so fahles und graues Gesicht.